Israels Machthaber schänden das Vermächtnis
der Auschwitz-Opfer
Orientierungshilfe für BAK Shalom
Für Politiker, die nur den Hammer als Werkzeug kennen, ist jedes Problem ein Nagel! lautet eine etwa 2000 Jahre alte chinesische Weisheit. Sie kam mir in den Sinn, als ich vernahm, die Regierung Netanjahu wolle die Palästinenser dafür „abstrafen“, daß sie es gewagt haben, den inzwischen bestätigten Antrag auf Mitgliedschaft im Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu stellen. Israel werde 105 Millionen Dollar, die der Palästinenserbehörde unter Abbas aus Steuererstattungen zustehen, für den Fall einbehalten, daß sie auf einer Abstimmung über ihren Antrag bestehe, hieß es drohend. Inzwischen haben die Realitäten dieses Erpressungsmanöver überholt.
Tel Aviv suchte mit allen Mitteln zu verhindern, daß die Palästinenser in die Lage versetzt wurden, das israelische Apartheidregime wegen dessen Vertreibungs- und Kriegspolitik vor der Weltöffentlichkeit zu verklagen. Abbas und sein Kabinett sind nämlich nun dazu in der Lage, eine unabhängige Untersuchung der durch Israel begangenen Greuel – vor allem während der Gaza-Kriege – in Den Haag zu beantragen.
Wie aber verhält es sich mit der Israel-Politik der BRD? In einem Staat, der die vorauseilende Selbstzensur bereits zur Staatsräson gemacht hat, wenn es sich um Tel Avivs aggressive Politik und dessen militärisches Vorgehen handelt, besteht ein frappierender Realitätsverlust im Hinblick auf den Terror machtausübender rechtszionistischer Kreise.
Der deutsche Faschismus hat am jüdischen Volk ein historisch einmaliges und durch nichts wiedergutzumachendes Genozidverbrechen begangen. Daß diese Tatsache die Beziehungen zwischen der BRD und Israel beeinflußt hat, scheint durchaus verständlich. Doch inzwischen ist das Israel eines David Ben-Gurion zu einer seine Nachbarn permanent bedrohenden Atommacht unter Führung Benjamin Netanjahus geworden. Zugleich wird – auch unbewußt – von vielen die Tatsache verdrängt, daß die israelische Staatsgründung 1948 ein anderes Volk heimat-, recht- und besitzlos gemacht hat.
Uns Ältere – sieht man von den Ewiggestrigen ab – begleiten Auschwitz und die Auslöschung des Warschauer Ghettos ein Leben lang als untilgbare Schuldenlast, obwohl die meisten im Krieg noch Kinder waren oder erst später geboren wurden. Nach dem zweiten Vernichtungsfeldzug in Gaza muß dennoch klar Stellung bezogen werden. Denn immer häufiger benutzen gewisse israelische Politiker, allen voran Netanjahu, die Worte Shoa und Antisemitismus zur Abwehr von Kritik an ihren Missetaten, besonders dann, wenn sie aus Deutschland kommt.
Bei der Partei Die Linke ergreifen die Vertreter von BAK Shalom das Wort, um den Genossen die Richtung vorzugeben. Es ist beschämend, daß sogar von gewissen Linken zwischen dem Genozid an den Juden und dem Völkermord an den Armeniern in der Türkei oder der Ausrottung nordamerikanischer Ureinwohner ein Unterschied in dem Sinne gemacht wird, daß nur der Holocaust so gewertet wird. Vielleicht kann jemand von BAK Shalom erklären, wie es zu vereinbaren ist, daß Israels Armee unter dem Mäntelchen der moralischsten Streitmacht der Welt mit Kampffliegern und Panzerhaubitzen die Stadt Gaza beschießt und dies als „chirurgische Schnitte“ bezeichnet! Beim angeblichen Kampf gegen die Hamas tötete die israelische Armee 377 Kinder. Hinzu kommen weitere 970 Minderjährige, denen Arme oder Beine amputiert werden mußten oder die ihr Augenlicht einbüßten.
Der Gaza-Streifen ist das am dichtesten besiedelte Stück Erde. Was glauben die Leute von BAK Shalom oder Lennart Onken im Hinblick auf die Zukunft jener palästinensischen Kinder, die niemals spielen lernten und Israelis nur als Besatzer oder mobile Mordbrennerkommandos kennengelernt haben?
Die „westliche Welt“ bewilligte auf einer „Geberkonferenz“ fünf Milliarden Dollar für den Wiederaufbau von Gaza. Dadurch entstehen für die israelische Luftwaffe wieder ein paar neue attraktive Ziele, wie es der zuvor für 250 Millionen Dollar erbaute Flughafen beim letzten Überfall auf Gaza gewesen ist.
Die israelischen Kampfmaschinen zerstörten auch sieben Schulen. Anschließend erklärte Tel Aviv ohne jeden Beweis, diese Angriffsziele seien Waffenlager gewesen. Tatsächlich hatten sich dorthin viele der dann ums Leben gekommenen Kinder geflüchtet, weil es in der abgeschnittenen Stadt – im Unterschied zu Israel – keine Bunker gibt. Vielleicht könnte BAK Shalom auch einmal den Goldstone-Bericht erläutern, in dem der vorletzte Gaza-Krieg ausgewertet worden ist. Er sollte von der UN auf Antrag der palästinensischen Autonomiebehörde behandelt werden, wurde aber wieder zurückgezogen, nachdem der Direktor des israelischen Geheimdienstes Shabak den Palästinenserführer Abbas in einem Vieraugengespräch knallhart erpreßt hatte: Sollte die Abstimmung nicht aufgeschoben werden, verwandele Israel das ganze Westjordanland in einen zweiten Gaza-Streifen. Warum aber hat die Netanjahu-Regierung die Abstimmung in der UNO-Vollversammlung nicht zu verhindern vermocht, wenn sie angeblich so sicher war, sich im Recht zu befinden?
Bleibt noch zu erwähnen, daß von allen im Goldstone-Bericht aufgeführten israelischen Kriegsverbrechen nicht ein einziges verfolgt worden ist. – Seit 1977 gibt Israels Rechtspartei Likud – damals noch unter Menachem Begin, dem einstigen Anführer der jüdischen Terrororganisation Irgun – die Richtung der Politik vor. In dieser Zeit bestand nur einmal die Hoffnung auf Frieden – unter Premier Yitzhak Rabin. Er wurde von den Kugeln des ultraorthodoxen Attentäters Yigal Amir tödlich getroffen.
Seit dieser Zeit steht auf den Likud-Fahnen das Schlagwort „Groß-Israel!“ Vergessen ist die Balfour-Erklärung vom 2. November 1917, die den Juden endlich eine Heimat zusicherte, gleichzeitig aber auch die Rechte der dort seit Jahrhunderten ansässigen Araber Palästinas auf Heimat schützen sollte. Doch jüdische Siedler als Pioniere dieser Idee und Bewohner der neuen Heimat legten den Begriff seit 1948 Schritt für Schritt anders aus. Die Massaker von Dir, Jassin und Mount Scopus haben es bewiesen!
Die Mini-Kompromisse, die der zionistische Staat den Palästinensern im Hinblick auf die besetzten Gebiete macht, sind nichts als leere Gesten. Tel Aviv geht es ausschließlich darum, die Palästinenser dahin zu bringen, ihre nationalen Bestrebungen aufzugeben und sich mit dem Los von Bürgern 2. Klasse abzufinden.
Was aber soll aus Israel selbst werden – einem Staat, der 62 % seiner Einnahmen in die Rüstung steckt? Auch dort muß Frieden herrschen! Es kann aber nur als säkularer Staat zwischen Jordan und Mittelmeer sicher sein, wenn alle Völker der Region die gleichen Rechte besitzen. Dazu aber müssen die beteiligten Politiker im Sinne der Worte Indira Ghandis handeln: „Mit geballten Fäusten kann man keine Hände schütteln.“
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