RotFuchs 187 – August 2013

Briefmarken offenbaren den Charakter eines Staates

Philatelistische Visitenkarte der DDR (3)

Rainer Albert

Im Gegensatz zur Politik des nach der Niederlage von 1945 im Westen wiederauferstandenen deutschen Staates, zu dessen Insignien die arrogante Bevormundung anderer Nationen und rücksichtsloses Herumtrampeln auf deren souveränen Rechten gehört, verfolgte die DDR einen absolut konträren Kurs. Sie verband die Wahrnehmung legitimer eigener Interessen mit profundem und niemals erkaltendem Internationalismus gegenüber ihren Bruderländern aus RGW und Warschauer Vertrag, jungen Nationalstaaten mit nichtkapitalistischer Orientierung, antikolonialen Befreiungsbewegungen und Opfern imperialistischer Kriege oder repressiver Gewalt sowie mit der revolutionären Arbeiterbewegung aller Länder. Diese zutiefst humanistische Haltung beruhte auf der schon 1848 von Marx und Engels im Kommunistischen Manifest formulierten Generallinie einer künftigen Weltbewegung, die dem bürgerlichen Nationalismus sowie seiner extremen Ausprägung in Gestalt des Chauvinismus und Rassismus kompromißlos den Kampf anzusagen bereit ist.

Auch unter diesem Aspekt war die philatelistische Visitenkarte der DDR sauber und gegenüber jedermann vorweisbar. Zahlreiche ihrer Briefmarken-Editionen sind vom Geist der Völkerfreundschaft geprägt. Breiten Raum nahm die Solidarität mit Kuba und dem von den USA brutal überfallenen vietnamesischen Volk, dem von der CIA erdrosselten Chile Salvador Allendes, den vom südafrikanischen Apartheidregime Drangsalierten, gegen den portugiesischen Kolonialismus in Afrika Aufbegehrenden, dem palästinensischen Volk, den sandinistischen Kämpfern des sich befreienden Nikaragua und dem anderen Amerika Paul Robesons ein, um nur einige Motive zu erwähnen.

Etliche Briefmarkenserien der DDR bezogen sich nicht auf konkrete Schauplätze des antiimperialistisch-antikolonialen Kampfes und der Abwehr von Überfällen und Aggressionen, sondern dienten durch ihren zum normalen Posttarif erhobenen Aufschlag der Sammlung von Mitteln für Zwecke der internationalen Solidarität.

Die DDR blieb dieser Mission bis zur letzten Minute ihrer Existenz als sozialistischer deutscher Staat treu, da jene Pseudo-DDR, welche sich nach den unter massiver Einmischung bundesdeutscher Parteien abgehaltenen Wahlen vom 18. März 1990 bis zur Annexion durch die BRD etablierte, hier natürlich auszuklammern ist.

Noch am 5. September 1989 brachte das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR eine Solidaritätsmarke für Zwecke der UNICEF heraus, der vom Hunger gezeichnete Kinder der Dritten Welt als Motiv hatte.