Beim Wiener Iran-Abkommen zog Israel den kürzeren
Man schmust nicht gerne mit Verlierern
Am 14. Juli wurden in der österreichischen Hauptstadt zwei Abkommen unterzeichnet, bei denen sich der deutsche Imperialismus erstmals als Macht von Weltgeltung darzustellen vermochte: BRD-Außenminister Steinmeier saß seinem iranischen Amtskollegen und dessen Delegation Seite an Seite mit den Chefdiplomaten der fünf Veto-Mächte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Rußland, VR China, USA, Großbritannien und Frankreich) gegenüber.
Es ging um einen Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan. Danach muß Teheran seine Verhandlungspartner und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in puncto Ausschaltung jeglicher Möglichkeiten einer iranischen A-Waffen-Produktion mittelfristig „zufriedenstellen“, bevor die gegen das Land verhängten Sanktionen endgültig aufgehoben und die blockierten iranischen Auslandsguthaben freigegeben werden. Dabei schwebt über Teheran noch immer – zumindest formell – das Damoklesschwert „automatischer Sanktionen“ für den Fall, daß zumindest vier der sieben beteiligten Mächte „einen potentiellen Bruch der Abmachungen“ behaupten sollten.
In einem solchen Zusammenhang könnten alte Falschbezichtigungen, die unter Vorlage fabrizierter „Dokumente“ erhoben worden waren, wieder aufgewärmt werden. Wie der frühere lAEA-Funktionär Robert Kelly wissen ließ, waren in den Jahren 1993/94 der Behörde „sehr komplexe Fälschungen über ein tatsächlich nicht existierendes Teheraner Atomwaffenprogramm“ zugespielt worden.
Die Regierung des Ministerpräsidenten Mohamed Mossadegh verstaatlichte 1951 die bis dahin im Besitz der Anglo-Iranian Oil Company befindlichen Erdölvorkommen Irans. Der couragierte bürgerliche Demokrat wurde durch einen von der CIA und dem britischen Geheimdienst gelenkten Putsch zu Fall gebracht. Das Foto zeigt den patriotischen Premier im Augenblick seiner Festnahme.
Nach 36 Jahren massiver Boykottpolitik setzen die Vereinigten Staaten – und dort vor allem die über Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus verfügenden Republikaner – ihren antiiranischen Kurs trotz der erzielten Übereinkunft fort. Ihnen geht es nach wie vor um einen Regimewechsel in Teheran, d. h. um die Ersetzung der Vertreter des orthodoxen Islamismus durch prowestliche Marionetten. USA-Präsident Obama, der inzwischen von weiter rechts stehenden Kreisen der beiden großbürgerlichen Parteien immer häufiger angegriffen wird, erklärte ohne ein Wort über die Atommacht Israel zu verlieren: „Wir haben die Verbreitung von Nuklearwaffen in dieser Region gestoppt.“ Die „internationale Gemeinschaft“ werde sich davon überzeugen können, daß die Islamische Republik Iran keine Kernwaffen zu entwickeln vermag.
Ohne Zweifel mindert das Wiener Abkommen die Gefahr großer regionaler Kriege in keiner Weise. Solange Washington seinen Kurs fortsetzt, unabhängige Regierungen wie die syrische stürzen zu wollen, bleibt auch Iran bedroht. Diese potentielle Gefahr wird um so realer, je mehr die mit dem Militärisch-industriellen Komplex verbundenen aggressivsten Kräfte in den USA im Vorfeld der nächsten Präsidentschaftswahlen weiter an Einfluß gewinnen.
Dabei dürfte auch die Vorstellung illusorisch sein, daß ein Wahlsieg der demokratischen Spitzenbewerberin Hillary Clinton zu einer diesbezüglichen Entlastung führen könnte. Auch sie gilt als Scharfmacherin, die sich Obama gegenüber durch ein noch höheres Maß an Interventionsbereitschaft zu profilieren bemüht sein könnte.
Die beiden Spitzenleute der republikanischen Grand Old Party (GOP) John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, und Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat, ließen schon kurz nach der Unterzeichnung wissen, die in Wien getroffene Vereinbarung sei „im Kongreß schwer zu verkaufen“. Eine besonders rabiate Kampagne gegen das Iran-Abkommen aber starteten die faschistoiden Kräfte in den Israels Netanjahu-Regierung eng verbundenen zionistischen und antiiranischen Organisationen. Deren Wortführer ist das Amerikanisch-Israelische Komitee für Öffentliche Angelegenheiten (AITAC). Sein Jahresbudget 2013 betrug mehr als 145 Millionen Dollar.
Übrigens verspricht man sich in westlichen Metropolen auch einen möglichen Schlag gegen Rußlands gen Asien gerichtete Energieexport-Pläne, die derzeit nicht zuletzt auf Vereinbarungen mit Iran fußen.
Das Wiener Abkommen – wie immer man es im Detail bewerten mag – öffnet den führenden Exportländern des Westens und vor allem der EU die Tore zu Maximalprofite versprechenden Geschäften von außergewöhnlicher Dimension. Das kann allein schon daran gemessen werden, daß sich durch die Unterhändler und Außenminister beider Länder angeführte Delegationen aus Berlin und Paris, umgeben von Vertretern der jeweiligen Spitzenkonzerne, schnurstracks nach Teheran begaben, sobald die Tinte unter dem Abkommen getrocknet war.
Hauptverlierer beim Wiener Abkommen ist Israels Netanjahu-Regierung, der es nicht gelang, Irans weitgehende Isolierung aufrechtzuerhalten und die Unterzeichner des 5+1-Abkommens für eine das gesamte Nuklearprogramm des Landes stoppende Vereinbarung über die Zerstörung aller Atomanlagen Irans zu gewinnen. Die friedliche Nutzung dieser Energiequelle bleibt Teheran erhalten. Dabei hatte sich Netanjahu in seiner Rede vor dem USA-Kongreß so überaus ins Zeug gelegt. „Iran beherrscht jetzt vier arabische Hauptstädte – Bagdad, Damaskus, Beirut und Sanaa“, erklärte Tel Avivs erster Mann in Washington. „Wenn seine Aggression unbeantwortet bleibt, werden weitere folgen. Wir alle müssen zusammenstehen, um Irans Marsch der Eroberung, der Unterwerfung und des Terrors zu stoppen“, rief der regierende Gaza-Mörder zum Boykott Teherans auf. Allerdings vergaß er dabei zu erwähnen, daß Iran keines der von ihm genannten vier Länder jemals angegriffen hat, während Israel 2003 zu den fanatischsten Befürwortern des US-Überfalls auf Irak gehörte.
Lassen wir den nüchtern-realistischen CDU-Politiker Willy Wimmer zu Wort kommen: „Das angekündigte Veto des Präsidenten Obama gegen jedwede Obstruktion des Kongresses im Zusammenhang mit dem vorgenannten Atomabkommen hat eines deutlich gemacht: Hier ist eine über lange Zeit eingefädelte Politik nicht aufgegangen. Ob unter diesen Umständen die Nähe zwischen den Republikanern und den Israel freundlich gesinnten Kräften die Zukunft bestimmt, dürfte fraglich sein. Man schmust nicht gerne mit Verlierern.“
RF, gestützt u. a. auf „Global Research“, Kanada, und „People’s World“, New York
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