Gysi: Mauerfall war
„ein ungeheurer Befreiungsakt“
Neues Deutschland“ – immer öfter das inoffizielle Zentralorgan des rechten Flügels der Partei Die Linke – veröffentlichte auf der Titelseite seiner Ausgabe vom 8./9. November 2014 unter der völlig indifferenten Schlagzeile „Biermann spricht“ seinen Bericht über einen Augenblick der tiefsten Schmach und Schande im Bundestag der BRD. Dort bezeichnete der „Ehrengast“ die PDL-Abgeordneten als den „elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden wurde“.
Während der PDL-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi – immerhin ein studierter Jurist – die strafrechtlich relevante Sudelei des Lieblingsbarden der DDR-Schmäher unkommentiert ließ, betrachtete er die durch Schabowski eingeleitete Öffnung der gesicherten DDR-Staatsgrenze als „einen ungeheuren Befreiungsakt für die Bürger der DDR, die eine Diktatur und kein Rechtsstaat“ gewesen sei. Damit stellte der gelegentliche Besucher der Berliner USA-Botschaft den von Merkel und Gabriel demonstrativ in die Arme geschlossenen antikommunistischen Bänkelsänger sogar noch in den Schatten. Die infame Verleumdung des deutschen Friedensstaates anläßlich des sogenannten Mauerfalls war ein Kniefall vor jenem deutschen Staat, welcher für konträre Ziele steht. Dessen Oberhaupt, das hier wohl kaum beschrieben werden muß, läßt keine Gelegenheit verstreichen, ohne die bereits in Jugoslawien und Afghanistan unter Beweis gestellte „militärische Eingreifbereitschaft“ der Bundeswehr zu propagieren.
In gewisser Weise handelt es sich bei Gysis neuerlichem Seitenwechsel in Sachen DDR-Bewertung um einen Vorgang, der in seiner Tragweite an das Einknicken der SPD-Reichstagsfraktion im Sommer und Herbst 1914 erinnert.
Allein die Gewißheit, daß es in der heterogenen Bundestagsfraktion der Partei Die Linke außer eloquenten Mantelwendern auch nicht wenige Aufrechte gibt, die sich eher an der moralischen Größe eines Karl Liebknecht orientieren, bewahrt uns vor einer unangebrachten Pauschalisierung.
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