Knabes Gruselkabinett
vor „feindlicher Übernahme“?
Seit Mitte April liegt der Bericht einer vom Bundestag eingesetzten „Expertenkommission zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU)“ vor. Der Report ist das Ergebnis der Kommissionstätigkeit von ihrer Einsetzung am 4. Juli 2014 bis zum abschließenden Bericht am 5. April 2016. Herausgekommen sind „Handlungsempfehlungen“. Die Reaktionen auf diese Empfehlungen waren vorauszusehen. Dort, wo der normale Menschenverstand aufhört, beginnt die „Bild“ung … Ralf Schuler, Leiter der „Bild“-Parlamentsredaktion, Jahrgang 1965, gibt schon mal die Hauptlinie vor: „Die Behörde muß bleiben!“ Er behauptet, daß deren Aufgabe noch nicht erledigt sei. Seine Begründung: „Für Generationen ist die Stasi eine schlimme, schmerzhafte, oft persönliche Wunde. Eine Wunde, die nicht durch Zeit allein geheilt wird, sondern auch durch Wahrheit.“ Lyrik und Volksverdummung haben ihm dann wohl die Feder geführt: „Die Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit hat dem inneren Frieden der Deutschen nicht geschadet, sondern ihn befördert. Die Stasi-Unterlagen sind ein Mahnmal gegen Unterdrückung und Erniedrigung – und ein Archiv des Widerstandes all derer, die sich nicht einschüchtern ließen.“ Abschließend gibt er dem Parlament den Rat, die Angelegenheit in zehn Jahren noch einmal zu prüfen.
Dabei werden durch die „Experten“ der Kommission das System der „Aufarbeitung“ und der prinzipielle Umgang mit den „Stasi“-Akten nicht infrage gestellt. Die Grundsatzempfehlung besagt, daß die „Stasi“-Unterlagen bis zum Ende der nächsten Wahlperiode in das Bundesarchiv integriert werden sollten. Das heißt aber auch, daß sie grundsätzlich in der Normannenstraße in Lichtenberg bzw. in den Ländern verbleiben. Man muß sich also nur die Mühe machen, die Schilder an den Zimmertüren auszuwechseln. Widerspruch kommt aus allen ostdeutschen Ländern zu der Empfehlung, eine administrative Zusammenlegung der BStU-Außenstellen in diesen Ländern vorzunehmen, womit von den bestehenden zwölf Außenstellen nur noch fünf blieben. Welch ein Verlust an Zuwendungen und Arbeitsplätzen! Der größte Schock für die eifrigen „Stasi“-Aufarbeiter ist aber wohl die Empfehlung im Punkt II.3, die Gedenkstätten Normannenstraße/Magdalenenstraße und Hohenschönhausen unter dem Dach der neu zu gründenden Stiftung zusammenzuführen. Der Leiter des Hohenschönhausener Gruselkabinetts, Hubertus Knabe, sprach sofort von einer „feindlichen Übernahme“. Wer ist hier der Feind?
Bei einigen „Experten“ und Wissenschaftlern wurde Widerspruch laut zu dem reglementierten Forschungsauftrag, wo schon zu Beginn das Ergebnis festgelegt wurde und sich jegliche wissenschaftliche Arbeit diesem Ziel unterordnen mußte. Nun schlägt die Kommission die Gründung einer selbständigen „Forschungsstelle DDR-Staatssicherheit in vergleichender Perspektive“ vor. Man träumt in diesen Kreisen tatsächlich von voller wissenschaftlicher Unabhängigkeit und davon, daß man über das Forschungsprogramm selbst entscheiden kann. Vielleicht kommt bei solcherart Forschung anhand der Akten am Ende heraus, wie das MfS wirklich gearbeitet hat und wie sehr es der Friedenssicherung verpflichtet war. Falls ein derartiges Forschungsergebnis zustande käme und veröffentlicht würde, sollten wir uns freuen!
Der fast einzige Gewinner ist der jetzige alleinige Herrscher über die Akten des MfS, Roland Jahn. Eigentlich könnte er nur noch für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren vom Bundestag gewählt werden. Nun soll das Amt eines Bundesbeauftragten bleiben, dies aber mit erweiterter Kompetenz und der Wiederwahlmöglichkeit. Die neue Dienstbezeichnung soll dann „Bundesbeauftragte/r für die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und ihren Folgen“ sein.
Für die Partei, die Mitte der 90er Jahre noch die Gauck-Behörde abschaffen wollte – die damalige PDS und heutige PDL – gehört der Expertenkommission Prof. Dr. Silke Satjukow an. Sie hat sich besonders durch ihr antisowjetisch geprägtes Habilitationsprojekt „Besatzer. ,Die Russen‘ in Deutschland 1945 bis 1990“ empfohlen.
Anfang Juni ist vom Bundestag entschieden worden, daß bis auf weiteres alles beim alten bleibt, natürlich auch das „Gruselkabinett“ des Hubertus Knabe in Selbständigkeit. Also – außer üppigen Spesen – nichts gewesen!
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