RotFuchs 225 – Oktober 2016

Stimmen aus aller Welt über die DDR
(Folge 4)

RotFuchs-Redaktion

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandpresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen werden wir in den nächsten Monaten einige dieser Äußerungen veröffentlichen – Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt – und für uns – war.

Herluf Bidstrup

Herluf Bidstrup (1912–1988)

Karikaturist, Dänemark

Als ich zum erstenmal in Berlin war, sah die Stadt entsetzlich aus, überall Ruinen. Schlecht gekleidete Frauen klopften Steine aus den Trümmern, damit sie für den Wiederaufbau verwendet werden konnten. Ich glaubte damals, daß es mindestens hundert Jahre dauern würde, ehe Berlin aus den Ruinen wieder errichtet werden könnte. Aber es ging verblüffend schnell. Neue schöne Wohnviertel sind überall aufgewachsen mit Wohnungen zu so niedrigen Mieten, daß man in Dänemark glaubte, die Berichte hierüber seien lediglich sozialistische Propaganda.

Wenn ich jetzt an die Zeit des kalten Krieges zurückdenke, an die Verleumdung und Hetze, der die DDR seitens der kapitalistischen Länder ausgesetzt war, so frage ich mich noch heute, wie man es gewagt hat, naiven Menschen in der kapitalistischen Welt einzureden, daß Unmenschlichkeit, Barbarei und Kulturlosigkeit das Leben in der DDR unerträglich machten. Wenn man wie ich die Gelegenheit gehabt hat, die beiden Welten zu vergleichen, dann fällt der Vergleich zum Vorteil der DDR aus. Was die Unmenschlichkeit betrifft, da ist die kapitalistische Welt üppig an der Spitze allein mit Millionen von Arbeitslosen, die es in der DDR nicht gibt und wohl auch nicht geben wird.

Und wie verhält es sich mit der Kultur? In Dänemark zum Beispiel sind Konzertsäle oft halb leer, Theater müssen schließen, in Berlin dagegen spielt man in Konzertsälen und Theatern vor vollen Häusern. Kunstausstellungen werden dort von einem zahlreichen, interessierten Publikum besucht. Und das, was auf dem Gebiet der Kultur vielleicht das Wichtigste ist, die Bücher. In der DDR gibt es ein imposantes Angebot an Literatur deutscher und aller Länder der Welt, Kunstbücher, politische und wissenschaftliche Bücher, Lehrbücher und Kinderbücher, alle zu abenteuerlich niedrigen Preisen.

Ich erinnere mich auch an die Haltung der DDR während des kalten Krieges. Beharrlich hat Ihr Land Freundschaft, Handelsverkehr und friedliche Koexistenz angeboten. Gastfreundschaftlich öffnete es seine Grenzen, damit Menschen aus den Nachbarländern selbst kommen und sehen konnten, was der Sozialismus in der DDR seinen Bürgern zu bieten hatte. Viele Dänen nahmen die Einladung an, und nicht zuletzt die jährlichen Besuche während der Ostseewoche trugen dazu bei, daß viele die Lügenpropaganda westlicher Medien durchschauten, die wirkungslos wurde, wenn man die Wirklichkeit gesehen hatte.

Man sagt, daß die Lüge fliegt, aber die Wahrheit marschiert. Es ist meine Hoffnung und mein Wunsch jetzt zum 30. Jahrestag, daß die DDR ihren Marsch zum Sozialismus und zum Frieden fortsetzen wird, und ich zweifle nicht daran, daß sie ihn in der richtigen Richtung fortsetzen wird trotz aller Versuche von außen, in den Kompaß Störungen hineinzubringen.

Martin Andersen Nexö

Martin Andersen Nexö (1869–1954)

Schriftsteller, Dänemark

Als ich nach dem zweiten Weltkrieg, im Jahre 1947, das erstemal von Warnemünde nach Berlin fuhr, war das Land überall wie eine Wüste. Die Felder waren schlecht, zum Teil gar nicht bestellt, die Dörfer halbe Ruinen, die Menschen wanderten die Landstraße entlang, suchend nach irgend etwas, nach einer Chance, etwas Eßbarem, oder sie lagen im Straßengraben und rupften Grün für die Kaninchen.

Und jetzt, wenige Jahre später, ist das Land so sauber bestellt wie das Dänemarks, überall Häuser für Klein- und Neubauern, die Straßen schön befahrbar.

Schulen sind gebaut worden, eine neue Lehrerschaft ausgebildet, Fabriken in Gang gesetzt, und die Menschen sind sich bewußt geworden, daß sie Menschen sind, nicht eine Horde von Wesen, die dazu da sind, um einem Militärapparat zur Ver­fügung zu stehen, sondern Menschen, das Teuerste von allem, die schaffen müssen, um sich selbst und der Menschheit eine schönere Zukunft zu bauen.

Und jeder, der sich in die Reihe der­jenigen einreiht, welche für die Zukunft arbeiten, ist auch ein Friedenskämpfer! Dies bedeutet, daß die Menschheit ihre Entwicklung à jour führt, weg vom Krieg, der ja Kannibalismus ist, ein Rest von unserer fernen Zeit als Hordenmenschen. Wir wollen keinen Krieg, wir wollen nicht die Entwicklung auf Bestialitäten bauen oder uns von Bestien regieren lassen. Wir wollen die Kultur à jour führen, das heißt, die Arbeit, die friedliche Arbeit auf den Thron setzen. Deshalb ist das Festival nicht nur die Sanktion unserer Träume, es ist auch die große Manifestation dessen, was wir wollen.