Portugals Kommunisten „gezähmt“?
Mühsam geht es voran mit der Politik der kleinen Schritte. Ein Jahr nach dem Antritt der von drei Linksparteien tolerierten Regierung des Sozialisten Antonio Costa haben Portugals Kommunisten eine überwiegend positive Bilanz dieser neuen Etappe in der Politik des Landes gezogen. Anfang Dezember vergangenen Jahres kamen 1300 Delegierte im Sportkomplex der Lissabonner Vorstadt Almada unter der Losung „Mit den Arbeitenden und mit dem Volk. Demokratie und Sozialismus“ zum 20. Nationalen Kongreß der PCP zusammen, um den weiteren Kurs der Partei abzustecken und deren Führungsgremien neu zu wählen. Dabei hatten sie bereits die im kommenden Herbst anstehenden landesweiten Kommunalwahlen im Blick.
Das Fazit steht für eine Trendwende: Auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen mit den Sozialisten sei es möglich gewesen, soziale Rechte wiedereinzuführen, die Einkommen zu erhöhen und einige der dringendsten Probleme des Landes anzugehen. Zugleich stellt die politische Erklärung des Parteitages fest, daß die jüngsten Entwicklungen deutlich machten, daß eine „fundierte und den nationalen Problemen entsprechende Politik“ mit der „Unterordnung unter Auflagen der Europäischen Union“ nicht zu versöhnen sei. Die PCP betonte in Almada einmal mehr ihre ideologische Eigenständigkeit und hob grundsätzliche Unterschiede zum politischen Projekt der PS-Regierung hervor.
Das Costa-Kabinett war mit dem Versprechen angetreten, die von den nach der Pfeife der „Troika“ tanzenden Vorgängern praktizierte Politik des sozialen Kahlschlags zu beenden. Auch nachdem das krisengeschüttelte Land längst aus der Obhut der „Institutionen“ entlassen ist, steckt es langfristig weiter in der Brüsseler und Berliner Zange. Zwar hat die EU-Kommission von möglichen hohen Strafen gegen Portugal wegen verfehlter Haushaltsverpflichtungen erst einmal abgesehen. Lissabon hat im Gegenzug neue Sparmaßnahmen versprochen. Auch die Strukturfonds werden entgegen den Wünschen des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble nicht als Disziplinierungsmittel mißbraucht. Angesichts des „Brexits“ und der Lage in Italien nach der abgelehnten „Politikreform“ will die EU-Kommission gerade kein neues Öl verschütten. Allerdings werden die Verfahren gegen Defizitsünder weiter in der Schwebe gehalten.
Die PCP bekräftigte in den Referaten und in der Resolution des Kongresses eine Reihe aktueller Forderungen wie zum Beispiel nach einer Erhöhung der Renten und der Aufhebung der Beförderungssperre im öffentlichen Dienst. Noch für dieses Jahr verlangt die Partei eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 600 Euro. Die Proteste der Staatsbediensteten, die zur 35-Stunden-Woche zurückkehren wollen, werden von ihr unterstützt. Zugleich fordert sie bereits für das kommende Jahr deren Ausweitung auf den Privatsektor. Die PS mauert. Eine der strategischen Differenzen zu den Sozialisten tritt in der Frage der Schuldenpolitik zutage. Die Kommunisten wollen nicht nur eine komplette Neuverhandlung der Schulden, sondern auch, daß sich Portugal auf ein Verlassen der Einheitswährung strategisch vorbereitet.
Das neue Zentralkomitee der portugiesischen Kommunisten wählte erneut den seit zwölf Jahren an der Spitze der Partei stehenden Jerónimo de Sousa zu seinem Generalsekretär. Der gelernte Metallarbeiter hat sich als ebenso prinzipientreuer wie flexibler Bewahrer der Identität der heute etwa 54 000 Mitglieder zählenden Partei ausgezeichnet. „Im vollen Bewußtsein der Widersprüche und Herausforderungen“, welche die historische neue politische Konstellation mit sich bringe, tritt er der These entgegen, daß Portugals KP nun „gezähmt“ sei.
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