RotFuchs 223 – August 2016

Patrik Köbele (DKP): Büchel steht für Krieg!

RotFuchs-Redaktion

Aktionen wie die 20-Wochen-Kampagne gegen die Atomwaffen hier in Büchel sind wichtig. Es war gut, daß wir unseren Teil dazu beigetragen haben, denn: Es ist Krieg.

Es ist Krieg in Syrien. Vorhandene Konflikte wurden von den USA, der EU und allen voran von der NATO, dem Bündnis der Kriegstreiber und Imperialisten, instrumentalisiert, um eine unliebsame, weil nicht nach der Pfeife des Westens tanzende Regierung zu stürzen. Zehntausende Tote, Hundertausende auf der Flucht – das ist den Imperialisten egal. Dabei Tornados und Soldaten aus Deutschland, genauer aus Büchel.

Es ist Krieg in der Ukraine. NATO und EU wollten im Südosten an die Grenze Rußlands vorrücken, denn einen aufstrebenden Konkurrenten im Osten können sie nicht dulden. Also: umzingeln, Montenegro in die NATO, Raketen nach Polen und Deutsche als Speerspitze nach vorne. Die reißen sich drum, zu zeigen, was man kann, und daß man wieder wer ist – auch mit Militär und Krieg.

Es ist Krieg in Idomeni. Zehntausende im Schlamm, geflohen vor den Kriegen, die die NATO, die Imperialisten angezettelt haben. Flüchtende werden an den Grenzen der EU, an der Grenze der Türkei gestoppt, in Lager gepfercht, ersaufen im Mittelmeer. In Idomeni – eine Regierung, die für viele Hoffnungsträger war, läßt sie räumen, weg von der Grenze, ins Hinterland, weg von jeglicher Chance, denn auch in Griechenland ist Krieg. Ein Krieg, dessen Siegeserklärung ist, wenn die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfonds erklären: „Die griechische Regierung hat hart gearbeitet.“ Ein Krieg, der Menschen die Perspektive, das Gesundheitswesen, die Altersvorsorge nimmt. Die „Tagesschau“ meldet euphorisch, die griechische Regierung habe „profitable Staatsbetriebe privatisiert“ – eine neue Form der Kriegsberichterstattung.

Es ist Krieg in Libyen. Gaddafi war auch mal Freund, als er widersprüchlich war in der Auseinandersetzung zwischen dem Warschauer Vertrag und der NATO. Verlaß Dich nicht auf Deine Freunde in der herrschenden Klasse der führenden Imperialisten – das sage ich auch immer wieder zu Sozialdemokraten, alten und neuen. Auch in Libyen wurde ein Bürgerkrieg inszeniert. Das Ergebnis: der Staat zerstört, das Erdöl in der Hand des Westens.

Es ist Krieg in Mali – und nichts hat das Engagement der Bundeswehr mit Frieden zu tun.

Es ist Krieg in Brasilien, ein Krieg der herrschenden Klasse gegen einen inkonsequenten Versuch des Ausbruchs.

Es ist Krieg in Venezuela – der kapitalistische Weltmarkt und die Kapitalistenfreunde der OPEC legen die Schlinge des Ölpreises um den Hals des Volkes.

Demonstration am Luftwaffenstützpunkt Büchel, auf dem US-amerikanische Atomwaffen stationiert sind

Demonstration am Luftwaffenstützpunkt Büchel, auf dem US-amerikanische Atomwaffen stationiert sind

Unser Land – es sollte unser Land sein, ist es aber nicht – führt Krieg in mindestens 16 Ländern. Begonnen hat alles mit einer Lüge als Begründung des völkerrechtswidrigen Überfalls auf Jugoslawien – vergeßt es nicht: beschlossen von CDU, FDP, SPD und Grünen.

Und auch in unserem Land herrscht Krieg. Die Ergebnisse sind Armut, Umverteilung zugunsten der Reichen, der Konzerne und Banken. Die Waffen sind Arbeitslosigkeit, das Hartz-System, Leiharbeit, Werkverträge, Wohnungsknappheit, Verschuldung der Kommunen, Privatisierung.

In unserem Land herrscht Krieg. Menschen, die vor Kriegen fliehen, an denen auch in unserem Land Konzerne verdienen, werden empfangen von Faschisten, die Heime anzünden,  von Reaktionären und Konzernen, die spalten und Menschen gegeneinander ausspielen wollen.

Sie wollen, daß wir uns prügeln um die Arbeit, daß wir sagen: „Ich mach’s auch unter dem Mindestlohn.“ Sie wollen, daß wir sagen: „Gib mir die Klausel zur Tariföffnung, ich will doch den Standort sichern.“ Sie wollen, daß wir uns um Wohnungen schlagen und daß die Mieten steigen. Sie spekulieren auf die Abwälzung der Lasten auf die Kommunen und darauf, daß wir dann sagen: „Ja, meine Stadt hat ja kein Geld.“

Und alle diese Kriege kosten Geld, aber wenn etwas Geld kostet, dann geht das Geld dorthin, wo daran verdient wird.

Und genau daher kommt es auch, daß wir in unserm Land eine riesige Armut haben, daß bereits vor der neuen Massenflucht in den armen Stadtvierteln meiner Heimatstadt Essen 50 % der Kinder arm und 35 % bei der Schuleingangsuntersuchung nicht gesund waren.

Und die andere Seite der Medaille: Wir haben über eine Million Millionäre, sie besitzen knapp 2,4 Billionen Euro. Das ist eine 2 und dann eine 4 und dann noch 11 Nullen. Zur Vorstellung: Wenn ihr 76 Jahre lang nichts anderes tut, als jede Sekunde einen 100-Euro-Schein zu zählen, dann kommt ihr in diese Größenordnung. Mit Euro-Stücken schafft ihr es wohl nicht, ihr brauchtet über 76 000 Jahre dafür.

Wir haben einen offiziellen Rüstungsetat von weit über 30 Milliarden. Und wir haben eine Kriegsministerin, die für die nächsten 14 Jahre noch 130 Milliarden zusätzlich will, für Panzer (eine Offensivwaffe), für mehr Personal und für mehr Verlockungen …

Und warum stehen wir nun hier in Büchel?

Weil auch hinter uns, hier in diesem Fliegerhorst, der Krieg lauert, Krieg ist. Mindestens 20 Atomwaffen lagern hier, die in der Lage sind, die 520fache Zerstörung von Hiroshima über uns zu bringen. Was für ein technokratischer Unsinn! 520 Mal Hiroshima. Zehntausende sofort tot, anderen brannte die Haut vom Leib, Tausende verstrahlt, die Großstadt zerstört und verstrahlt. Niemand kann sich den Tod und das Leid vorstellen.

Warum stehen wir hier?

In gewissem Sinne kann man sagen, die Kriege kulminieren hier, sie bündeln sich hier.

Büchel steht für den Kriegskurs der USA und der NATO in Richtung Rußland, Büchel steht für dramatische Kriegsgefahr.

Büchel steht für die Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Syrien, an den Auslandseinsätzen, die Ursachen der Flucht sind, die Völkerrecht brechen und die die Interessen deutscher Konzerne tödlich den Menschen überstülpen.

Büchel ist klein, Büchel liegt auf dem Land, und trotzdem steht der Name für Tod und Verderben.

Dieser Tod soll sogar noch modernisiert werden. Modernisierung ist dabei ein Schönreden, denn es geht um eine neue Generation von Atombomben, skalierbar von der Zerstörungskraft, steuerbar im abschließenden Zielanflug und mit der Fähigkeit, ober- oder unterirdisch gezündet zu werden. Kurz, mit wesentlich mehr Optionen für den Einsatz, und das heißt mit einer größeren Wahrscheinlichkeit des Einsatzes. All das, obwohl der Bundestag im März 2010 beschloß, daß alle Parteien für den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland sind. Doch sie verfahren nach dem Motto: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern – hoffentlich erinnert sich keiner dran.

Wir werden sie immer wieder daran erinnern, und deshalb verspreche ich: Wir werden nicht nachlassen, bis Büchel, bis unser Land, bis die Welt frei ist von Atomwaffen.

Wir erinnern daran, wieviel Schulen, Krankenhäuser, Jugendzentren, öffentliche, preiswerte Wohnungen gebaut werden könnten, wenn man den Kriegsetat kürzen, auf die von der Leyensche Hochrüstung verzichten würde. Das machen wir mit unserem Sofortprogramm deutlich. Und wir werden in den nächsten Monaten auch deutlich machen die Profiteure von Kriegen, Armut und Flucht, die Verursacher von Kriegen, Armut und Flucht, sie haben Namen und Adressen. Die werden wir ebenso laut und deutlich nennen.

Und darum auf zur großen Aktion der Friedensbewegung am 8. Oktober!

Aus der Abschlußrede des DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele auf der Kundgebung
vor dem Atomwaffenlager Büchel am 28. Mai 2016