RotFuchs 206 – März 2015

Warum das Privateigentum an Produktionsmitteln
überwunden werden muß

Hüllen und Inhalte

Wolfgang Eife

Mit der Menschwerdung des Affen entwickelte sich das Denken. Bereits vor Hunderttausenden von Jahren wollten die Menschen ihr Leben verbessern. Sie schlugen sich Faustkeile, mit denen sie die Felle erlegter Tiere zum Schutz gegen die Witterung bearbeiten konnten. Sie fertigten sich Speere an, später Pfeil und Bogen, um sich gegen wilde Tiere verteidigen und erfolgreich jagen zu können. Diese primitiven Werkzeuge gehörten jenen, welche sie geschaffen hatten. Sie stellten erste Formen persönlichen Eigentums dar, während die Höhle als Wohnung und das Feuer gemeinsames Eigentum der Sippe waren.

Mit der Zeit bildeten sich Spezialisten heraus, die für die unterschiedlichsten Aufgaben besondere Fertigkeiten besaßen. Es erfolgte ein Austausch der Arbeitsergebnisse. Damit war die erste Form des Handels geschaffen.

Heute gehören Wohnung, Kleidung, Essen, Trinken, Mobilität, aber auch Mittel zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu jenen Gütern, welche der einzelne besitzt, sind individuelles Eigentum.

Bis zum Ende der Urgesellschaft hatte sich die Produktivität so weit entwickelt, daß ein Mensch mehr schaffen konnte, als er zum eigenen Lebensunterhalt benötigte.

Die Verwandlung der Sippen in Stämme und Völkerschaften erforderte neue Formen der Leitung. Es wurden Anführer gebraucht, welche die Entwicklung innerhalb der Gemeinschaft regelten, Konflikte lösten und im Gesamtinteresse der Gemeinschaft wirkten. Für die Auseinandersetzung mit anderen Stämmen bedurfte es militärischer Führer, die bei erfolgreichen Kämpfen Beute machen und Sklaven rekrutieren konnten. Den größten Anteil dabei erhielten natürlich die Befehlshaber. So entstanden erste Formen des Privateigentums und damit Klassengesellschaften.

Mit der Entwicklung des Geldes als allgemeingültigem Austauschmittel bildeten sich größere Gruppen von Menschen – Klassen und Schichten – heraus, die über beträchtliches Vermögen verfügen konnten. Doch erst mit der Anlage des Vermögens in Produktionsinstrumenten, Material und Rohstoffen sowie der Einstellung freier Lohnarbeiter entstand Kapital als ein gesellschaftliches Verhältnis: Auf der einen Seite befanden sich die Eigentümer der Produktionsmittel, auf der anderen Menschen, die diesen ihre Arbeitskraft verkaufen mußten.

Der Wert der neu geschaffenen Produkte übersteigt den Wert der zu ihrer Produktion genutzten Arbeitsmittel und Materialien sowie des für die Arbeit bezahlten Lohnes. Den sogenannten Mehrwert eignet sich der Kapitalist als Profit an. Da er für seinen Eigenbedarf aber nur einen Bruchteil des Profits benötigt, wird dieser zur Kapitalvermehrung eingesetzt (investiert).

Jeder Kapitalist steht mit anderen Kapitalisten im Konkurrenzkampf, was ihn dazu zwingt, mehr Profit als seine Rivalen zu erzielen. Der Kampf um maximale Profite ist das ökonomische Grundgesetz der Kapitaleigner.

In den letzten 200 Jahren wurde das Kapital in den Industrieländern zum bestimmen-den Faktor der Wirtschaft. Im internationalen Maßstab operierende Großbanken und Konzerne mit der Tendenz zu Monopolen beherrschen im imperialistischen Stadium des Kapitalismus die Szene. Die Diskrepanz zwischen Besitzenden und Besitzlosen nimmt ständig zu. Unter den sieben Milliarden Erdbewohnern gibt es derzeit 123 300 Multimillionäre und Milliardäre.

Die meisten Großkapitalisten sind heute selbst keine Unternehmer mehr. Sie beauftragen die Banken mit der Anlage ihres Kapitals und erwarten hohe Profite. Die Voraussetzungen dafür wurden in den letzten 100 Jahren mit Fondsgesellschaften, Börsenspekulanten und Finanzverwaltern geschaffen, die entsprechende Vergütungen und Boni erhalten.

Die Vermögen der Kapitalistenklasse ermöglichen es dieser, gesellschaftliche Führungskräfte offen oder verdeckt zu korrumpieren, mit ihren Medien die Bevölkerung zu des-informieren und durch Verherrlichung der eigenen Sicht bei Wahlen die Unterstützung ihr gewogener Parteien zu sichern. Wer die ökonomische Macht besitzt, bestimmt auch die Politik.

Alle Gesetze der jeweiligen Parlamente werden im Sinne und im Interesse der Kapitaleigner erlassen. Dabei tritt mit ihrer wachsenden Verflechtung der konkrete, namentlich bekannte Kapitalist immer mehr in den Hintergrund.

Die Anhäufung von Vermögen führte in den Nachkriegsjahrzehnten zu Anlageproblemen. Durch die Beschränkung des Einkommens der lohnabhängig Beschäftigten und die damit verbundene Senkung der Konsumtionskraft der Verbraucher gab es immer weniger Möglichkeiten für Kapitalinvestitionen. Die Banken versuchten, mit komplizierten Finanzoperationen über Hedgefonds und eine ausgeklügelte Kreditpolitik das ihnen zur Verfügung gestellte Kapital dennoch zu vermehren. Man verfuhr nach dem Motto, das Geld arbeiten zu lassen, aus Geld mehr Geld zu machen. Aber Geld arbeitet nicht. Nur wenn es als Kapital im Produktionsprozeß eingesetzt ist, wird durch die Arbeit der Werktätigen Mehrwert geschaffen. Die künstlichen Konstruktionen, auch als „Finanzindustrie“ deklariert, mußten zu Blasen werden, die bei genügender Größe platzten.

Seit den 70er Jahren gab es im Rahmen der sogenannten Neoliberalisierung zunehmende Bestrebungen, bisher gemeinnützige und unter gesellschaftlicher Kontrolle stehende Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen, Wasser- und Stromversorger sowie Gefängnisse zu privatisieren.

Im großen Stil wurde die Privatisierung durch die kapitalistischen Regierungen im Zusammenhang mit der Finanzkrise 2007/2008 realisiert, indem die Schulden der Banken durch die öffentliche Hand, also vom Steuerzahler, übernommen wurden, damit das Vermögen der Superreichen, mit welchem die Banken gezockt hatten, keine Verluste erlitt. Dafür sind jetzt ganze Länder stark verschuldet.

Dieser Strategie des Weltimperialismus kann nur dadurch Einhalt geboten werden, daß wachsende Teile der Volksmassen ihre eigenen Interessen erkennen und für sie einzutreten beginnen. Dazu aber bedarf es einer langfristigen Aufklärung im Sinne der durch Marx und Engels begründeten wissenschaftlichen Weltanschauung. Sie muß vor allem von sozialistisch-kommunistischen Parteien mit dem Ziel geführt werden, das Privateigentum an den Produktionsmitteln letztlich durch gesellschaftliches Eigentum zu ersetzen. Dafür sind sowohl revolutionäre Aktionen als auch den Werktätigen dienende evolutionäre Veränderungen, die zur Akzeptanz tiefgreifenderer Veränderungen beitragen, erforderlich.

Unser Autor ist Ingenieur und Diplomökonom.