Kein Frieden mit der NATO!
Vor 35 Jahren, am 8. Mai 1981, rief die Berliner Friedenskoordination zu ihrer ersten Demonstration gegen die Stationierung der atomaren US-Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden auf. Seitdem sind alle nennenswerten Friedensaktivitäten, bis 1989 in Westberlin und danach für die gesamte Stadt, von der Friedenskoordination organisiert worden.
Über die Höhepunkte unserer Arbeit wie dem Stationierungsherbst 1983, die Kampagne „Unsere Stadt gegen Atomwaffen“, den Friedensfilmpreis bei der Berlinale, das internationale Tribunal gegen den NATO-Krieg in Jugoslawien und vieles mehr kann auf unserer Webseite www.frikoberlin.de nachgelesen werden. Das, was zwischen den Höhepunkten getan werden muß, was den großen Aktivitäten vorangeht, ist viel Kleinarbeit, sind die oft zitierten Mühen der Ebene, das eigentlich Wichtige. Dazu gehört an erster Stelle, daß wir uns selbst friedenspolitische Informationen erarbeiten. Denn Aufgabe der Friedensbewegung ist es, Gegeninformation in die Öffentlichkeit zu bringen, Bedrohungs- und Kriegslügen zu entlarven, und Widerstand zu organisieren. Das geschieht u. a. mit Referaten zu aktuellen Themen mit anschließender Diskussion auf dem Plenum der Friedenskoordination, einem öffentlichen monatlichen Treffen von Organisationsvertretern und Einzelpersonen. Oft ergeben sich aus solchen Diskussionen Arbeitsaufträge und Aktionsideen, die dann in einer Arbeitsgruppe umgesetzt werden, um danach diese Ergebnisse in die Öffentlichkeit zu bringen. Das können Unterschriften- und Flugblattaktionen sein, Organisation von Mahnwachen und Demos oder öffentliche Veranstaltungen. Arbeitsgruppen in der Friko wie z. B. die Kampagne gegen Kampfdrohnen arbeiten langfristig.
Überdimensionales Propaganda-Poster am Kriegsministerium in Berlin und …
Neben diesen inhaltlichen Aufgaben steht gleichberechtigt wichtig das Werben um Bündnispartner, die Suche nach gesellschaftlichen Kräften, die sich im Kampf um eine Welt ohne Krieg und aus Sorge um eine friedliche Zukunft an die Seite der Friedensbewegung stellen. Das sollten in erster Linie die Gewerkschaften, Kirchen, linke Parteien bzw. linke Kräfte in Parteien sein. Nur mit ihrer Hilfe kann sich eine Bewegung in der Gesellschaft verankern. Wir pflegen Kontakte zu Abgeordneten, besonders der Linkspartei, ebenso zu ver.di, IG Metall und GEW, es gibt in den Gewerkschaften gute Beschlüsse zum Frieden, aber Beschlüsse allein tun es nicht.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich anmerken, daß Friedensbewegung nicht von vornherein eine linke Bewegung ist. Das wäre eine unzulässige Verengung und ist nicht im Sinne des Friedensanliegens. Friedensbewegung sind alle die Menschen, die aus Sicht eines humanistischen Weltbildes Krieg und Militarismus ablehnen und bereit sind, das auch öffentlich auszudrücken.
… die Karikatur eines ebensolchen
Friedensaktivisten aus Übersee
Die Aufgaben, denen diese engagierte, zahlenmäßig z. Zt. nicht sehr große Bewegung gegenübersteht, sind riesig. Es gibt zur Zeit
17 Auslandseinsätze auf der Welt, in die die Bundeswehr involviert ist. Der Rüstungshaushalt soll bis 2024 von 35 auf 60 Milliarden erhöht werden. Von der Leyen spricht von 130 Milliarden bis 2030. Beim Rüstungsexport steht Deutschland auf dem dritten Platz in der Welt, an erster Stelle in Europa. An Kleinwaffen, den modernen Massenvernichtungswaffen, beträgt der deutsche Anteil 10 Prozent. Die Anschaffung von Drohnen bedeutet den Einstieg in eine neue Qualität der Kriegführung. Obwohl extralegale Tötungen völkerrechtswidrig sind, wird die Bundeswehr von vier Drohnen zwei Kampfdrohnen anschaffen. Der absolute Irrsinn aber ist der Plan, wieder Atomwaffen ins Spiel zu bringen. An ihm arbeiten Strategen der Bundeswehr-Akademie. Sie wie auch die regierungsnahe Stiftung Wissenschaft und Politik sprechen von der Notwendigkeit einer „glaubhaften Abschreckung“, die auf zwei Säulen ruhen soll, der konventionellen und der nuklearen, und sie betonen, Atomwaffen seien nicht zum Verschrotten gebaut. Auf der NATO-Ratstagung Anfang Juli wurden diese Pläne beraten. Und zur Begründung muß, wie in den achtziger Jahren, die Lüge von der „Bedrohung aus dem Osten“ herhalten.
Um dieser mörderischen Politik unseren Kampf anzusagen, rufen die beiden großen Friedensnetzwerke – Kooperation für den Frieden und Kasseler Ratschlag – sowie die Berliner Friedenskoordination zu einer gemeinsamen Demonstration am 8. Oktober in Berlin auf.
Die Zeit bis dahin muß für eine möglichst intensive Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden!
Die Vorsitzende der Berliner Friedenskoordination schrieb diesen (von uns geringfügig gekürzten) Beitrag für „ISOR aktuell“.
In einem Gespräch, das Isabell Rarisch für die „junge Welt“ mit ihr führte
(„jW“, 8. Juli 2016), ging es um dieselbe Thematik:
Sie sind bereits seit 1980 in der Friedensbewegung engagiert. Können Sie sich an eine ähnlich bedrohliche Lage wie die jetzige erinnern?
So ein Vergleich ist eine schwierige Sache, weil sehr viele einzelne Faktoren beachtet werden müssen. Heute sind wir weiter als damals, wissen mehr. Spricht man auf der Straße mit den Menschen, dann sind sie sehr besorgt über die Atomwaffen. Gerade für die Älteren gilt das. Unter ihnen gibt es noch Wissen über die Verheerungen des Krieges.
Und die Jüngeren? Für die Friedensbewegung scheinen sie sich kaum begeistern zu können.
Jüngere Leute gehen anders an die Sache heran. Bei den Protesten gegen den Jugoslawien-Krieg oder gegen den Irak-Krieg – da waren ein Haufen Jugendlicher mit dabei. Sie schwänzten die Schule, organisierten Demonstrationen. Aber es ist leider so, daß ein Teil der Jugend sich gar nicht für das Thema interessiert. Einerseits ist das die Schuld der Medien. Auf verantwortungslose Weise werden die Menschen dummgehalten. Auf der anderen Seite sind sie, wohl auch durch die Kommunikation über den Rechner, zunehmend vereinzelt.
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