RotFuchs 234 – Juli 2017

Löst den braunen Haufen auf!

Otto Köhler

Offiziell wurde die Bundeswehr erst 1955 gegründet, aber eigentlich bestand sie schon seit 1943, als ihr späterer erster Generalinspekteur Adolf Heusinger sie als Parteiarmee der NSDAP unter dem Namen „Deutscher Volkssturm Wehrmacht“ vorbereitete. Seit damals hatte Heusinger die Pläne für diesen Volkssturm ausge­arbeitet – am 20. Juli 1944 stand er in der Wolfsschanze direkt neben Hitler und erlitt am Kopf, am Arm und an den Beinen Verletzungen durch die von Graf Stauffenberg gelegte Bombe. Seit 1948 arbeitete er an der Wiederaufstellung deutscher Streit­kräfte gegen die Sowjetunion im Untergrund der Organisation Gehlen (OG). Sei­nem CIA-Aufpasser in der OG, James H. Critchfield, erklärte Heusinger: Ihr habt uns demilitarisiert, jetzt müßt ihr uns remilitarisieren.

Diesem Zweck diente auch an einem dunklen Novemberabend des Jahres 1948 ein Besuch Rudolf Augsteins bei Konrad Adenauer in dessen Heim in Rhöndorf. Der „Spiegel“-Chef hatte soeben eine Rundreise zu den in Westdeutschland ansässigen Hitler-Generalen abgeschlossen. Er überbrachte Adenauer, der damals noch nicht Bundeskanzler einer Bundesrepublik Deutschland, sondern Präsident des Parlamen­tarischen Rates der Westzonen war, die Botschaft der noch nicht wieder tätigen Hitler-Generale, dreißig deutsche Divisionen seien nötig, aber schnellstens. Adenauer nickte: „Das ist auch meine Meinung.“ Das sieben Monate später vom Parlamenta­rischen Rat verkündete Grundgesetz sah keinerlei Bundeswehr, wohl aber das Recht auf Kriegsdienstverweigerung vor. Die Alliierten hätten Adenauer und Augstein wegen Vorbereitung einer Militarisierung an die Wand stellen können.

Und heute wundert man sich über die braunen Strukturen der Bundeswehr! Das Geschrei, das die erfolgreiche Kriegsministerin Ursula von der Leyen über Nazinetz­werke in der Bundeswehr erhob, ist nicht zielführend. Sie ist für die Bodenhaltung der Bundeswehr verantwortlich, und der Boden ist braun seit jeher. Samt den Devotiona­lienecken für Hitlers Wehrmacht, die jetzt plötzlich in den Kasernen entdeckt werden. Die Neonazis in der Bundeswehr wollen uns bei der Bewältigung des Flüchtlings­stromes mit den bewährten Mitteln zum Kampf gegen die rote Flut helfen, wie jener Bundeswehrangehörige, der ins Internet einen Soldaten mit Maschinengewehr stellte. Unterschrift: „Das schnellste deutsche Asylverfahren lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab!“

Das verrät gute Tradition. Der erste Generalinspekteur Adolf Heusinger war vor seiner Gründungsarbeit für den Volkssturm Koordinator der Partisanenbekämpfung und ordnete an, auf beiden Seiten der Nachschublinien je 50 Kilometer rücksichtslos zu evakuieren. Das war ohne Maschinengewehr gegen Juden und Kommunisten auch kaum möglich.

Die Staatsanwaltschaft stellte darum ihr Verfahren gegen den gewitzten Bundes­wehrsoldaten wegen mangelnden Tatverdachts ein, tatsächlich hatte er bisher noch keine Flüchtlinge mit seinem Schnellverfahren umgebracht. Und wenn doch? Die Staatsanwaltschaft möchte man sehen, die ihm auch nur ein Haar gekrümmt hätte im Staate des Obersten Georg Klein, der für die Liquidation von über 100 afghanischen Zivilisten zum General befördert wurde.

Der Kreis um den Toilettenpistolero Oberleutnant Franco A. hat Waffen und Munition für den Putsch gesammelt. Auf den vorbereiteten Todeslisten stehen sogar – nur weil sie zuweilen demokratisch daherreden – bewährte Freunde der deutschen Soldaten wie Joachim Gauck. Womöglich auch die Ministerin selbst.

„Frau von der Leyen ist auch nach dreieinhalb Jahren noch nicht in der Bundeswehr angekommen“, wirft einer von Heusingers Nachfolgern, der ehemalige Generalins­pekteur Harald Kujat, der Ministerin vor, die sich über den braunen Sumpf in den Kasernen erregt hat. Kujats Bannfluch: „Sie steht außerhalb, sie steht neben den Streitkräften.“

Da wird man, wollen wir einen Rest von Zivilstaat retten, diese Bundeswehr endlich auflösen müssen.

Gekürzt aus „Ossietzky“ 10/2017

Braunbuch. Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin

Siehe auch

Braunbuch
Kriegs- und Naziverbrecher
in der Bundesrepublik
und in Westberlin

Staatsverlag der DDR, Berlin 1968
Seiten 189-223