6 Millionen Stimmen für Japans Kommunisten
stärken die Friedenskräfte in Asien
Paukenschlag auf Okinawa
Wie die RF-Leser bereits wissen, hat die Kommunistische Partei Japans (KPJ) bei den Unterhauswahlen im Dezember 2014 einen außergewöhnlichen Erfolg für sich verbuchen können. Mit 6,06 Millionen Stimmen und einem Wähleranteil von 11,7 % gelang es ihr, die Zahl der KPJ-Mandate von 8 auf 21 zu erhöhen. Geradezu triumphal war ihr Abschneiden auf Okinawa, wo sich der KPJ-Direktkandidat Seiken Akamine im Stimmbezirk Nr. 1 klar durchsetzen konnte. Sein Sieg war keineswegs zufällig. Seit Jahrzehnten stehen die Inselbewohner und mit ihnen die KPJ hier in einem erbitterten Kampf gegen die massive militärische Präsenz des Pentagons. Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten, die auf Okinawa bereits mehrere Stützpunkte unterhalten, wollen jetzt für die Spezialeinheiten der U.S. Marines eine neue gigantische Luftwaffenbasis errichten.
Als die großbürgerlich-rechtskonservative Regierung des derzeitigen Tokioter Premiers Shinzo Abe im vergangenen Jahr dem Ansinnen Washingtons entsprach, in Okinawas ökologisch besonders sensibler Henoko-Bucht dieses Projekt zu verwirklichen, brach unter den Inselbewohnern ein Sturm der Entrüstung los. Die auflagenstarke japanische Morgenzeitung „Asahi Shimbun“ kommentierte die Gründe für den Wahlausgang bereits in ihrer Schlagzeile: „LDP (gemeint ist die regierende Liberal-Demokratische Partei Abes – RF) erleidet vernichtende Niederlage auf Okinawa – ein Schlag für die Stützpunktanhänger.“ In einem ersten redaktionellen Kommentar schrieb das großbürgerliche Blatt: „Die Kandidaten der Opposition gewannen alle vier Direktmandate. Das ist ein Symptom für die wachsende Frustration der Wähler über die geplante Verlegung des Luftwaffenstützpunktes der U.S. Marines von Futema nach Henoko auf Okinawa. Einer der vier Gewinner von Direktmandaten war der kommunistische Bewerber.“
Hier bedarf es eines Wortes der Erklärung: Das japanische Wahlsystem stellt eine Kombination aus proportionaler Sitzverteilung nach der Anzahl der abgegebenen Stimmen und sogenannten Einzelstimmbezirken dar. Dort fällt der Sitz automatisch an die vorne liegende Partei, während das Votum für alle anderen Bewerber keine Berücksichtigung findet. Dieser Modus sicherte der regierenden LDP bisher automatisch eine stabile Mehrheit im Unterhaus. Seiken Akamine vermochte diesen Teufelskreis als erster KPJ-Bewerber seit 1996 zu durchbrechen.
Schon 2014 hatten Okinawas Wähler ihrem Unmut über die geplante Verlegung der amerikanischen Superbasis nach Henoko dadurch Ausdruck verliehen, daß sie mit Takeshi Onaga einen entschiedenen Gegner der Stützpunkt-errichtung auf den Posten des Gouverneurs ihrer Präfektur beriefen. Jetzt berichtete „Ryuku Shimpo“, Okinawas auflagenstärkste Zeitung, der kommunistische Kandidat habe diesmal die Unterstützung der Kräfte jener zwei Parteien erhalten, die seinerzeit Onagas Wahl abgesichert hatten. Ein breites Spektrum aus anderen Oppositionsparteien und zahlreichen Unabhängigen habe dem Bewerber der KPJ den notwendigen elektoralen Rückhalt verliehen. Selbst aus dem zentristischen und konservativen Lager seien ihm wegen seiner konsequenten Haltung gegenüber Washington und Tokio höchst ungewöhnlicherweise Stimmen zugeflossen.
Schon zu Jahresbeginn 2014 war in der Stadt Nago, in deren unmittelbarer Nähe der zur Debatte stehende Stützpunkt eingerichtet werden soll, der parteilose Gegner des Vorhabens Inamine Susumu mit deutlichem Vorsprung als Bürgermeister wiedergewählt worden. Auf einer Rundreise durch die Vereinigten Staaten forderte der Kommunalpolitiker wenige Monate später, Washington solle sein Vorhaben aufgeben. Japans Regierende, ließ er wissen, handelten mit ihrer Förderung des Pentagon-Projekts gegen den erklärten Willen der Bevölkerung. Wörtlich erklärte Susumu: „Die Okinawaer werden nicht nur von den US-Streitkräften kontrolliert, sondern auch durch Tokio unfair behandelt.“ Sie kämen sich vor, als sollten sie kolonisiert werden.
Die KPJ stellte die Forderung nach einem „stützpunktfreien Okinawa“ bewußt in den Mittelpunkt ihrer jüngsten Wahlkampagne. Sie attackierte zugleich die Remilitarisierungspläne des Tokioter Kabinetts und die von ihr als „Abenomics“ gegeißelte Politik im Interesse des Big Business. Angesichts des erst drei Jahre zurückliegenden Super-GAUs von Fukushima wandte sich die KPJ zugleich auch gegen die Nutzung der Kernenergie.
Dieser Kurs der Kommunisten brachte ihrer Partei auf Anhieb Millionen neue Wählerstimmen ein. Obwohl auf die Liste der LDP nur noch 33 % des Votums entfielen, behielt Abes Partei dank des zuvor geschilderten Wahlsystems die Kontrolle über das Unterhaus.
Im vergangenen Dezember bestätigte das Tokioter Kabinett ein Rekord-Rüstungsbudget von 42 Milliarden Dollar, die auch für den Ankauf von Stealth-Kampfmaschinen aus den USA bestimmt sind. Andererseits wurden die Ausgaben für soziale Zwecke weiter gekürzt und die „Konsumsteuer“ angehoben.
Vor dem Hintergrund des hier dargestellten Geschehens ist wohl auch die Japan-Reise der Bundeskanzlerin im März zu bewerten. Sie fand zu einer Zeit statt, in der sich der Ausbau militärischer Zusammenarbeit zwischen Berlin und Tokio wie in „alten Tagen“ schnell entwickelt. Kriegsschiffe beider Staaten haben am Horn von Afrika bereits gemeinsame taktische Manöver durchgeführt. Auch Heer und Luftwaffe der BRD strecken Nippon ihre Fühler entgegen. Regierungsberater haben der Kanzlerin bereits 2013 empfohlen, „sich an der politisch-militärischen Neuausrichtung der USA nach Asien zu beteiligen“. Wie das Internet-Portal „German Foreign Policy“ hierzu feststellte, handelt es sich um „die Stärkung westlicher Positionen im Umfeld der Volksrepublik China, die machtpolitisch zurückgedrängt werden soll“.
Vor diesem Hintergrund ist der Wahlerfolg der japanischen Kommunisten ein ermutigendes Signal.
RF, gestützt auf „People‘s World“, New York
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