Stimmen aus aller Welt über die DDR
(Folge 6)
Kanonikus Raymond Goor (1908–1996)
Präsident des Internationalen Komitees für Sicherheit und europäische Zusammenarbeit, Lenin-Friedenspreisträger
Jeder ernsthafte Analytiker der historischen Evolution der europäischen Politik seit dem Ende des zweiten Weltkrieges kann nicht mehr leugnen, daß die Existenz der DDR einen günstigen Faktor für die Durchsetzung der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und für die fortschreitende Entwicklung einer vorteilhaften gegenseitigen Zusammenarbeit bildet. Die Tatsache, daß die DDR im Herzen Europas liegt, ist nicht nur ein geographischer Gesichtspunkt, sondern auch ein geopolitischer.
Bei der Herstellung neuer internationaler Beziehungen zwischen den europäischen Völkern kommt der DDR eine besondere Rolle zu. Ihre Grenzen sind neue Grenzen, deren Schutz für die Stabilität und die Entwicklung der zwischenstaatlichen Beziehungen unerläßlich ist.
Das gute und harmonische Funktionieren des Herzens – bestimmt es nicht die Vitalität und Aktivität des ganzen Körpers? Alle Freunde der DDR zählen auf sie und wissen, daß sie auch für die Zukunft eines neuen Europas auf sie zählen können, eines Europas, das nicht mehr durch lähmende Angst, Mißtrauen und destruktiven Verdacht gequält wird und das, solchermaßen befreit, zu der Entwicklung einer ökonomischen und politischen Weltordnung wird beitragen können, in der die Rechte der Völker und Menschen auf dieser Erde künftig respektiert werden.
David Oistrach (1908–1974)
Geigenvirtuose, Komponist und Dirigent, UdSSR
Es war 1952 zur Beethoven-Ehrung, als ich das erste Mal in die DDR kam. Diese erste Reise hat unvergängliche Eindrücke bei mir hinterlassen, die in den folgenden Jahren weiter vertieft wurden. Aus dieser Zeit datieren auch meine Bekanntschaften mit wunderbaren Musikern wie den Dirigenten Hermann Abendroth und Franz Konwitschny. Wir haben uns sehr schnell angefreundet, und in allen folgenden Jahren hat sich diese Freundschaft vertieft, wurde enger. Immer besser wurde auch meine Kenntnis vom Publikum in der DDR. Im Unterschied zu anderen Ländern ist Musik für die Menschen hier nicht nur Vergnügen, sondern eine Lebensnotwendigkeit, das spürt man in allem: dem Interesse an Konzerten, der ungewöhnlichen Popularität der Schallplatte, den hohen Auflagen der Musik-literatur und Noten. Das alles bildet natürlich nicht nur ein teilnehmendes Publikum, sondern auch ein wissendes, das sehr fein auf das Können des Künstlers reagiert.
Besonders engen Kontakt pflegte ich mit den DDR-Orchestern, die man ruhig zu den besten der Welt zählen darf: die Dresdner Staatskapelle oder das Leipziger Gewandhausorchester. Ich bewunderte das große Repertoire der DDR-Bühnen, es ist ein schwieriges, jedoch auch interessantes. Die großen Häuser beherrschen Opern von Händel bis hin zur jüngsten Oper von Paul Dessau. Ich war fast überall in der Welt und weiß, wie Theater und Oper der DDR geschätzt werden. Als alter Freund dieses Landes und seiner Kunst freue ich mich darüber sehr.
Auf der Rückreise aus dem Urlaub war ich für zwei Tage in Berlin, wohnte im Hotel „Stadt Berlin“. Als ich aus dem Fenster auf das Panorama sah, auf das Zentrum, auf die Spirale am Brunnen und den Fernsehturm, war es schwer vorstellbar, daß das alles in „meinen 22 DDR-Jahren“ aufgebaut worden war. Ich meine nicht nur die Quantität, ich meine den Stil: Die Architekten haben den modernen Stil ergänzt durch viele harmonische Details der Kunst und Geschichte. Und nicht nur die Architekten, auch die Arbeiter haben mit ihrer handwerklichen Meisterschaft dazu beigetragen. Diese Menschen sind die Schöpfer des neuen Lebens, nicht nur der Paläste. Und wenn ich vor ihnen spiele, denke ich: Nicht du bist der Künstler, sondern sie.
Halina Czerny-Stefanska (1922–2001)
Pianistin und Hochschullehrerin, VR Polen
Als ich in Zwickau war, lag die Fixierung des Vertrages über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen wenige Tage zurück. Da war ich sehr bewegt, daß nun schriftlich niedergelegt ist, auf einer neuen, höheren Stufe, was die Völker unserer beiden Länder doch schon seit vielen Jahren in menschlichen Kontakten und auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Volksbildung oder der Kultur in der Praxis verwirklichen. Die unzähligen guten Verbindungen sind dadurch dokumentiert worden, und ich sehe in diesem Vertrag noch weitere Möglichkeiten des freundschaftlichen Zusammenwirkens. Meine künstlerische und pädagogisch-bewertende Arbeit in der DDR steht in diesem Zusammenhang. Immer wieder komme ich gern hierher.
Dr. Leopoldo Niilus (1930–2015)
Direktor der Kommission der Kirche für Internationale Angelegenheiten beim Weltrat der Kirchen in Genf
Ein intimer Kenner der DDR, ihres erfolgreichen Aufbauwerkes und der Probleme, die sie bei der weiteren Ausgestaltung ihrer sozialistischen Gesellschaft gewiß noch zu lösen haben wird, bin ich noch nicht. Darum mögen die Herausgeber dieser Festschrift, die mich zu einem Votum „30 Jahre DDR“ einluden, Verständnis dafür haben, daß ich bei meinen Glückwünschen zum Republiksjubiläum gewissermaßen auf „ökumenischem Parkett“ bleibe.
Ich möchte von den Erfahrungen meiner derzeitigen Arbeit im Weltkirchenrat her den Beitrag hervorheben, den die evangelischen Kirchen in diesem Land zu wichtigen Programmen der ökumenischen Bewegung geleistet haben und auch gegenwärtig leisten. Der im September 1969 neugegründete Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR hat seine organisatorisch-rechtliche Unabhängigkeit gegenüber den Kirchen in der BRD bereits kurze Zeit darauf sehr eindrucksvoll veranschaulicht: Anfang 1971 – gerade in den Weltkirchenrat aufgenommen – begann er dessen Programm zur Bekämpfung des Rassismus zu unterstützen. Bis zum heutigen Tag hat er an dieser Loyalität festgehalten und sie durch eigenständige humanitäre Spendenaktionen für Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika zu beweisen gewußt.
Ein anderes Beispiel ist das Engagement, mit dem sich der DDR-Kirchenbund an unserem seit der Weltkirchenkonferenz in Nairobi entwickelten Studienprogramm über Militarismus und Abrüstung beteiligt. Als sehr nützlich betrachte ich auch bilaterale Gespräche, wie sie der DDR-Kirchenbund im Frühjahr 1978 mit dem Nationalrat der Kirchen Christi in den USA über die akute Gefährdung des Weltfriedens durch die Entwicklung neuer Massenvernichtungsmittel, zum Beispiel der Neutronenwaffe, aufgenommen hat.
Innerhalb der Ökumene ist mit großer Aufmerksamkeit das Gespräch zwischen dem DDR-Staatsratsvorsitzenden und der Leitung des DDR-Kirchenbundes am 6. März 1978 zur Kenntnis genommen worden. Ich glaube, daß der bei jener Begegnung zwischen Staat und Kirche in der DDR bekundete Konsens in Sachen Friede und Abrüstung, Antirassismus und Menschenrechte auch in Zukunft gute Früchte bringen wird.
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