11. 12. 2016
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Haseloff,
durch ein Schreiben des Innenministers Herrn Holger Stahlknecht wurde ich darüber informiert, daß Sie mir „für mein vielfältiges Engagement“ die „Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt“ verliehen haben. Nach reiflicher Überlegung lehne ich diese Auszeichnung mit folgender Begründung ab:
Von 1979 bis 1981 war ich als Berater im Ministerium für Landwirtschaft in der damaligen VdR Jemen tätig. Wir Landwirtschaftsspezialisten haben in diesem zurückgebliebenen Land bei extremer Hitze eine wirksame Entwicklungshilfe geleistet.
Seit März 2015 führt eine von Saudi-Arabien geleitete Militärallianz massive Luftangriffe im Jemen durch, der dort tobende Krieg hat bisher Tausende Todesopfer gefordert, etwa die Hälfte davon sind Zivilisten. Millionen Jemeniten sind auf der Flucht im eigenen Land, Hunderttausende waren in den Sommermonaten – in denen 45° bis 48° C herrschen – vom Trinkwasser ausgeschlossen, die Hilfsorganisationen der UNO haben mehrfach vor einer humanitären Katastrophe gewarnt. Die reichsten Ölländer zerbomben mit Unterstützung einiger NATO-Staaten das schon bisher ärmste Land der Arabischen Halbinsel. Bis jetzt hatte dieser Krieg, der mir auf Grund unserer damaligen Tätigkeit und vieler jemenitischer Freunde besonders nahe geht, keine Gewinner – mit Ausnahme der Rüstungskonzerne.
Die Bundesrepublik Deutschland war 2015 der drittgrößte Waffenexporteur der Welt und liefert seit Jahren Waffen an die Mitglieder der Militärallianz wie Saudi-Arabien, Katar, die Emirate, Ägypten und in Krisengebiete des Nahen Ostens. Ich wende mich mit meiner Ablehnung der Auszeichnung gegen die doppelzüngige Politik der von der CDU und SPD geführten Bundesregierung, die einerseits umfangreiche Waffenexporte genehmigt und andererseits unser Land für Flüchtlinge öffnet. Daß unter den Flüchtlingen kaum Jemeniten sind, hängt damit zusammen, daß das Land zu Land, zu Wasser und zur Luft von der Militärallianz nahezu hermetisch abgeriegelt ist.
Meine Unterstützung für syrische Flüchtlinge erst in der ZAST Halberstadt und ab Dezember 2015 bis heute bei verschiedenen Halberstädter Behörden resultiert aus meiner solidarischen und humanistischen Einstellung diesen leidgeprüften Menschen gegenüber. Ich konnte durch meine Arabisch- und Englischkenntnisse wirksam helfen. Während meiner sechsjährigen Tätigkeit in Ägypten und im Jemen habe ich viel Gastfreundschaft erfahren, die ich gegenüber meinen Schützlingen erwidern kann: Von den zehn Syrern haben sieben den Integrationskurs abgeschlossen, drei sind noch dabei, sechs arbeiten bereits in Wernigeroder Betrieben und Einrichtungen, alle haben Wohnungen erhalten – sie sind in Wernigerode angekommen. Ich werde mein Engagement auch weiter fortsetzen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich fordere Sie auf, Ihr hohes Amt in unserem Bundesland, als Mitglied des Bundesrates und als Vorstandsmitglied der CDU entschieden und beharrlich dafür zu nutzen, daß die Bundesregierung keine Waffenlieferungen in Krisengebiete genehmigt und wirksamer als bisher Fluchtursachen bekämpft. Und sollten Sie vielleicht einwenden, daß Sie als Landespolitiker zu wenig Einfluß auf die Bundespolitik haben, so denken Sie an Martin Luther, der als kleiner Mönch in Ihrer Heimatstadt Wittenberg durch seine mutige Haltung die Welt verändert hat.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Kropf, Wernigerode