RotFuchs 222 – Juli 2016

Stimmen aus aller Welt über die DDR
(Folge 1)

RotFuchs-Redaktion

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandpresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen werden wir in den nächsten Monaten einige dieser Äußerungen veröffentlichen – Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt – und für uns – war.

Romesh Chandra

Romesh Chandra

Generalsekretär (von 1966 bis 1977) und
Präsident des Weltfriedensrates (von 1977 bis 1990)

Der Weltfriedensrat und die in ihm vertretenen nationalen Organisationen aus mehr als 130 Staaten aller Kontinente sind besonders glücklich darüber, daß wir im Jahre 1979 den 30. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und gleichzeitig des ersten Weltfriedens­kongres­ses, der 1949 in Paris und Prag stattfand, begehen können.

Die Deutsche Demokratische Republik, der erste Friedensstaat auf deutschem Boden, und der Weltfriedensrat haben sich gleichzeitig entwickelt, Seite an Seite und Schulter an Schulter.

Im Jahre 1979, da hervorragende Diplomaten der DDR ihr Land in sämtlichen internationalen Gremien vertreten, wo sich die Stimme der DDR auf allen internationalen Foren Gehör verschafft, kann man sich kaum vorstellen, daß es eine Zeit gab, in der man mit Hilfe der verschiedensten Manöver und Intrigen versuchte, dieses Land zu demütigen.

Heute erinnern wir uns der gewaltigen Kampagnen seitens des Weltfriedensrates und nationaler Friedensbewegungen in allen Teilen der Welt, mit denen die Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik gefordert wurde – zu einer Zeit, da die Kräfte des Imperialismus und der Reaktion mit allen Mitteln versuchten, der DDR ihren rechtmäßigen Platz in der UNO und innerhalb der Gemeinschaft der Staaten insgesamt vorzuenthalten.

Wir erinnern uns der unaufhörlichen und uneingeschränkten Unterstützung des Weltfriedensrates durch die Deutsche Demokratische Republik. Sie und ihr Friedensrat waren Gastgeber für einige der bedeutsamsten Konferenzen, Seminare und anderen Veranstaltungen, die vom Friedensrat einberufen wurden. Jedesmal, wenn die Weltfriedensbewegung Beratungen in der DDR durchführte, schöpften die Teilnehmer daraus neue Kraft und neuen Mut für ihre Arbeit. Jegliche Aktion des Weltfriedensrates fand die überwältigende Unterstützung bei der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik.

Das Wirken des Friedensrates der DDR, der zu den Vorkämpfern der Weltfriedensbewegung gehört, wurde stets von so hervorragenden Persönlichkeiten bestimmt wie Professor Albert Norden und Professor Dr. Günther Drefahl.

Heute erinnern wir uns an den Tag, an dem wir die Ehre hatten, dem Genossen Erich Honecker die höchste Auszeichnung des Weltfriedensrates, die Joliot-Curie-Medaille, zu verleihen. Damit zollten die vielen Millionen Verfechter des Friedens ihm persönlich für die Unterstützung der Arbeit des Weltfriedensrates sowie der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der Regierung und dem Volk der DDR den Dank und die Anerkennung für ihr hingebungsvolles und aufopferndes Eintreten  bei der Verteidigung  und  Errichtung des Friedens.

Tullia Carettoni Romagnoli

Tullia Carettoni Romagnoli

1979 Vizepräsidentin des Senats der Republik Italien,
Präsidentin der Gesellschaft Italien-DDR

Ein Staat ist sehr jung, wenn er dreißig Jahre alt ist. Dreißig Jahre sind jedoch auch eine lange Zeit, weil sie beweisen, daß dieser Staat nicht aus einem historischen Irrtum geboren, sondern mit konkreter Bedeutung gegründet wurde, die sich – wenn man so sagen darf – zu einem konkreten Gebilde gewandelt hat, das einen klar umrissenen politischen und territorialen Raum einnimmt und sich von den anderen Ländern durch seine unverwechselbaren nationalen Besonderheiten der Politik, Kultur und Entwicklung der Menschen unterscheidet.

Wer die Entwicklung der DDR seit ihrer Gründung verfolgt hat, kann durchaus von einem Wunder sprechen. Die junge Republik – entstanden aus den Trümmern des Krieges auf einem Territorium, das, verglichen mit anderen deutschen Gebieten, relativ schwach oder gar unterentwickelt war und keine bedeutenden Rohstoffvorkommen besaß, eine Grenzzone, die stärker als andere dem kalten Krieg ausgesetzt und Zielscheibe unerträglicher Provokationen war – hat unermeßliche Schwierigkeiten und Mißtrauen überwunden. Sie hat den Kampf um ihre Glaubwürdigkeit siegreich bestanden und ist heute von Freunden wie Feinden als unumkehrbare Realität anerkannt. Eine Realität mit ausgeprägten Merkmalen, bestimmten Besonderheiten und einer eigenen Physiognomie, die Realität eines hochzivilisierten Landes und einer gebildeten Nation, mit ständig steigendem Wohlstand für alle Bürger; ein Land, das voranschreitet und klare Zielstellungen im Interesse der Entwicklung der Menschen und des Friedens verfolgt.

Wir können froh darüber sein, daß wir vor dreißig Jahren nicht irrten, als wir entschlossen auf dieses Land setzten und uns dessen sicher waren, daß die Existenz einer antifaschistischen sozialistischen Nation im Herzen Europas, hervorgegangen aus dem faschistischen Spuk, unbedingt eine Garantie für alle Demokraten sein mußte.

Gesagt werden muß, auch wenn dies einigen mißfallen wird, daß nach dem Zusammenbruch des Faschismus für viele Menschen das Deutschsein – wenn nicht mit faschistischer Gesinnung, so doch mit autoritärer Haltung gleichbedeutend war. Zum großen Teil ist es eben das Verdienst der DDR, der Welt bewiesen zu haben, daß es antifaschistische, demokratische und sozialistische Deutsche geben und daß man, darauf aufbauend, erfolgreich einen modernen und leistungsfähigen Staat errichten kann. Sozialistisch und leistungsfähig: Auch das ist kein geringer Vorzug, der Lösungen und Aktionen ermöglichte, die große Aufmerksamkeit verdienen. Ein Beispiel möge das veranschaulichen. Eines der schwerwiegenden Probleme der modernen Welt ist die Frage des inneren Gleichgewichts zwischen entwickelten und unterentwickelten Gebieten mit dem Ziel, eine gewisse Ausgewogenheit im ganzen Land zu erreichen. Gerade die italienische Geschichte trägt das Mal der Kluft zwischen dem Norden und Süden, und nicht wenige unserer gegenwärtigen Schwierigkeiten resultieren daraus. Die DDR hat auf diesem Gebiet eine bewundernswerte Arbeit geleistet.

Der 30. Jahrestag ist ein wichtiges Datum für die DDR, für ihre Freunde und für das antifaschistische Europa, aber er sollte nicht nur Anlaß zu Feierlichkeiten, sondern sollte Gelegenheit zum Nachdenken, zur Auseinandersetzung und zum gegenseitigen Lernen sein. Die Tatsache, daß es in Europa die DDR gibt, ist von großer Bedeutung, genauso wie die Tatsache, daß die DDR eben gerade dieser Staat mit all seinen Erfolgen und Fortschritten ist. Es kommt darauf an, uns immer besser kennenzulernen, mehr miteinander ins Gespräch zu kommen und immer intensivere Formen der staatlichen und persönlichen Zusammenarbeit zu finden. Vor allem müssen wir darüber nachdenken, wie die aufrichtigen Glückwünsche an unsere Freunde in der DDR zu einem erneuten Engagement für den Kampf gegen Faschismus und für den Frieden werden können.