RotFuchs 216 – Januar 2016

Schreckensbotschaften aus Mexiko

RotFuchs-Redaktion

Während von 43 Leherstudenten aus Ayotzinapa, die am 26. September 2014 in Iguala Busse für ihre Fahrt zu einer Demonstration in Mexiko-Stadt chartern wollten, weiterhin jede Spur fehlt, erreichen uns aus dem großen lateinamerikanischen Land neue Hiobsbotschaften. Einige der schlimmsten kommen aus Veracruz. Was hat sich dort zugetragen?

„Kein einziger Toter mehr!
Wir alle sind Ayotzinapa.“

In der malerischen Region, die zum Schauplatz grausiger Gewalttaten wurde, widmen sich indigene Totonaca-Bauern seit etlichen Generationen dem Vanilleanbau. Jetzt sollen sie mit Rückhalt der einstmals progressiven, seit langem aber rechtsgerichteten Revolutionären Institutionellen Partei (PRI), die Mexiko regiert, auf Landraub ausgehenden Ranchern weichen. Die ihr in Gemeinbesitz befindliches und individuell kultiviertes Land verteidigenden Vanille-Farmer haben eine Selbstschutzbewegung ins Leben gerufen, um der geplanten Vertreibung Widerstand entgegensetzen zu können. Dabei werden sie in ihrem Konflikt mit dem PRI-Gouverneur des Staates Veracruz, Javier Duarte de Ochoa, auch von fortschrittlichen Journalisten unterstützt. Der verhaßte Statthalter der Mexiko Regierenden ist inzwischen zur Zentralfigur eines politischen Skandals geworden, der in brutalen Verbrechen gipfelte. Eine Reihe linksgerichteter Zeitungsleute ist vermutlich mit seinem Wissen auf grausame Weise umgebracht worden. Mexikos ebenfalls der PRI angehörender Präsident Enrique Peña Nieto zögerte nicht, seinem in Bedrängnis geratenen Parteifreund zu Hilfe zu kommen, war er doch seinerzeit selbst als Gouverneur eines anderen mexikanischen Staates in Skandale verstrickt.

Bei dem Mord, der sich am 31. Juli dieses Jahres im hauptstädtischen Unterbezirk Navarte zutrug, waren ein Reporter und vier zuvor vergewaltigte Frauen einer Wohngemeinschaft gefoltert und anschließend zu Tode gebracht worden. Unter den Opfern befanden sich der Fotojournalist Ruben Espinosa vom linken Magazin „Proceso“ und die Anthropologin Nadia Vera Perez, die 2012 in der Provinz Veracruz der Studentenbewegung gegen einen besonders reaktionären Amtsbewerber starke Impulse verliehen hatte.

Nadia Vera Perez und Ruben Espinosa waren mit Gouverneur Duarte u. a. wegen dessen Drangsalierung indigener Vanille-Erzeuger wiederholt heftig zusammengestoßen. Nadia Vera hatte eine Videobotschaft hinterlassen, mit der sie wissen ließ: Falls mir etwas geschieht, dann führt die Spur zu Duarte.

Wie sich herausstellte, befand sich der Name Ruben Expinosa auf einer Sonderliste des Gouverneurs, seitdem der engagierte Pressefotograf maßgeblich zur Aufklärung des vorangegangenen Mordes an der Journalistin Regina Martinez beigetragen hatte.

Doch noch einmal zurück zu den bereits anfangs erwähnten Geschehnissen in Ayotzinapa. Die 43 jungen Leute von der Bildungseinrichtung „Raúl Isidro Burgos“ sind bis heute unauffindbar geblieben. Bei der Suche nach sterblichen Überresten der Verschollenen entdeckte man bislang unbekannte Massengräber mit insgesamt 100 Opfern in der Gegend von Iguala. Immerhin wird die Gesamtzahl der in Mexiko Vermißten von den Behörden offiziell mit 20 000 angegeben. Und seit der 2006 verkündeten heuchlerischen „Kriegserklärung“ des rechtsgerichteten früheren Präsidenten Felipe Calderon an „Drogenhändler“ büßten in Mexiko etwa 100 000 Menschen so oder so auf gewaltsamem Wege ihr Leben ein.

Allein in Veracruz wurden seit dem Amtsantritt Duartes 15 Journalisten ermordet. Sie hatten es gewagt, den Gouverneur der Korruption und des Zusammenspiels mit der Drogenmafia zu bezichtigen.

Die Kommentatorin Laura Carlsen vom „Programm der Amerikas“ verwies zum wiederholten Male auf die Tatsache, daß Mexikos Sicherheitsdiensten seit 2008 über die sogenannte Merida-Initiative und andere Kanäle ähnlicher Art etwa 3 Mrd. Dollar zugeflossen sind. Offiziell sollten diese Gelder den Behörden des Nachbarstaates der USA bei der Bekämpfung des Drogenanbaus und -handels helfen. Da der mexikanische Staatsapparat aber eng mit den Drogenkartellen verzahnt sei, handele es sich um reine Geldverschwendung.

RF, gestützt auf „People’s World“, New York, und „Global Research“, Kanada