Kapitalistische Realität:
Wo Marx und Engels ins Schwarze trafen
1200 Milliardäre und 1 Milliarde Hungernde
Von dem Schweizer Jeremias Gotthelf – er lebte von 1797 bis 1854 - stammt der kluge Satz: „Der Mensch kennt alle Dinge der Erde, aber den Menschen kennt er nicht.“ Ich stürzte mich in das Abenteuer, über diesen Satz tiefer nachzudenken. Meine erste Frage lautet: Gibt es überhaupt den Menschen? Natürlich nicht. In der Natur gibt es ja auch nicht die Blume, das Tier oder das Wetter. Historisch betrachtet, kennen wir vor allem „Eliten“, welche reich und mächtig den Völkern voranschritten, ihnen einhämmerten, was sie warum und wie zu denken und zu tun hätten. Die Namen der Anführer haben die Zeiten überdauert und sind oftmals mit Bauwerken, Kriegen und historisch bedeutsamen Vorgängen verbunden. Verhallt sind hingegen die Namen der Frauen und Männer, welche die Äcker bestellten, die Schlösser bauten, in Kriegen ihr Leben aufs Spiel setzen mußten, anderen zu Reichtum und Macht verhalfen. Demnach geht alles, was bisher die menschlichen Bedürfnisse – einschließlich jene der Herrschenden – befriedigte, keineswegs auf das Konto von Kaisern, Königen und Magnaten, sondern beruht ausschließlich auf Angeboten der Natur und menschlicher Arbeit.
Die Bourgeoisie hat „kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose ,bare Zahlung‘ … Sie hat … an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt“, heißt es im „Kommunistischen Manifest“.
Vor unserer eigenen Haustür in der superreichen BRD gibt es derzeit 1,3 Millionen Bürger, die nicht vom Lohn ihrer Arbeit leben können. 7 Millionen Menschen ernähren sich durch Minijobs, von 4,5 Millionen Hartz-IV-Empfängern sind 1,25 Millionen Jugendliche, während 8 Millionen Bürger für Mindestlöhne schuften. Fast 300 000 Menschen sind obdachlos! Und jeder vierte Haushalt ist finanziell nicht dazu in der Lage, im Jahr auch nur für eine Woche in Urlaub zu fahren. Alle hier zitierten Zahlen wurden zwischen März und August 2013 veröffentlicht.
1801 schrieb Ludwig van Beethoven an seine Geliebte: „Wenn ich mich im Zusammenhang des Universums betrachte, was bin ich?“ Er war ein genialer Musiker. Doch stellen sich nicht alle Menschen diese Frage? Besitzen nicht alle Fähigkeiten, die sie nutzen wollen, um durch Arbeit ihr Leben zu bereichern, mit sich selbst zufrieden zu sein und persönliches Glück zu erleben? Aber ein Recht auf Arbeit oder geistiges Schaffen ist im Grundgesetz nicht festgeschrieben, lediglich ein Recht „auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit“.
Wer sein Arbeitsleben in der DDR mit jenem im heutigen Kapitalismus vergleichen kann, muß Marx recht geben, wenn er sagt, daß die menschliche Arbeitskraft in dieser Gesellschaft lediglich eine Ware ist, wie nahezu alles andere auch. Fast sämtliche Produktionsmittel befinden sich in Privatbesitz, jegliche Tätigkeit muß – bei Gefahr des Ruins – gewinnbringend sein. Unter diesen Bedingungen ist die Staatsmacht „nur ein Ausschuß, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisieklasse verwaltet“, wie es im Manifest heißt. Daran haben sämtliche Wahlen in der Ära des Kapitalismus nichts geändert.
Zugleich suggeriert man unablässig die Vorstellung, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einzutreten.
Wie sieht es tatsächlich aus? Nach der Statistik vom Januar 2013 gab es weltweit 202 Millionen Arbeitslose. In der EU waren es zu diesem Zeitpunkt 20 Millionen. 10 Millionen Kinder schuften allein als Haushaltshilfen, eine Milliarde Menschen hungert; täglich sterben davon 25 000, darunter 11 000 Minderjährige. 2012 zählte man 396 militärische und andere gewaltsame Konflikte. Unter dem Vorwand, man wolle den Frieden sichern, werden trotz unzähliger Abrüstungsvereinbarungen, Konferenzen und Verträge noch immer 20 500 Atomsprengköpfe, von denen 20 000 sofort einsetzbar sind, auf unserem Planeten gelagert.
Wir erinnern uns: Am 6. August 1945 tötete die erste in der Geschichte abgeworfene Atombombe in Hiroshima 80 000 Menschen sofort, während 200 000 an den Spätfolgen starben. Heutige Nuklearwaffen dürften ein weitaus höheres Vernichtungspotential besitzen. Von den 180 in Europa stationierten Kernsprengköpfen befinden sich 20 in der BRD.
So sieht unsere Erde rund zwei Jahrzehnte nach der Zerschlagung des sozialistischen Weltsystems aus. (Im Jargon der Bourgeoisie ist ja von der Überwindung des Kommunismus, den es noch nirgends gegeben hat, die Rede.) Seit 1990 besitzen die Völker keine Sicherheitsgarantie mehr. Ein Krieg um Rohstoffe und Energiequellen folgt dem anderen. Nie war das uralte Wort „Geld regiert die Welt“ so zutreffend wie heute. Dem Kampf der Konzerne und Banken werden die Natur und alles Leben untergeordnet. 2012 wurden 1 Billion, 753 Milliarden Dollar für Rüstungszwecke ausgegeben.
„Positive“ Bilanzen ergänzen die Situation. Die reichsten Länder besitzen zusammen 85 Prozent des globalen Vermögens, obwohl dort nur 20 Prozent aller Menschen leben. In der BRD beläuft sich das Privatvermögen auf rund 10 Billionen Euro. Es hat sich seit 1992 – man denke dabei an die Einverleibung der DDR – mehr als verdoppelt. Aldi-Gründer Karl Albrecht „erwarb“ allein Vermögenswerte von 26 Milliarden Euro. In der Weltrangliste der Reichsten steht er damit an 18. Stelle. Die Tatsache, daß Bank- und Konzernmanager jährlich mehrere Millionen „verdienen“, gilt längst als „Normalität“.
All diese „Erfolge“ verdankt der Kapitalismus in hohem Maße der Möglichkeit, über Presse, Funk, Fernsehen und Internet ganze Völker zu desinformieren, sie von den Hauptproblemen abzulenken und im Sinne seiner Ideologie zu beeinflussen.
Doch über dem Heute und Morgen dieser Gesellschaftsordnung schwebt nach wie vor das schon 1848 gesichtete „Gespenst des Kommunismus“. Wäre dem nicht so, hätten die Propagandisten im Dienste des Kapitals keinerlei Grund, mit unverminderter Vehemenz gegen die Kommunisten und deren politische Bundesgenossen zu Felde zu ziehen.
„An die Stelle de alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“, haben Marx und Engels im Manifest eine ausbeutungsfreie Zukunft der Menschheit mit visionärer Kraft beschrieben. Allen Rückschlägen und Widrigkeiten zum Trotz hat sich an dieser Zielstellung nichts geändert.
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