Kaufland als Mediendompteur
Eine besondere Überraschung hatte die in Essen ansässige Funke-Mediengruppe Ende des vergangenen Sommers parat, als sie das kostenlose „Berliner Morgenpost“-Wochenend-Extra einstellte. Man sprach von der „Neuaufstellung der Wochenblätter“ und von Konzentration auf die „Berliner Woche“, welche mittwochs erscheint und fortan auch die „beliebte Kundenzeitung von Kaufland“ enthalten sollte. Diese lag bis zu diesem Zeitpunkt dem „Wochenend-Extra“ bei.
Die „Berliner Woche“ fand dann etwas deutlichere Worte. Kaufland wollte den Konsumenten seine Sonderangebote nicht mehr wie der Großteil seiner Konkurrenz am Wochenende, sondern schon zur Wochenmitte offerieren. Die Absicht dahinter ist deutlich: Wenn es um die letzten Pimperlinge der Verbraucher geht, hat derjenige die Nase vorn, der den potentiellen Kunden als erster seine aktuellen Sonderangebote für die kommenden Tage empfiehlt. Allein für diese Geschäftsabsichten wurde die Wochenendzeitung aufgegeben, was jene, die sich aufgrund ihrer finanziellen Situation eine Tageszeitung nicht leisten können oder die aufgrund hoher Arbeitsbelastung ohnehin nicht zum Lesen einer Zeitung kommen, nicht kümmern dürfte. Aufhorchen läßt hingegen, daß eine Einzelhandelskette entschied, welche überregionalen Informationen die Berliner Bürger noch bekommen und welche nicht.
Natürlich ist auch die „Berliner Morgenpost“ als Springer-Blatt und seriösere Variante der BZ Teil der bürgerlichen Medienlandschaft. Sichtbar wird bei solchen Vorgängen, wie sehr Medien als vierte Macht im Staate am Tropf der Wirtschaft hängen. Kaufland hat die Peitsche einmal kurz knallen lassen, und die Funke-Mediengruppe ist gesprungen. Lockt ein riesiger Werbeauftrag, ist das journalistische Renommee zweitrangig.
Und Kaufland agiert eben, wie alle Großkonzerne es zu tun pflegen. Es gehört wie der Discounter Lidl zur Schwarz-Gruppe, die inzwischen nach Walmart, Costco (beide USA) und Carrefour (Frankreich) zum weltweit viertgrößten Einzelhändler aufgestiegen ist. Im Jahr 2014 spülte die werte Kundschaft dem Konsortium 79,3 Milliarden Euro in die Kassen. Etwa 350 000 Mitarbeiter stehen in Diensten des Konzerns. Kaufland unterhält rund 1200 Märkte in der BRD, in Tschechien, Polen, Kroatien, Bulgarien, der Slowakei und in Rumänien. Lidl ist mit 9900 Filialen bereits in 20 europäischen Ländern aktiv, schielt derweil schon weiter in Richtung Litauen und Serbien und will im kommenden Jahr selbst vor den USA nicht Halt machen. Sicherlich ein ganz spezielles Ziel, das die unbegrenzte Gier eines unter kapitalistischen Vorzeichen agierenden Unternehmens vor Augen führt. Die genannten Zahlen sprechen für sich. Sie sind Ausdruck der Machtposition, über welche die Schwarz-Gruppe verfügt. Wer einen solchen einflußreichen Werbepartner verliert, hat im eigenen Metier verspielt.
Kaufland wurde übrigens in seinem Erfolgsjahr 2014 erstmals im „Schwarzbuch Markenfirmen“ aufgeführt. Die Autoren kritisierten damals die miserablen Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben und in den heimischen SB-Märkten. Im Herbst dieses Jahres teilte der die Kaufland-Werbezeitung herausgebende TIP-Verlag mit, daß er die Zustellung durch eigene Mitarbeiter beendet und in vollem Umfang an Fremdanbieter vergibt. Damals verloren etwa 55 000 Frauen und Männer – darunter in den überwiegenden Fällen Mini-Jobber – ihre Anstellung und mußten sich bei den externen Dienstleistern neu bewerben.
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