RotFuchs 199 – August 2014

Der Marxismus ist leicht zu begreifen – erkundige dich nach ihm!

Rosa Luxemburg zur Mehrwerttheorie

Dr. oec. Werner Kulitzscher

„Wie jede andere Ware hat auch die Ware Arbeitskraft (AK) ihren bestimmten Wert. Der Wert jeder Ware wird, wie wir wissen, durch die Menge Arbeit bestimmt, die zu ihrer Herstellung erforderlich ist. … Der Wert der AK wird also dargestellt durch die Menge Arbeit, die zur Herstellung der Lebensmittel u. a. für den Arbeiter nötig ist. … (Lebensmittel muß man hier im erweiterten Sinne verstehen, also auch Wohnen, Kleidung, Kultur, Kindererziehung und sonstiger Aufwand – W. K.) Der Geldausdruck, d. h. der Preis der Ware Arbeitskraft, heißt Lohn … Jede Ware wird gekauft wegen des Nutzens, den sie im Gebrauch bringen kann. Würde die menschliche AK keinen anderen Gebrauch für den Käufer zulassen (als nur den Wert ihrer eigenen Erhaltung – W. K.), dann hätte sie für den Käufer keinen Nutzen und könnte nicht als Ware auf dem Markt erscheinen. Die Ware AK muß also im Gebrauch, d. h. bei der Arbeit, nicht bloß ihren eigenen Preis, d. h. den Lohn ersetzen können, sondern darüber hinaus noch Mehrarbeit für den Käufer liefern …

Allein der moderne Unternehmer hat die angenehme Eigenschaft der menschlichen Arbeitskraft nicht als erster entdeckt … Die Sklaverei im Altertum wie das Fronverhältnis und die Leibeigenschaft im Mittelalter beruhen beide auf der bereits erreichten Produktivität, d. h. der Fähigkeit der menschlichen Arbeit, mehr als einen Menschen zu erhalten. Beide sind auch bloß verschiedene Formen, in denen eine Klasse der Gesellschaft sich diese Produktivität zunutze machte, indem sie sich von der anderen Klasse erhalten ließ. In diesem Sinne sind der antike Sklave wie der mittelalterliche Leibeigene direkte Vorfahren des heutigen Lohnarbeiters. Aber weder im Altertum noch im Mittelalter wurde die AK trotz ihrer Produktivität und trotz ihrer Ausbeutung zur Ware.“

Rosa Luxemburg begründet im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen, daß erst die Trennung der kleinen Warenproduzenten von ihren Produktionsmitteln und ihre juristische Loslösung vom Lohnherren endlich zum „freien“ Lohnarbeiter führten, der nichts mehr zu verkaufen hatte als seine Arbeitskraft. Diese kann nun vom Besitzer der Produktionsmittel, dem Kapitalisten, zum Zweck der Mehrwert-Gewinnung (Ausbeutung) genutzt werden.

Zusammengestellt und knapp kommentiert von Dr. Werner Kulitzscher, Berlin.