Unter weiser Führung besiegte eine kleine Nation
zwei Großmächte
Hô Chi Minhs politisches Testament
Am 10. Mai 1969 – nur knapp vier Monate vor seinem Tod – verfaßte Ho Chi Minh handschriftlich folgenden Text:
Selbst wenn noch größere Schwierigkeiten entstehen und uns noch mehr Opfer und Entbehrungen auferlegt werden sollten, wird der Kampf unseres Volkes gegen die amerikanische Aggression und für die Rettung der Nation mit Sicherheit vom endgültigen Sieg gekrönt sein. Das ist gewiß.
Am Tage des Sieges hatte ich die Absicht, den gesamten Süden und Norden zu bereisen, unsere heldenhafte Bevölkerung, Kader und Kämpfer zu beglückwünschen, unsere Alten und Jugendlichen und unsere geliebten Kinder zu besuchen.
Hô Chi Minh
Anschließend wollte ich alle Bruderländer des sozialistischen Lagers und die befreundeten Länder aller fünf Kontinente besuchen und ihnen im Namen unseres Volkes für die selbstlose Unterstützung und Hilfe im Kampf unseres Volkes gegen die amerikanische Aggression und für die Rettung der Nation danken.
Der berühmte chinesische Dichter der Tang-Dynastie Du Fu sagte einmal: „Zu allen Zeiten erreichte nur selten jemand das siebzigste Lebensjahr.“ In diesem Jahr werde ich 79 Jahre alt und zähle damit zu diesen „Seltenen“. Obwohl sich meine Gesundheit im Vergleich zu früheren Jahren verschlechterte, sind Geist und Hirn noch hellwach. Wenn man über siebzigmal den Frühling erlebt hat, erfreut man sich nicht mehr der besten Gesundheit, was durchaus verständlich ist.
Deshalb ist es schwer zu sagen, wie lange ich noch der Revolution, dem Vaterland und dem Volk dienen kann.
11. Februar 1965: Vietnamesische Milizkämpfer führen den US-Piloten Robert S. Shoemaker nach dem Abschuß seiner F8 ab.
Also schreibe ich diese Worte nieder, damit meine Brüder und Genossen im ganzen Land und die Freunde überall nicht überrascht sind, wenn ich mich eines Tages zu Karl Marx und Lenin und anderen revolutionären Ahnen begebe.
Zunächst über die Partei: Unsere Partei hat seit ihrer Gründung unser Volk im aktiven Kampf vereinigt, organisiert und geleitet und es von Erfolg zu Erfolg geführt. Das war nur möglich durch festen Zusammenhalt und das Bewußtsein, der Klasse, dem Volk und dem Vaterland mit Herz und Verstand zu dienen.
Der Zusammenhalt ist eine äußerst wertvolle Tradition unserer Partei und unseres Volkes. Vom Zentralkomitee bis zu den Parteigrundorganisationen müssen die Genossen die Einheit und Geschlossenheit der Partei wie ihren Augapfel hüten.
Eine breite Demokratie und ständige ernsthafte Kritik und Selbstkritik in der Partei sind die besten Mittel, um ihre Einheit und Geschlossenheit zu festigen und zu entwickeln. Jeder soll dem anderen ein guter Freund und Kamerad sein.
Unsere Partei hält die Macht in den Händen. Jedes ihrer Mitglieder, jeder Kader muß sich die revolutionäre Moral zu eigen machen, die in Fleiß, Sparsamkeit, Lauterkeit, Rechtschaffenheit und Uneigennützigkeit im Interesse der gemeinsamen Sache besteht. Jeder muß die Reinheit unserer Partei hüten. Sie muß sich als ein wahrhafter Führer und treuer Diener des Volkes erweisen.
Arbeiter reparieren einen auf Pfählen beruhenden Abschnitt des Hô-Chi-Minh-Pfades durch den vietnamesischen Dschungel.
Die Mitglieder unseres Jugendverbandes und unsere Jugend überhaupt sind wertvolle Menschen, die freiwillig und voller Eifer alle Aufgaben lösen, keine Schwierigkeiten scheuen und unablässig nach dem Fortschritt streben. Es ist Aufgabe der Partei, die Jugend zur revolutionären Moral zu erziehen und sie zu „roten“ und zugleich „hochqualifizierten“ Erbauern des Sozialismus heranzubilden, die unser Werk fortsetzen.
Es ist sehr wichtig und notwendig, für die Zukunft revolutionäre Generationen heranzubilden.
Unsere werktätige Bevölkerung in der Ebene wie im Gebirge mußte seit Generationen Schwierigkeiten und Entbehrungen auf sich nehmen. Sie wurde von Feudalismus und Kolonialismus ausgebeutet und unterdrückt und durchlebte viele Jahre des Krieges.
Heldentum und Mut, Enthusiasmus und Fleiß unseres Volkes sind jedoch nicht zu brechen. Seit der Gründung der Partei steht das Volk stets hinter ihr und ist ihr treu ergeben.
Eine 24jährige südvietnamesische Partisanin steht im Mekong-Delta auf Posten.
Die Partei muß sehr gute Pläne ausarbeiten, um Wirtschaft und Kultur zu entwickeln und den Lebensstandard der Bevölkerung ständig zu erhöhen.
Der Widerstandskampf gegen die amerikanische Aggression kann noch lange währen. Es könnte sein, daß von unseren Landsleuten neue Opfer an Hab und Gut und Menschenleben gefordert werden. Auf jeden Fall müssen wir entschlossen sein, bis zum endgültigen Sieg gegen den USA-Aggressor zu kämpfen.
Unsere Berge, unsere Flüsse, unsere Menschen werden alles überdauern.
Nach dem Sieg über den amerikanischen Feind werden wir unser Vaterland schöner denn je aufbauen.
Wie groß die Schwierigkeiten und Entbehrungen auch sein mögen, es ist gewiß, daß unser Volk den endgültigen Sieg erringen wird. Es ist gewiß, daß eines Tages alle amerikanischen Aggressoren aus unserem Land verjagt werden. Es ist gewiß, daß unser Vaterland wiedervereinigt sein wird. Es ist gewiß, daß unsere Landsleute im Süden und im Norden wie eine Familie zusammenleben werden. Unserem Land wird der Ruhm zukommen, als kleine Nation in tapferem Kampf zwei große imperialistische Mächte – den französischen und den amerikanischen Imperialismus – besiegt und einen würdigen Beitrag zur nationalen Befreiungsbewegung geleistet zu haben.
Kämpfer der Vietminh bei einer Ruhepause im Hunderte Kilometer langen Grabensystem für Nachschub während der zweimonatigen Belagerung der französischen Festung Diên Biên Phu an der Grenze zu Laos, die im Frühjahr 1954 fiel.
Zur kommunistischen Weltbewegung: Da ich mein ganzes Leben in den Dienst der Revolution gestellt habe, bin ich stolz auf das Erstarken der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung. Um so mehr schmerzt mich die gegenwärtige Uneinigkeit zwischen den Bruderparteien.
Möge unsere Partei ihre ganze Kraft einsetzen, um aktiv dazu beizutragen, daß die Bruderparteien auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Internationalismus, geleitet von Herz und Verstand, ihre Einheit wiederherstellen.
Ich glaube fest, daß sich die Bruderparteien und Bruderländer unbedingt wieder zusammenschließen werden.
In eigener Sache: Mein Leben lang diente ich mit ganzem Herzen, mit all meiner Kraft dem Vaterland, der Revolution und dem Volk. Wenn ich jetzt von dieser Welt Abschied nehmen muß, so gibt es nichts, was ich zu bereuen hätte. Ich bedaure nur, daß ich unserer Sache nicht noch länger und in größerem Maße dienen kann.
Nach meinem Tode sollte man keine großen Trauerfeierlichkeiten veranstalten, um Zeit und Geld des Volkes nicht zu vergeuden.
Zum Abschluß möchte ich sagen, daß dem gesamten Volk, der Partei, allen Armeeangehörigen, den Jugendlichen und Kindern meine unendliche Liebe verbleiben wird.
Meine brüderlichen Grüße gelten ebenfalls den Genossen und Freunden, den Jugendlichen und Kindern in aller Welt.
Mein letzter Wunsch ist, daß unsere gesamte Partei, unser ganzes Volk, geeint im Kampf, ein friedliches, einheitliches, unabhängiges, demokratisches und blühendes Vietnam aufbauen und einen würdigen Beitrag zur Weltrevolution leisten mögen.
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