Kommunist in schwerer Zeit:
Ehrhard Hähnlein
In Perioden der Orientierungslosigkeit braucht man Stützpfeiler und Wegweiser. Auch ich hatte 1989/90 meine politische Heimat und die damit verbundene Orientierung zunächst verloren. Hinzu kam, daß ich durch einen Unfall arbeitslos wurde und überdies meine Wohnung einbüßte. Viele frühere Freundschaften zerbrachen.
Die DDR wurde im Zuge der Konterrevolution von den Machthabern und ihren Medien in eine Verliererrolle gedrängt. Es gelang ihnen, in etliche Köpfe Minderwertigkeitskomplexe einzupflanzen, wobei ich den DDR-Bürgern mehr Stolz und Klugheit zugetraut hatte.
In dieser mißlichen Situation suchte ich nach Freunden mit einem festen Klassenstandpunkt, nach Menschen, die sich durch die Niederlage nicht hatten beirren lassen. In Ehrhard Hähnlein fand ich einen solchen Freund und Genossen. Der erfahrene Kommunist machte mir anhand von Beispielen aus der Geschichte der Arbeiterbewegung und des Wirkens der Thälmannschen KPD neuen Mut, mit meinen Möglichkeiten der Hetze gegen den ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden zu begegnen.
Ehrhard blendete die täglichen Sorgen der Menschen niemals aus. Direkt und geradlinig reagierte er, wenn ihm ein Kontrahent begegnete, der in der DDR alle Vorteile genossen hatte und sich nun als Wendehals zu erkennen gab. Klassenneutrale Interpretationen waren ihm ein Graus.
Bei all dem verhielt sich Ehrhard niemals sektiererisch. Er erkannte die Unverzichtbarkeit parlamentarischer Präsenz systemkritischer linker Kräfte. In diesem Zusammenhang wandte er sich gegen die Verabsolutierung und Anbetung des Parlamentarismus. Ihm gefiel das mutige Auftreten so mancher PDS-Bundestagsabgeordneter, ohne daß er dabei deren Minderheitssituation in der eigenen Fraktion verkannte. Für ihn blieb die außerparlamentarische Aktion die wichtigste Kampfform. Meinem Freund Ehrhard Hähnlein, der mich aus zeitweiliger Resignation herausführte, war es stets eine Herzensangelegenheit, sich für das einheitliche Handeln aller wirklich linken Kräfte einzusetzen. Zugleich war seine Erwartungshaltung im Hinblick auf das bürgerliche Parteienspektrum gleich Null. Er vertrat den Standpunkt, daß eine linke Partei, die sich in Parlamentsdebatten, Talk-Shows und internen Streitereien erschöpfe, stets Gefahr laufe, in das Fahrwasser all der anderen abzudriften.
Später hatte Ehrhard ernste gesundheitliche Probleme, die seine Möglichkeiten einschränkten. Dennoch setzte er seine politische Arbeit in KPD und DKP auch unter diesen Bedingungen fort. 2001 ist er im Alter von 71 Jahren gestorben.
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