Wie „Totenköpfe“ der SS unter BRD-Obhut
ihr Leben genießen konnten
Schutzpatrone in Pullach
Zu den berüchtigsten Formationen der SS gehörten die überwiegend aus Westukrainern bestehende Division Galizien und die zunächst ebenfalls im Osten wütende Division „Das Reich“. Auch sie war durch Kollaborateure verstärkt worden. Sie stand unter dem Kommando von SS-Obergruppenführer Heinz Bernhard Lammerding. Der aus den frühen Totenkopfverbänden der Hitlerfaschisten, die als erste das infame Symbol der Schwarzberockten eingeführt hatten, hervorgegangene Gründer der SS-Ingenieurschule war ein persönlicher Freund des Reichsführers SS Heinrich Himmler. Lammerding befehligte seine Division bei unzähligen Massakern „an der Ostfront“, vor allem im Raum von Kursk und in der Ukraine. Nach der Landung der Westalliierten in der Normandie wurde sie nach Frankreich verlegt. Die Auslöschung der zum Symbol gewordenen Ortschaft Oradour sur Glâne war eine willkürliche „Vergeltungsaktion“ von Angehörigen der SS-Division „Das Reich“. Die Mörder trieben sämtliche Frauen, Männer und Kinder in der Kirche des Ortes zusammen, steckten diese in Brand und nahmen sie zusätzlich unter Feuer.
Lammerding starb 1971 in der BRD als freier Mann. Der mörderische Geist seiner Division aber lebt weiter. Sie wurde zum Idol der heutigen ukrainischen Faschisten, die indirekt dadurch regierungsbeteiligt sind, daß sie von der in aller Eile geschaffenen Partei des „Ministerpräsidenten“ Jazenjuk mit offenen Armen empfangen und weitgehend aufgesogen wurden. Tjagnibok, der Anführer ihrer mit Stolz die Wolfsangel der SS-Division „Das Reich“ zur Schau stellenden Hauptformation „Swoboda“, war im Frühjahr 2014 übrigens von Außenminister Steinmeier empfangen worden.
Nicht nur SS-General Lammerding, sondern auch ein anderer Massenmörder aus Himmlers Stall vermochte sich auf Jahrzehnte der Strafverfolgung zu entziehen, bis ihn Frankreichs Justiz am Ende doch noch richtete: der einstige Gestapo-Chef von Lyon Klaus Barbie.
Ein junger Historiker, Dr. Peter Hammerschmidt, der 2014 eine vielbeachtete Dissertation über den „Schlächter von Lyon“ vorgelegt hatte, gewährte der „Lüneburger Zeitung“ ein aufschlußreiches Interview mit von hoher Sachkenntnis geprägten Aussagen. Hier der Extrakt:
Klaus Barbie arbeitete etliche Jahre in Bolivien, wohin ihm die Flucht ermöglicht worden war, für den amerikanischen Geheimdienst CIC und für den westdeutschen BND. Teil eines Kreises auf das schwerste belasteter Alt-Nazis, tarnte man ihn als Waffenhändler. Dr. Hammerschmidt stellte sachlich fest: „Auch vor dem Hintergrund aktueller Kritik an Geheimdiensten für ihre Rekrutierungspraxis von Informanten bleibt der Fall Barbie ein erschreckendes Lehrstück.“
Pullach habe seinerzeit auf „zu schützenden Persönlichkeitsrechten Dritter und der Gefährdung internationaler Beziehungen im Falle der Aktenöffnung“ bestanden. So blieb der Fall Barbie Verschlußsache des Bonner Auslandsgeheimdienstes. Mehr als das: Ein überführter Genozid-Verbrecher fand höchst legale Weiterverwendung, wenn auch unter dem BND-Tarnnamen Klaus Hartmann. Das „Exportunternehmen“ MEREX, für das Barbie wie andere Altfaschisten arbeitete, war eine Firma des BND. Mitte der 60er Jahre veräußerte sie in Kooperation mit dem Bundesverteidigungsministerium überzähliges Kriegsmaterial aus Bundeswehrbeständen in Spannungsgebiete des Nahen Ostens und politisch labile Regionen Lateinamerikas. Eine Kette eklatanter Völkerrechtsbrüche!
Barbie befand sich bei alldem in „bester Gesellschaft“: So fungierte z. B. Hans-Ulrich Rudel – einer der höchstdekorierten Kampfflieger Hitlers und eine Nazi-Ikone – als MEREX-Repräsentant im Paraguay des Faschisten Stroessner, während Barbie den gleichen Status im Bolivien des gleichgearteten Diktators Banzer einnahm. Der wehrte französische Auslieferungsersuchen entschieden ab. Noch 1979 beschrieb Barbie in einem „Stern“-Interview emphatisch seine Vision vom „kommenden 4. Reich“.
Doch die Blütenträume des „Henkers von Lyon“ reiften nicht: 1987 wurde er von einer anderen Regierung in La Paz an Frankreich überstellt. In jener Stadt, in der er unzählige Menschen auf dem Gewissen hatte, verurteilte ihn ein Gericht zu lebenslanger Haft.
Die letzte Frage des Interviewers der „LZ“ an Dr. Hammerschmidt lautete: „In Washington wurde der Kalte Krieg als ‚Spiel ohne Regeln‘ angesehen. Mußten sich Alt-Nazis, die zuvor von Hitler und Himmler außerhalb des Rechts und der Menschlichkeit gestellt worden waren, hier nicht perfekt aufgehoben fühlen?“
Der Historiker begann seine exakte Auskunft mit dem Satz: „Das unterstreichen mehrere CIC-Unterlagen …“
RF, gestützt auf „Lüneburger Zeitung“
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