RotFuchs 193 – Februar 2014

Madagaskar:
Kandidat der Rechten fiel durch

RotFuchs-Redaktion

Die Rieseninsel Madagaskar vor der ostafrikanischen Küste wurde erstmals vor rund 2000 Jahren durch Seefahrer aus Borneo angesteuert. Heute leben dort 22 Millionen Menschen – ein buntes Völkergemisch, wobei die Vorfahren der meisten Madagassen vom Schwarzen Kontinent eingewandert sind. Ein Territorium mit einer einzigartigen Flora und Fauna, ist auch die politische Landschaft Madagaskars recht abwechslungsreich.

Schon in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen, die am 25. Oktober 2013 stattfanden und dann am 20. Dezember abgeschlossen wurden, lagen zwei Favoriten in Front: Den Spitzenrang eroberte der die Sache der Oligarchen des Inselreiches und mit ihm verbundener Kreise des Auslandskapitals vertretende Jean Louis Robinson mit einem Stimmenanteil von 21,1 %, während sein Hauptgegenspieler Hery Rajaonarimampianina 15,9 % einbringen konnte.

Lange Zeit ein unabhängiges Königreich, hatte sich Paris 1896 den Inselstaat unterworfen und bis zur Unabhängigkeit Madagaskars im Jahre 1968 als Kolonie ausgeplündert.

Die erste – übrigens äußerst autoritäre – Regierung des neuen Staates unter Präsident Philibert Tsiranana war im Grunde nur eine Fortsetzung des Gewesenen. Sie wurde indes nach einigen Jahren gestürzt, was erhebliche Veränderungen im politischem Stil und Inhalt des in Tananarive verfolgten Kurses mit sich brachte. Die Nachfolger verstanden es, sich mehr und mehr von der europäischen Kontrolle zu lösen, wobei sie in der UdSSR und deren Bündnispartnern, aber auch in der VR China mit ihrem Ersuchen um Partnerschaft Gehör fanden.

Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten Europas blieb Madagaskar nichts weiter übrig, als sich westlichen Investitionen und dem damit verbundenen Raubbau an seinen Ressourcen vollends zu öffnen. Inzwischen ist der Inselstaat hochgradig von „Auslandshilfe“ abhängig. So gilt Madagaskar einerseits – was seine Vorkommen an Gold, Kobalt, Nickel und Öl betrifft – als eine der reichsten Regionen Afrikas, andererseits ist die überwiegende Mehrheit der Menschen dort bettelarm. Mehr als neun Zehnteln der Landesbürger, die vorrangig in bescheidenster Agrarwirtschaft tätig sind, stehen jeweils nur etwa zwei Dollar pro Tag zur Verfügung. Hinzu kommen negative Klimaeinflüsse, die immer wieder Hungerkatastrophen ausgelöst haben.

Die tiefe Unzufriedenheit der Massen mit ihrer bedrückenden Situation hat der oftmals noch diffusen Protestbewegung in den letzten Jahrzehnten immer wieder Auftrieb gegeben und in Tananarive Regierende aus dem Amt gejagt.

Unter der Präsidentschaft von Mike Ravolomanana (2002–2011) konnten zusätzliche Investoren angelockt und gewisse ökonomische Fortschritte erzielt werden, die den Durchschnitts-Madagassen indes nicht zugute kamen. Der Präsident kooperierte vor allem mit dem gigantischen südkoreanischen Logistikkonzern Daewoo, dem er vertraglich etwa die Hälfte der bestellbaren Ackerfläche Madagaskars für die Erzeugung von Nahrungsmitteln für den Markt des fernöstlichen Landes anbot. Während dadurch 45 000 Arbeitsplätze entstehen sollten, befürchteten Millionen arme Bauern ihre Vertreibung.

2009 forderte Andry Rajoelina, der junge Bürgermeister der Hauptstadt, den autoritär regierenden Präsidenten heraus. Der ließ daraufhin den Fernsehsender des Rebellen dichtmachen und versuchte, ihn aus dem Amt zu jagen. Bei gewaltsamen Zusammenstößen fanden mehr als 100 Menschen den Tod. Da aber die Streitkräfte für Rajoelina Partei ergriffen, wurde er der nächste Staatschef. Seine erste Handlung war die Aufkündigung des schändlichen Abkommens mit Daewoo.

Die USA, die EU, die Afrikanische Union, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank rächten sich dafür an Madagaskar durch Verweigerung weiterer Hilfsgelder. Zugleich sanken die ausländischen Investitionen im Zeitraum von 2009 bis 2013 auf 46 Mill. Dollar. Vor fünf Jahren hatten sie noch 1,36 Mrd. betragen. Die meisten Ausländer verließen die Insel. Die ohnehin äußerst dürftigen Lebensbedingungen der Madagassen verschlechterten sich dramatisch.

Nach langen Verhandlungen kam es zu Neuwahlen. Weder Ravolomanana noch Rajoelina durften diesmal kandidieren. Die Anhänger des alten Despoten konzentrierten sich auf die Unterstützung Robinsons, während sich das Rajoelina-Lager hinter Rajaonarimampianina stellte. Bei der Stichwahl im Dezember erhielt der vom Westen gehaßte Rajaonarimampianina 53,5  % der Stimmen, während der Favorit der Plünderer Madagaskars unterlag.

RF, gestützt auf „People’s World“, New York