RotFuchs 188 – September 2013

Die Welt der „Raffkes“, auch Kapitalismus genannt

Peter Hartz im „KAZ“-Porträt

RotFuchs-Redaktion

Der als Rettungsanker ausgegebene Generalangriff auf den Lebensstandard der ärmsten Bevölkerungsschichten der BRD wurde vom deutschen Großkapital mit Hilfe der Schröder-Fischer-Regierung aus SPD und Grünen vor Jahren eingeleitet. Er ist mit dem Namen eines Vorbestraften verbunden: Peter Hartz. Nach ihm heißen die Instrumente zur sozialen Demontage Hartz I bis IV.

Die in Nürnberg erscheinende „Kommunistische Arbeiterzeitung“ – eine anspruchs- und niveauvolle Publikation – stellte ihren Lesern jetzt Peter Hartz, das Idol der einen und den Schrecken der anderen, anhand seiner lückenlosen Biographie maßstabsgerecht vor. Hier der Wortlaut:

1941:
geboren in St. Ingbert, Saarland. Vater Hüttenarbeiter, Realschule, Mittlere Reife

1959:
Ausbildung zum Industriekaufmann in einer Maschinenbaufirma, 2. Bildungsweg, Bundeswehr

1965:
Studium der Betriebswirtschaft in Saarbrücken

1969:
Leitende Funktion bei der französischen Firmengruppe Pont-a-Mousson S. A.

1976:
Arbeitsdirektor der Röchling-Burbach Weiterverarbeitung GmbH, Völklingen

1979:
Arbeitsdirektor der Dillinger Hüttenwerke AG

1986:
Arbeitsdirektor der Saarstahl AG

1989:
Arbeitsdirektor der DHS-Dillinger Hütte Saarstahl AG
Personalvorstand Volkswagen AG, wird bekannt für unkonventionelle Lösungen im Personalmanagement in Kooperation mit dem Betriebsrat
Einführung der 4-Tage-Woche bei VW
Ehrendoktorwürde

2002:
Im März Berufung an die Spitze der Kommission zur Reform der Bundesanstalt für Arbeit und des Arbeitsmarktes durch Bundeskanzler Schröder

2002:
Die nach Hartz benannte Regierungskommission stellt im August die Vorschläge zur „Radikal-Kur gegen Arbeitslosigkeit“ vor.
Hartz erhält das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. 2002/5
Vier Gesetze (Hartz I–IV) werden nach ihm benannt.
Im Oktober billigt der Bundestag die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) sowie den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Hartz III).
Ehrenprofessorwürde
Hartz gerät in die Schlagzeilen im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre bei VW.

2005:
Im August Rücktritt als Personalvorstand der VW AG
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Oktober wegen Bestechung des Betriebsrats
Im Juli Gründung des Consulting-Büros „Professor Dr. h. c. Peter Hartz GmbH & Co“
Im Januar Verurteilung wegen Bestechung von Betriebsratsmitgliedern („VW-Schmiergeldaffäre“)
Daraufhin Rückgabe des Bundesverdienstkreuzes

Peter Hartz ist heute noch Mitglied der SPD und der IG Metall.

Mit der Einführung der 28-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich 1994 bei VW hat er Erpressung und Opfer der Belegschaften für den Profit salonfähig gemacht. Auch in Südafrika wurden Arbeiter Opfer eines Hartz- Projekts:

Im größten Autowerk Afrikas, dem VW-Werk im südafrikanischen Uitenhage, wurden im Februar 2000 wegen eines Massenstreiks 1287 Beschäftigte entlassen. Peter Hartz begründete in seiner Hauptverantwortung für die Konzern-Personalpolitik diese Maßnahme damit, daß der Streik illegal gewesen sei. Die Beschäftigten wurden trotz Schlichterspruch nicht wieder eingestellt. Diese Entlassungen hatte Hartz in Südafrika mit Unterstützung des damaligen VW-Betriebsratsmitglieds und Generalsekretärs des Welt-Konzernbetriebsrates Hans-Jürgen Uhl gnadenlos durchgesetzt.

Nicht nur mit der Peitsche, auch mit Zuckerbrot führte er seine Politik „verantwortungsvoll für seinen Konzern“ durch: Probleme wie in Südafrika sollten an der Heimatfront nicht passieren. „Sein“ Konzern-Betriebsratsvorsitzender, Klaus Volkert, auch ein altgedienter Sozialpartner und Parteifreund, erhielt von ihm zwischen 1995 und 2005 nicht nur legal Gehalt und Privilegien eines Mitglieds der Konzerngeschäftsleitung, sondern, wie im Korruptionsprozeß nachgewiesen, außerdem illegale Zuwendungen, persönlich und für seine Geliebte, von insgesamt ca. zwei Millionen Euro. Das Landgericht Braunschweig verhängte am 25. Januar 2007 wegen Untreue und Begünstigung des VW-Betriebsratschefs eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 1600 € (insgesamt also 576 000 €). Peter Hartz gilt damit als vorbestraft. Gegen seinen Vorgesetzten, den VW-Chef, Großaktionär und Porsche-Erben Ferdinand Piech, wurde keine Anklage erhoben. Gegen den bestochenen Betriebsratschef Klaus Volkert erging Haftbefehl. Er wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt, nicht zur Bewährung ausgesetzt.