RotFuchs 205 – Februar 2015

Konträre „Karrieren“ im Rechtsstaat BRD

RotFuchs-Redaktion

Zu jenen, welchen unter Konrad Adenauer, dem ersten Kanzler der BRD, kein Haar gekrümmt wurde, gehörte auch der als Massenmörder überführte SS-General Heinz Reinefarth. Der in Polen als „Henker von Warschau“ bezeichnete Ultrafaschist hatte bei der Niederschlagung der militärischen Erhebung in der Weichselmetropole, die als Warschauer Aufstand in die Geschichte einging, Zehntausende Angehörige der Wehrmacht, der SS, der Polizei sowie weiterer Nazi-Formationen gegen die zahlenmäßig weit unterlegenen polnischen Kämpfer geworfen. Allein beim Massaker am 5. August 1944 wurden 40 000 Männer, Frauen und Kinder regelrecht abgeschlachtet.

Dieser Teil seiner Biographie hinderte SS-General Reinefarth wie unzählige andere schwerbelastete Funktionsträger des faschistischen Dritten Reiches indes nicht an der erfolgreichen Fortsetzung seiner Karriere im Adenauer-Staat. 1951 wurde er zum Bürgermeister von Westerland auf der Nordseeinsel Sylt gewählt – in ein Amt, das er bis 1964 beibehielt. Erinnert sei hier an den Dokumentarfilm „Urlaub auf Sylt“ von Annelie und Andrew Thorndike aus der Reihe „Archive sagen aus“.

1958 zog der faschistische Massenmörder, der seinen Namen nicht geändert hatte und dessen Vergangenheit bekannt war, für die rechtsradikale Revanchistenpartei „Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ (BHE) in den Landtag von Schleswig-Holstein ein. Als der „erfolgreiche Kommunalpolitiker“ mit den blutigen Händen 1979 verstarb, hieß es in einem Nachruf der inzwischen CDU-verwalteten Stadt Westerland: „Sein erfolgreiches Wirken wird unvergessen bleiben.“

Doch nicht allen ging es in der Bundesrepublik jener Jahre so gut wie dem SS-General.

Vor geraumer Zeit veröffentlichte das Archiv der Ruhrgebietsstadt im Internet die Fotoserie „114 Jahre Duisburg“. Für jedes Jahr war eine eigene Seite vorgesehen. In der Berichterstattung über 1956 wurde das Büro der Lokalredaktion der „Neuen Volks-Zeitung“, des Organs der KPD, ausgewählt. Die Partei der antifaschistischen Helden wurde am 17. August jenes Jahres durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verboten. Zehntausende Mitglieder und Anhänger der illegalisierten Partei Max Reimanns, aber auch aufrechte Sozialdemokraten und andere Verteidiger der bürgerlichen Demokratie wurden vor Gericht gestellt, verurteilt und eingekerkert. Das Foto zeigt den KPD-Stadtrat Anton Gebeler, der 12 Jahre im KZ gefoltert wurde (rechts), daneben den damaligen Leiter der Lokalredaktion Erich Schreier. Der heute 85jährige DKP-Genosse und engagierte „RotFuchs“-Leser befand sich in der Zeit der rabiaten Kommunistenverfolgungen des Adenauer-Regimes fast drei Jahre im Gefängnis.

Die Karriere des SS-Generals Heinz Reinefarth und das Schicksal des antifaschistischen Journalisten Erich Schreier symbolisieren auf besonders drastische Weise den systemimmanenten Anti-Antifaschismus als Wesenszug besonders der frühen BRD.