„Schutzhaft“ für
15jährigen Friedenskämpfer
Beim Lesen des Beitrags „Für eine Welt ohne Atomwaffen“ (April-RF) wurde ich daran erinnert, wie ich 1950 als Fünfzehnjähriger in Ost- und Westberlin (es gab zu diesem Zeitpunkt noch keine feste Grenze zwischen beiden Teilen Berlins) Unterschriften für den Stockholmer Appell zur Ächtung der Atomwaffen sammelte.
Im Sommer jenes Jahre war die internationale Situation durch eine forcierte Atomaufrüstung der USA und den Krieg zwischen Südkorea und der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik (Nordkorea), an dem die USA auf seiten Südkoreas und chinesische Freiwilliger in Nordkorea beteiligt waren, gekennzeichnet (1950–1953).
Der Weltfriedensrat verabschiedete 1951 in Stockholm einen Appell zur Ächtung und zum Verbot sämtlicher Atomwaffen. Gemeinsam mit anderen verteilte ich Flugblätter und sammelte Unterschriften für diesen Appell. Bei einer unserer Unternehmungen wurde ich von der Westberliner Stummpolizei (benannt nach dem damaligen Polizeipräsidenten von Westberlin) verhaftet. Man nannte es „Schutzhaft“, ein Begriff, der mir noch von den Nazis geläufig war. Sie verhafteten unter dieser Bezeichnung schon 1933 demokratische Kräfte, Hitler-Gegner, Antifaschisten.
Es begann eine umfassende Verhaftungswelle gegen Atomwaffengegner. Davon betroffen waren u. a. solch bekannte Persönlichkeiten wie der Naturwissenschaftler Robert Havemann, der wegen seines antifaschistischen Widerstands von den Nazis zum Tode verurteilt worden war, oder der große Schauspieler, Regisseur und ehemalige KZ-Häftling Wolfgang Langhoff.
Ich selbst wurde 24 Stunden im Westberliner Polizeipräsidium in der Friesenstraße festgehalten. Man scherte sich nicht um die große Protestwelle, die nach diesen Verhaftungen einsetzte.
Mit den uns bewachenden Polizisten diskutierten wir über den Inhalt des Stockholmer Appells, vor allem, wie notwendig es sei, diese verheerenden Massenvernichtungswaffen zu verbieten und zu vernichten. Als mir zwei Beamte in der von mir im Haftraum mit ihnen geführten Diskussion sagten, daß sie auch gegen diese Waffen seien, zog ich ein Exemplar des Aufrufes aus meinem Kniestrumpf, wo ich ihn versteckt hatte, und bat sie, ihre Unterschrift unter den Appell zu setzen. Das jedoch lehnten sie ab, da sie Angst hatten, dadurch ihre Stellung zu verlieren.
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