Leserbriefe
Das ND veröffentlichte einen Beitrag mit der Zwischenüberschrift „Rußland hat eine neue Phase des Tötens eingeleitet“. Wenn man das liest, könnte man zu der Überzeugung gelangen, daß Assad durch die militärische Bekämpfung der Opposition und Rußland durch sein Eintreten in den Syrienkrieg die Alleinschuldigen an der aktuellen Flüchtlingskrise seien. Karin Leukefeld, an deren Kompetenz für mich kein Zweifel besteht, berichtete aus Damaskus, daß dort am 27.6.2011 eine Versammlung von 150 Oppositionellen eine militärische Option abgelehnt und Assad danach fast alle Forderungen der Opposition nach Reformen, Einbürgerung von Kurden, Austausch von Gouverneuren und einer neuen Regierung zu erfüllen begonnen habe. Doch alle friedlichen Lösungsvorschläge wurden am 27.11.2011 durch die in der Türkei erfolgte Gründung der „Freien Syrischen Armee“, die Assad und dessen Regime mit militärischen Mitteln stürzen will, null und nichtig. Bis heute wird sie von den westlichen Welt- und arabischen Regionalmächten finanziell wie militärisch unterstützt. Rußland trat erst nach der Generaldebatte der UNO – Ende September 2015 – mit einem begrenzten Kontingent an Luft-Kosmischen Kräften und solchen zum eigenen Schutz in den Syrienkrieg ein. Die Flüchtlingsströme waren da schon mehrere Monate, auf wessen „Empfehlung“ auch immer, unterwegs nach Europa.
Frage: Kann man den raubtierhaften IS ohne militärische Maßnahmen erfolgreich bekämpfen, gar besiegen? Rußland hat in erster Linie die Sicherheit des eigenen Landes im Blick und kämpft mit konventionellen Präzisionswaffen gegen den IS in Syrien, um derartige Kräfte, von denen es etwa 7000 in den Nachfolgestaaten der UdSSR gibt, nicht „zu Hause“ als Gegner zu haben und um Syrien dabei zu unterstützen, dem IS die Kriegsfähigkeit zu nehmen und die Ganzheit des Landes wiederherzustellen. Im Gegensatz zu den Partnern der USA hat Moskau dazu einen völkerrechtskonformen Auftrag der syrischen Regierung.
Oberst a. D. Dr. hc. Gerhard Giese, Strausberg
Man mag es nicht glauben, aber die USA stationieren ihre modernisierten Atomwaffen auch weiterhin auf einem deutschen Fliegerhorst, und die BRD-Regierung stimmt dem zu. Ist sie sich denn nicht darüber im klaren, daß bei einem militärischen Konflikt zuerst die Arsenale der USA angegriffen würden? Das aber bedeutet, daß Millionen BRD-Bürger in einem atomaren Inferno verbrennen müßten. Deutsche Generäle sprechen schon wieder von militärischer Abschreckung, die Bundeswehr schickt Kampfflugzeuge mit schwerer Bewaffnung ins Baltikum, weil Rußland und der böse Putin angeblich den Westen bedrohen. Wer aber war es denn, der Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien mit Krieg überzogen hat?
Die russische Armee hat beim Abzug ihrer Truppen von deutschem Boden auch ihre Kernwaffen mitgenommen, während die USA ihr entsprechendes Arsenal weiterhin in der Eiffel einsatzbereit halten. Die Souveränität eines Staates stelle ich mir anders vor!
Felix Wolff, Zerbst
Als Teilnehmer der Berliner Großdemo gegen TTIP/CETA war ich davon überwältigt, wie viele Menschen an dieser Willensbekundung teilnahmen. Die einzelnen Gruppierungen und Vereine hatten die zur Demo Erschienenen mit vielen einleuchtenden Argumenten gegen das Abkommen mobilisiert und ihnen die Tatsache ins Bewußtsein gerufen, daß Millionen Menschen vor allem Europas die Verlierer sein würden. Diese Aussage wurde durch die Geheimhaltung der Vertragsentwürfe bestärkt. Doch selbst über drei Millionen europaweit gesammelte Unterschriften scheinen den Brüsseler Politikern nicht einmal einen Denkanstoß wert zu sein.
Der Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs war zum Brechen voll. Viele gaben ihre Ideen auf Spruchbändern und Transparenten bekannt. Das in meinen Augen Einprägsamste war eine großformatige Kohlezeichnung: Merkel und Gabriel nackt und in extrem gebeugter Haltung vor dem großen Bruder USA. Perfekter konnte der Kotau nicht dargestellt werden.
Im RF 213 empfand ich Gisela Steineckerts Beitrag als Spitze. Auch bei vielen Leserzuschriften habe ich den Daumen steil nach oben gehalten.
Steffen Heimlich, Suhl
Wer am 10. Oktober an der Berliner Protestaktion gegen TTIP und CETA teilgenommen und den damit verbundenen Frontalangriff auf die Demokratie verurteilt hat, konnte die Kraft der Straße erleben.
250 000 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik – gleich ob aus Gewerkschaften oder Parteien und Kirchen – verurteilten die Geheimverhandlungen der USA, Kanadas und der EU zugunsten der Konzerne und zu Lasten des Volkes. Es wundert mich nicht, daß die Medien und entsprechende Politiker diese Volksmeinung kaum wahrnehmen wollten. Doch die Hunderttausende werden als Augen- und Ohrenzeugen des Geschehens im Freundeskreis und im Arbeitsumfeld über das Erlebte berichtet haben.
Horst Rothenhagen, Berlin
Im „Donaukurier“ vom 18. September erschien unter der Überschrift „Werner Mölders ist rehabilitiert“ eine ganzseitige Anzeige der sogenannten Möldersvereinigung. Darin wird behauptet, der Faschist Mölders, als Angehöriger der Legion Condor an der Bombardierung Guernicas beteiligt, sei rehabilitiert. Der Verfasser, ein Generalmajor a. D. der Bundeswehr, fordert daher unter Bezugnahme auf Äußerungen des ehemaligen Verteidigungs- und heutigen Innenministers de Maizière, die Rückbenennung des Jagdgeschwaders Neuburg in „Jagdgeschwader Mölders“.
Ein Bundestagsbeschluß, Mitgliedern der „Legion Condor“ generell kein ehrendes Gedenken zu erweisen und entsprechende Kasernen umzubenennen, wurde 1998 gefaßt. Erst 2005 erreichte ein breites außerparlamentarisches Bündnis gemeinsam mit der damaligen PDS, daß der Beschluß in Neuburg endlich umgesetzt wurde. Medienberichte und ein Eingreifen des damaligen Bundestagspräsidenten Thierse führten letztendlich dazu, daß auch das „Jagdgeschwader Mölders“ umbenannt wurde. Ich bewerte es als hochgradig kritikwürdig, daß einige Ewiggestrige das mit aller Macht rückgängig machen und den Parlamentsbeschluß kippen wollen. Gemeinsam mit Friedensaktivisten aus meinem Wahlkreis werde ich mich derartigen Bestrebungen mit aller Macht entgegenstellen.
Eva Bulling-Schröter (MdB), Ingolstadt
Heute habe ich die neuen RF-Internetseiten mit Freude zur Kenntnis genommen. Die Umstellung ist sehr gut gelungen. Mir ist besonders der Bericht von Siegfried Krebs „25 Jahre Einheit: Ein Wessi und die Jungen Pioniere“ aufgefallen. Ich habe auch schon einige Artikel von Matthias Krauß gelesen. Durch ihn wissen meine Frau Hannelore und ich, daß es in der DDR Kinderbücher wie „Alfons Zitterbacke“ gegeben hat. Wir werden Eure Internet-Präsentation weiter aufmerksam verfolgen.
Johann Weber, Ruhstorf (Niederbayern)
Herzlichen Dank für die wieder sehr interessante Oktoberausgabe des RF. Mit Spannung habe ich die beiden PDF-Dateien gleich am ersten Tag des Erscheinens gelesen.
Vor mehr als einem Vierteljahrhundert hat eine bis dato beispiellose Enteignung eines Teils der deutschen Bevölkerung stattgefunden. Die meisten ehemaligen DDR-Bürger verloren mit dem Mauerfall nicht nur ihre Arbeit und damit ihre soziale Absicherung, sondern auch ihr gesamtgesellschaftliches Volkseigentum an Produktionsmitteln. Durch eine als Treuhand getarnte Institution aus Räubern und Veruntreuern aller Ebenen wurden fast sämtliche VEB, VEG und sonstigen staatlichen Unternehmen verscherbelt oder plattgemacht. Dafür glich man die Arbeits- und Lebensbedingungen an das „Westniveau“ an: Massenentlassungen nach Betriebsschließungen, Erhöhung der Wohnungsmieten auf das 10- bis 15-fache, Streichung aller sozialen Vergünstigungen und Subventionen auf Konsumgüter, Erfindung einer Zuzahlungspflicht bei Arzneimitteln und sonstigen medizinischen Produkten, Krankenhauskostenbeteiligung für 28 Tage je Kalenderjahr und astronomische Preissteigerungen bei allen Beförderungstarifen.
Gleichen Lohn für gleiche Arbeit wird es für die einstigen DDR-Bürger nicht mehr geben. Mehr als 25 Jahre nach der als Wiedervereinigung getarnten feindlichen Übernahme durch den Imperialismus wird bei Löhnen, Gehältern, Renten, Pensionen und sonstigen Entgeltleistungen noch immer nach Ost- und Westtarifen unterschieden. Die Politikdarsteller der im deutschen Bundestag dominierenden Parteien beklagen sich noch immer über die angeblichen Kosten des sogenannten Wiederaufbaus Ost, wobei sie die Tatsache verdrängen, daß durch die plötzliche Marktausdehnung in östlicher Richtung eine damals akut drohende Rezession abgewendet wurde.
Andreas Herrmann, E-Mail
Seit kurzem bin ich Mitglied des RF-Fördervereins und hatte am 30. September ein besonderes Erlebnis. An diesem Tag gründete sich die neue RF-Regionalgruppe Berlin-Lichtenberg. Das Thema der ersten Veranstaltung lautete: „Flüchtlinge als Opfer von Kriegen und Gewalt. Was sind die aktuellen Herausforderungen für die Friedensbewegung?“ Referent war Reiner Braun, Geschäftsführer der deutschen Sektion der Internationalen Assoziation „Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen“. Er verstand es ausgezeichnet, uns aus seinem umfangreichen Wissens- und Erfahrungsschatz die aktuelle Problematik anschaulich zu erläutern. Die Resonanz war so positiv und das Vorgetragene von einer solchen Qualität, daß ich mich schon auf die nächste Veranstaltung in diesem Kreis freue.
Angelika Hebel, Berlin
Heute befinden sich weltweit etwa 60 Millionen Menschen auf der Flucht, weil ihnen im neokolonialistischen Herrschaftsstil und einem erbarmungslosen kalten wie heißen Krieg um Profitmaximierung die Existenzmöglichkeiten genommen worden sind. Doch wer nur Hilfe vorgaukelt, die wirklichen Fluchtursachen aber nicht bekämpft, wird mit Recht der Heuchelei verdächtigt. Sicherlich stehen wir in Europa erst am Beginn eines sich noch mehr ausweitenden Flüchtlingsstromes mit gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen auch für Deutschland. Statt ein Gegeneinander zu provozieren und der Devise „Teile und herrsche!“ zu folgen, sollte ein solidarisches Miteinander von Alteingesessenen und Hinzukommenden konsequent angestrebt werden.
Karl Scheffsky, Schwerin
Die von offizieller Seite zur Schau gestellte selektive „Hilfsbereitschaft“ ist nicht mehr als eine reine Propagandaphrase. Als oberstes Prinzip gilt die totale Negierung von „minderwertigen“ Armen, Hungerleidenden und durchaus Gefährdeten aus angeblich „sicheren Staaten“.
Noch etwas anderes macht mich besorgt: Bald werden wieder die alten Bilder vom neuen Erzfeind – Putins Rußland – den ersten Platz in der Berichterstattung einnehmen. Während man sich über Moskaus Hilfsangebot, den IS in Kooperation mit den regulären Streitkräften des gewählten Präsidenten Assad zu bekämpfen, aus durchsichtigen Gründen erregt, blendet man zugleich das Wüten Erdogans in der Türkei, im Irak und in den Kurdengebieten völlig aus.
Hans-Georg Vogl, Zwickau
Durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt konnten in den letzten Jahren auch völlig neue Waffen entwickelt werden. Unbemannte, ferngesteuerte Flugzeuge, sogenannte Drohnen, werden für die Bekämpfung vor allem von Menschen und Menschengruppen eingesetzt. Ein „Drohnenkrieg“ ist kein erklärter Krieg zwischen Staaten, sondern staatlich sanktionierter Mord, der in Staaten verübt wird, die ihre Lufthoheit nicht verteidigen können.
Die „Piloten“ der Drohnen sitzen z. B. in Washington vor einem Bildschirm, auf dem das Aktionsgebiet in Pakistan oder Afghanistan erscheint. Der „Pilot“ kann per Funk seine Drohne in die richtige Position bringen, um das angepeilte Ziel per Rakete zu vernichten.
Die Ermordung unliebsamer Menschen durch ferngesteuerte Waffen ist in den USA bereits Normalität. Die Direktübertragung für Obama und dessen Regierungsmitglieder aus Pakistan, wo Osama bin Laden „live“ umgelegt wurde statt ihn der Justiz zu überantworten, steht mir noch besonders drastisch vor Augen.
Wolfgang Eife, Berlin
Am 30. April 2011 habe ich mich mit einer Petition an den Bundestag gewandt und ein Gesetz zur Abschaffung des Bildungsföderalismus sowie zur Errichtung eines einheitlichen Schulsystems in ganz Deutschland gefordert. Eine solche Maßnahme ist auch deshalb notwendig, weil bei Landtagswahlen Lehrer, Eltern und Schüler jedes Mal verunsichert werden: Bleibt das Schulsystem so, wie es ist, oder wird es durch ein anderes ersetzt? Werden die Schulabschlüsse in der ganzen BRD anerkannt, oder gelten sie nur im eigenen Bundesland? Der Petitionsausschuß des Bundestages hat meinen Vorschlag am 16. Mai 2013 mit folgender Begründung abgelehnt: „Es wird befürchtet, daß eine bundeseinheitliche Bildungspolitik vor allem zu einer Nivellierung der Schulbildung auf einem niedrigeren Niveau führt.“
Wenn Deutschland jemals Spitzenreiter werden und nicht Außenseiter in der Welt sein will, dann müssen die besten Ergebnisse, Erkenntnisse und Erfahrungen im Schulwesen sofort auf alle Bundesländer der BRD übertragen werden. In der DDR gab es eine Akademie der Pädagogischen Wissenschaften, deren Forschungsergebnisse die Grundlage für die Erarbeitung sämtlicher Lehrpläne, Unterrichtshilfen und Schulbücher bildeten.
Dr. Ernst-Ludwig Hischer, Rostock
Der Oktober-Leitartikel „Kein Anschluß unter dieser Nummer“ hat mir so gefallen, daß ich ihn in Kopien weiterreichen mußte! Was wäre ich ohne den „RotFuchs“ hier im „wilden Westen“? Nach Berlin komme ich nicht mehr – es ist zu weit, zu teuer, und da ist ja auch noch mein Hund, der versorgt werden will. So bleibt mir nur der spitze Stift und das wenige, das ich hier tun kann: Erst war es der Anti-Hindenburg-Kampf, und jetzt ist es vielleicht Deutsch-Unterricht für Flüchtlinge.
Dr. Eva Ruppert, Bad Homburg
Heute dreht sich vieles um „Pegida“, „Legida“ oder „Magida“ – um Demonstrationen und Gegendemonstrationen, um Islamisten und Islamhasser sowie um Terror und Gewalt. In vielen Diskussionen spürt man heillose Verwirrung. Was indes alle in Bewegung Geratenen eint, ist Negation. Alle sind gegen etwas, und das oft nur höchst oberflächlich. Kaum einer fragt nach dem Warum, nach den Ursachen der Situation in der BRD und anderswo. Das ist jedermanns „Privatsache“. Der „RotFuchs“ ist bei dieser Bewertung natürlich ausgenommen.
Gerda Huberty, Neundorf
Aufmerksam haben wir den interessanten Leitartikel Klaus Steinigers in der Oktober-Ausgabe des RF gelesen. Auch andere Beiträge, darunter das Vorwort von Egon Krenz zu Horst Sindermanns Autobiographie, fanden wir sehr informativ.
Wir diskutierten darüber, was wir selbst 1989 in kritischen Tagen getan haben. Herbert schildert in seinen „Lebenswenden“ (trafo-Verlag 2005) den Versuch, etwas zu erreichen. Leider gab es keine Reaktion darauf. Vor kurzem fand ich bei der Durchsicht unserer Materialien für das Bundesarchiv den Originalbrief mit den Unterschriften. Herbert (Prof. Dr. Herbert Hörz) schrieb: „Auf unserem Klassentreffen 2001 fragte mich ein ehemaliger Mitschüler, wie ich denn die ‚Wende‘ verkraftet hätte? Ich konnte ihm sagen, daß es nicht leicht war, die Anzeichen des Reformunwillens der DDR-Oberen seit 1986 und die Forderungen nach mehr Sozialismus und Demokratie zu mißachten. Meine Frau und ich waren jedoch davon überzeugt, daß das Zündeln an der Lunte des Pulverfasses zu einer Explosion mit blutigem Ausgang führen würde. Wir wollten keine rumänische oder chinesische Lösung der Konflikte und sind froh, daß es nicht dazu kam. …
Noch im Dezember forderte auf meine Anregung hin eine kleine Gruppe erfahrener SED-Mitglieder am Philosophischen Institut von Hans Modrow, dem Ministerpräsidenten, die Bildung von Arbeiterkomitees in den Betrieben und die Verfügungsgewalt über das Eigentum. Unsere Stellungnahme wurde nie beantwortet. Arbeiter hatten in der ‚Wende‘ kein Interesse am Staatseigentum. Es wäre sicher anders gewesen, hätten sie es als ihr Eigentum betrachtet, was es eigentlich war. Konstruktive Vorschläge interessierten nach der März-Wahl 1990 mit der konservativen Mehrheit überhaupt nicht mehr. Westliche Berater bestimmten das Feld.“
Prof. Dr. Helga Hörz, Berlin
Meine Meinung zur „Erklärung der Geschichtskommission der DKP zum 25. Jahrestag der Annexion der DDR“ im Oktober- RF: Sehr aufmerksam und mit Verständnis habe ich den Beitrag zur Kenntnis genommen und billige viele der anspruchsvollen Darlegungen.
Ich habe etliche Berichte, Filme und andere Medienbeiträge zur Thematik verfolgt und immer wieder gespürt, daß auch nach 25 Jahren nicht lockergelassen wird, die Politik der DDR schlechtzureden und positive Seiten unseres Lebens unerwähnt zu lassen. Dies bestätigen mir auch Kinder und Jugendliche aus ihrem jeweiligen Geschichtsunterricht, bei dem die DDR, die immerhin 40 Jahre existierte und aus meiner Sicht keine unwürdige menschliche Gesellschaft darstellte, kaum behandelt oder nur ganz kurz erwähnt wird. Aus diesem Grunde ist es notwendig, die Errungenschaften des Sozialismus in das Geschichtsbewußtsein vor allem nachfolgender Generationen zu heben.
Siegfried Tietz, Altenberg
Den derzeitigen Hoheitsträgern in Deutschland fiel auch in diesem Jahr wieder nichts anderes ein, als die bereits in den Herbsttagen 1989 erkennbare Niederlage der DDR und ihrer Repräsentanten genüßlich auszukosten. Insofern setzen die Einschätzungen von Egon Krenz zu der unlängst erschienenen Autobiographie Horst Sindermanns – und erst recht deren Inhalt – den Schmähern und Verleumdern der DDR ein deutliches Stopsignal.
Wenn ich daran denke, daß Wolf Biermann im Vorjahr das böse Wort „Sindermann – du blinder Mann“ in den Plenarsaal des Bundestages schleuderte, worauf ihm von den Vorsitzenden der Koalitionsparteien demonstrativ die Hände geschüttelt wurden, wird mir noch heute schlecht.
Manfred Jantsch, Pirna
Zu Klaus Glasers Beitrag „Berechtigte Zweifel“: Der Außerordentliche Parteitag der SED wurde bereits am 12. November 1989 vom alten ZK beschlossen. So konnte von diesem Zeitpunkt an mit der organisatorischen Vorbereitung begonnen werden. Am 3. Dezember 1989 traten nicht nur das Politbüro und das Zentralkomitee der SED zurück. Es konstituierte sich auch ein Arbeitsausschuß dem u. a. Mitglieder der neugewählten Bezirksleitungen und Gregor Gysi angehörten. Sicher blieb für die Vorbereitung der Reden und Beschlüsse bis zum 8. Dezember nicht viel Zeit. Aber die Referenten hatten sich bestimmt mit der von ihnen behandelten Thematik schon länger beschäftigt. Das Parteiprogramm der PDS wurde erst 1993 verabschiedet, deren Statut im Juni 1991.
Über die Aussage „Wir brechen unwiderruflich mit dem Stalinismus als System“ gab es zu keinem Zeitpunkt einen Konsens in der ganzen Partei.
Zum Beitrag „Ein Pyrrhussieg des Westens“ (RF 213) möchte ich bemerken: Es freut mich immer wieder, wenn sich Almos Csongár zu Wort meldet. Nun wird sein neues Buch „Also nein, diese Magyaren“ angekündigt. Dafür kann man sich keinen kompetenteren Autor vorstellen. Unterschiedliche Auffassungen gibt es darüber, ob Gorbatschow nur naiv war oder ob er es von vornherein darauf angelegt hatte, den Sozialismus zu zerschlagen.
Völlig stimme ich mit Csongár überein, daß Rußland und China die einzigen Mächte sind, die den Amoklauf der USA zur Erringung der Weltherrschaft zu stoppen in der Lage wären. Nach dem Antikominternpakt ist die NATO das schlimmste Aggressionsbündnis der Welt.
Dr. Kurt Laser, Berlin
Im Gleichklang mit Klaus Glaser beschäftigt mich die Frage, wie der Außerordentliche Parteitag der SED/PDS (im folgenden AP) am 8./9. und am 16./17. Dezember 1989 in Berlin überhaupt zustande kam. Bemerkenswert bleibt, daß das 462 Seiten starke Protokoll erst 1999 – also 10 Jahre später! – bei Dietz erschien. Trotz eifriger Suche in diesem Band gab es (was zuvor üblich war) auf diesem AP keinen „veröffentlichungswürdigen“ Bericht einer Mandatsprüfungskommission. Am 1. Dezember 1989 entschied die Volkskammer ohne jegliche Diskussion den Satz, der die Führungsrolle der SED bestimmte, aus Artikel 1 der DDR-Verfassung zu streichen. Das geschah gut eine Woche vor dem AP. Wer nun vermutet, diese Streichung hätte während des AP eine Rolle gespielt, der irrt. Wer etwas zu der Problematik hätte sagen können/sollen/müssen – Prof. Karl-Heinz Schöneburg vom damals noch existierenden Institut für Theorie des Staates und des Rechts – zog seine Wortmeldung zurück.
Gleichwohl – wie Klaus Glaser würde ich meine „dummen“ Fragen auch gerne an andere Persönlichkeiten der SED/PDS-Zeitgeschichte richten. Vielleicht sind die Herausgeber des Protokollbandes aus dem Jahre 1999 ja dazu bereit und in der Lage.
Dr. Klaus Emmerich, Edertal
An dem Beitrag „Zu Ingo Wagners Einschätzung der Partei Die Linke“ gefällt mir, daß es Herbert Meißner gelungen ist, die Bewertung des Leipziger Professors zur PDL sehr fair, feinfühlig und differenziert zu analysieren. Einerseits bestätigt er, daß die PDL Gefahr läuft, in den Sozialreformismus abzugleiten und zum Arzt am Krankenbett des Kapitalismus zu werden. Andererseits arbeitet er überzeugend heraus, daß man nicht die gesamte Mitgliedschaft dieser Partei über einen Kamm scheren darf. Es gibt in ihr starke Kräfte, die auf der konsequenten Einhaltung des Erfurter Programms als Richtschnur des parteilichen Handelns bestehen. Es ist viel richtiger, diese Kräfte zu stärken, als eine weitere Zersplitterung der Linken in Deutschland anzusteuern.
Konrad Hannemann, Eisenhüttenstadt
Der Beitrag von Herbert Meißner im Oktober-„RotFuchs“ hat mich zu eigenen Überlegungen angeregt.
Wieweit kann die Kompromißbereitschaft innerhalb einer Partei gehen, und welche Grenzen dürfen dabei nicht überschritten werden? Daß das Erfurter Parteiprogramm der PDL ein Kompromißpapier ist und dabei durchaus auch zustimmenswerte Inhalte aufweist, ist sicher nicht bestreitbar. Da teile ich die Meinung des Genossen Meißner. Aber bei aller positiven Wertung und Würdigung des Beitrags marxistischer Kräfte hierzu muß man jedoch auch sehen, daß diese im Programm verankerten Positionen keineswegs eine gesicherte Richtschnur für das Handeln der Führungsgremien der PDL darstellen. Dabei denke ich vor allem an die Einschätzung Herbert Meißners, daß sich die Partei systematisch vom Erfurter Programm abwendet. In seinem sehr fundierten Beitrag auf der Konferenz des „Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden“ (OKV) zum Einfluß der „Transformationstheorie“ auf linke Politik hat er u. a. festgestellt, daß es jetzt um die Frage gehe, „ob die Die Linke ihren programmatisch festgelegten Charakter einer antikapitalistischen, sozialistischen und friedenspolitischen Kampfpartei beibehält oder ob sie zu einer sozialreformistischen Nebenstelle der SPD wird“. Und er befürchtet zu Recht, daß eine neue Debatte über das Parteiprogramm ausgelöst werden dürfte, da man aus Sicht potentieller Partner mit dem Erfurter Programm kaum regierungsfähig sein könnte. Wichtig scheint mir die Erkenntnis, daß die marxistischen Kräfte zwar positiven Einfluß auf die Programmatik genommen haben, die weitere Entwicklung jedoch nicht zu verhindern vermochten.
Dr. Peter Elz, Königs Wusterhausen
Ingo Wagner ist ja schon auf Grund seiner frühzeitigen Warnungen vor dem Abstieg der PDS/PDL ein wertvoller und kompetenter Kämpfer für unsere marxistisch-leninistische Sache. Und was Herbert Meißner betrifft, so muß man doch wohl daran denken, daß er für all jene, welche zu DDR-Zeiten mit Wirtschaftswissenschaften zu tun hatten, eine hervorragende Adresse war. Daß er heute noch engagiert und mit seinem bedeutenden intellektuellen Potential für die Bewahrung marxistischer Positionen in der PDL wirkt, muß man hoch anerkennen. Allerdings ist bei seiner Reaktion auf den in jeder Beziehung korrekten Artikel des Genossen Wagner im Juli-RF eine gewisse Überempfindlichkeit nicht zu übersehen – ein Maß an Sensibilität, das auch mit einer Überbewertung der Rolle, welche die marxistischen Kräfte in der PDL spielen, zu tun haben könnte.
Natürlich müssen wir bei unseren Äußerungen, die Genossen in der PDL betreffen, mit angemessener Zurückhaltung und erforderlichem Respekt reagieren. Dabei sollten wir aber auch nicht die Augen vor den tatsächlichen Entwicklungen in dieser Partei verschließen.
Reiner Hofmann, Panketal
Der „neueste Schrei“ der deutschen Energiepolitik heißt: „Unbundling“ von Versorgungslinien und Bündeln von „Smart Grids“. Das Smarte an denen ist vor allem die Zerschlagung des Kommunaleigentums und das Einheimsen immer neuer Profite durch die großen Energieunternehmen. Ich habe die Berliner Situation etwas genauer recherchiert und werde den RF-Lesern darüber berichten.
Dr. Hermann Wollner, Berlin
Vielen Dank für den Beitrag „Erinnern an Jürgen Kuczynski“ in der Oktober-Ausgabe des RF. Am 2. September konnten wir miterleben, wie eine Grünfläche in Berlin-Weißensee nach ihm benannt wurde. Der jahrelange Kampf seines Freundeskreises zur Ehrung dieses bedeutenden DDR-Wissenschaftlers hatte endlich Erfolg. Auch die im Anschluß daran durchgeführte Veranstaltung galt seinem Vermächtnis.
Rechtsanwalt Ralph Dobrawa, Gotha
Seit einigen Jahren bin ich Leser des RF, den ich durch eine Bekannte in Mainz kennengelernt habe. In den jüngsten Ausgaben haben mich besonders die Beiträge über Johannes R. Becher (von Marianne Walz), Angela Davis (von Christa Kożik) sowie das Vorwort von Egon Krenz zu Horst Sindermanns Buch angezogen.
Ein Wort über mich: 1960 im Kreis Rhein-Lahn geboren, habe ich Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie studiert.
Martin Schmiedel, Mainz
In dem Bestreben, durch Teilnahme am Aufbau einer antifaschistischen, friedlichen und sozial gerechten Gesellschaftsordnung als Umsiedler eine neue Heimat zu erlangen, trat ich 1950 in die Volkspolizei ein. Fortan stand die Gewährleistung einer hohen öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemeinsam mit allen Bürgern und für sie im Mittelpunkt meines Handelns.
Seit 1976 lebe ich in Berlin-Lichtenberg und genieße als Rentner die grüne Umgebung des Anton-Saefkow-Platzes sowie die friedliche Atmosphäre der vielen Menschen unterschiedlicher Nationalität und Hautfarbe. Besonders kümmere ich mich um Hilfsbedürftige und Flüchtlinge.
Oberst der VP a.D. Rudolf Höll, Berlin
Eine Bemerkung zu dem Nikaragua-Beitrag im Oktober-RF: Ich war während des Krieges gegen die von den USA finanzierten Contras im Rahmen eines Projekts 1985 in dem mittelamerikanischen Land. Seither ist dort viel passiert, und auch die FSLN ist heute aus meiner Sicht keine Partei mehr, für die ich die Hand ins Feuer legen würde. Dabei berücksichtige ich, daß die dortige Wirtschaftssituation aufgrund fehlender Bodenschätze und schlechter Infrastruktur recht desolat ist.
Das scheint mir auch der Grund dafür zu sein, daß Daniel Ortega dem Kanalbau zwischen zwei Ozeanen in der berechtigten Hoffnung auf eine Verbesserung der ökonomischen Situation zugestimmt hat. Dies geschieht aber zugleich gegen den erbitterten Widerstand von Bauern und Ökologen, die stichhaltige Gegenargumente ins Feld führen. Meine Schlußfolgerung lautet: Es gibt zur FSLN keine vernünftige Alternative, aber wir sollten sie kritisch begleiten.
Michael Mansion, Wallerfangen
Die Tatsache, daß ich ein begeisterter und treuer Leser des „RotFuchs“ und der jungen Welt bin, muß ja nicht bedeuten, daß ich die bürgerliche Tagespresse links (bzw. rechts) liegen lasse. Die „Ostthüringer Zeitung“ (OTZ) und die „Frankenpost“ (FP) sind zweifelsohne konservative und nahezu identische Produkte desselben Konzerns. Um so angenehmer ist es, einmal nicht in Magen- und Gemütsverstimmung durch großbürgerliche Hetzartikel versetzt zu werden. Am 6. Oktober erschien in der FP ein Beitrag von Franz Feyder zum US-Luftangriff auf das Krankenhaus in Kundus. Seine für eine eher rechtslastige Tageszeitung durchaus als mutig zu bezeichnende Meinungsäußerung spricht mir ganz aus der Seele.
Franz Feyder schrieb: „Eine Stunde und sieben Minuten lang griffen Kampf-Jets der US-Luftwaffe ein Krankenhaus an, in dem seit Jahren Mediziner der Hilfsorganisation ,Ärzte ohne Grenzen‘ Afghanen versorgen. Um sicherzugehen, daß die Klinik nicht zufällig bombardiert wird, übersandten die Nothelfer eine Woche zuvor die metergenauen Koordinaten des Hospitals an die NATO.
80 Mediziner und Pfleger sowie 105 Patienten befanden sich in dem Krankenhaus, als die ersten US-Bomben im Hauptgebäude einschlugen. Verzweifelt telefonierten die ,Ärzte ohne Grenzen‘ mit Offizieren des NATO-Hauptquartiers, um die Attacke zu stoppen. Vergeblich. Auf der Intensivstation verbrannten sechs Patienten bei lebendigem Leib in ihren Betten. … Schwarz verkohlte Menschen, die Hände verkrümmt vor die entstellten Gesichter haltend. Auf dem OP-Tisch ein von einer Explosion zerfetzter Patient.“
Und an Obama gewandt schrieb Feyder. „Das, Herr Präsident, ist ,Ihr tragischer Unfall‘. Der, den Ihr verantwortlicher General John Campell ,aus Versehen anordnete‘. … Ein Kriegsverbrechen, heißt es in Art. 51 des 1. Zusatzprotokolls zum Genfer Abkommen, ist ,ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, daß er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen‘. Weit und breit um das Krankenhaus herum hat kein einziger Augenzeuge einen Taliban auch nur bemerkt.“
Mike Reinhardt, Hirschberg
Bei „Phoenix“ sah ich die Sendung „Rußland – Feind oder Freund?“ Als positiv empfand ich dabei, daß zu Beginn darauf verwiesen wurde, an russischen Schulen werde im Fach Geschichte jetzt die Rolle Stalins objektiver bewertet. Dabei stelle man auch seine Verdienste um die Bewahrung des Erbes der Oktoberrevolution und die Verteidigung des sozialistischen Weltsystems in Rechnung. Im Gegensatz dazu sei es in der Ära Chruschtschows wie seiner Nachfolger zum Bruch der sowjetisch-chinesischen Beziehungen und zum Zerfall des sozialistischen Weltsystems gekommen. Gorbatschow habe diesen Prozeß schließlich zu Ende geführt. Ich war erstaunt, einem solchen Maß an Sachlichkeit in einem bürgerlichen Medium zu begegnen.
Manfred Schwallmann, Schwarzenberg
Seit mehr als zwei Jahrzehnten beobachte ich den systematischen „Rückbau“ von Gebäuden aus DDR-Zeiten. Das Ganze begann mit dem Abriß des Palastes der Republik. Herr Kollhoff setzte sich mit seinem „Masterplan für die Neugestaltung des Stadtzentrums“ nicht nur über die auf dem Alex präsente DDR-Moderne hinweg, sondern versuchte auch, das gesamte Stadtbild des Berliner Zentrums mit seinen Hochhäusern vom Typ Manhattan zu verschandeln. Die Wiedervorlage des überarbeiteten Kollhoff-Projekts verfolgt wie 1993 das Ansinnen, auch optisch alles in der DDR Entstandene zu vernichten. Ich bin sehr empört über diesen neuerlichen Versuch, jegliche Erinnerungen an den Ostberliner Aufbaugeist nach dem Krieg auszulöschen.
Oberst a.D. Werner Gericke, Berlin
Ihre Zeitung bekam ich zum ersten Mal Mitte September durch Zufall in die Finger. Sie gefällt mir gut. Wir von der Cottbuser Montagsmahnwache für den Frieden und die Verständigung aller unterdrückten Menschen öffnen uns für sämtliche unzensierten Infos von Google, Youtube und frei arbeitenden Journalisten. Am 21. September hatten wir bereits unsere 70. Mahnwache mit ca. 30 Teilnehmern Woche für Woche bewältigt. Es war schwer, angesichts von Abneigung, Ignoranz, Verleumdung und „Unterwanderung“ durchzuhalten, den Mut zum Weitermachen zu finden, um noch Schlafende aufzuwecken. Wir treten mit Gesicht, Moral und Herzenswärme für Hilfsbedürftige und Hilfesuchende, Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger ein und sind bestrebt, auch mutlosen Rentnern wieder eine Stimme zu geben. Wir möchten unser Gewicht in der Öffentlichkeit aufbauen, um einen Beitrag für eine Wende zum Guten, ohne Lügenpresse von ARD, ZDF, TV und Funk zu leisten. Vor allem lehnen wir die Kriegspropaganda gegen Rußland und andere Völker entschieden ab.
Bernd Wünschmann, Cottbus
Als junger Mensch ohne Arbeit war ich einst mit einem ebenso erwerbslosen Kumpel in der DDR angekommen. Wir kannten nur die „Segnungen“ der kapitalistischen Arbeits- und Wirtschaftswelt. So waren wir froh, überhaupt wieder in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten zu können. Wie die meisten Jugendlichen in der BRD waren wir politisch gänzlich ungebildet. In der DDR lernte ich unter konträren gesellschaftlichen Bedingungen ein für mich besseres Leben kennen und genoß bei hartem Arbeitsstreß auf einem Steinkohleschacht die materielle Sicherheit. Der soziale Unterschied zwischen West- und Ostdeutschland war wirklich kraß. Ich verlor die Angst vor der Arbeitslosigkeit, die in mir ein fürchterliches Gefühl des Wertverlustes erzeugt hatte.
Natürlich hegten wir zuweilen Befürchtungen, daß die bestehenden sozialen Verhältnisse ökonomisch nicht genügend abgesichert sein könnten. So manches Mal, wenn unsere Produkte unter Weltmarktpreisen verkauft wurden, zweifelten wir an der DDR-Ökonomie.
Dann erlebten wir die Einführung der kapitalistischen Marktwirtschaft mit einer Treuhandanstalt, deren Bestreben es war, nichts, aber auch gar nichts von dem anderen politischen und ökonomisch-sozialen System zu erhalten. Leider waren bei uns nur die Kalikumpel in Bischofferode dazu bereit, ihr Eigentum zu verteidigen. Selbst der Gedanke einer Auszahlung von persönlichen Anteilen am Volksvermögen blieb rasch wieder auf der Strecke. Da muß man sich nicht wundern, daß heute der überwiegende Teil aller Werte in der einstigen DDR westdeutschen Eignern gehört.
In den letzten 25 Jahren hat sich bei mir die Überzeugung gefestigt, daß wir nichts dringender brauchen als eine Alternative zu dieser Gesellschaft, die Frau Merkel und Herr Gauck als alternativlos ausgeben.
Dipl.-Ing. Hermann Ziegenbalg, Riesa-Weida
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