Tobias Kriele über Jorgito
und „Die Kraft der Schwachen“
Am Anfang des Films sieht man Babyfotos. Eine Nahaufnahme verursacht beim Betrachter Gänsehaut. Was mag sie damals bei den Eltern ausgelöst haben? Die Diagnose – beidseitige spastische Lähmung – wurde erst Wochen nach der Geburt gestellt. Zunächst schien der Säugling gesund zu sein und wurde mit der Mutter nach Hause entlassen. Doch dann reifte der Verdacht, daß mit ihm irgend etwas nicht stimmte.
Jorgito, eigentlich Jorge Enrique Jerez Belisario, wurde vor 21 Jahren – während Kubas Sonderperiode – in Camagüey geboren. Er sperrte sich zunächst rigoros gegen jede Form von Therapie. Die durchgeführten Behandlungen fanden in Havanna statt. Ein Umzug von Mutter und Sohn dorthin wurde notwendig, der Vater besuchte sie jedes Wochenende mit dem Auto – 550 km hin und 550 km zurück. Nach einer zermürbenden Zeit lernte Jorgito gehen und sich zu artikulieren. Er durchlief auch – teilweise in Einzelbetreuung – eine Schulbildung.
Ein erster Höhepunkt seines Lebens war der Kongreß der Pioniere, wo er sich – vierzehnjährig – von seinem Sitzplatz aus über Mikrophon zu Wort meldete und zunächst stockend, doch dann immer flüssiger Kuba für alles dankte, was es für ihn getan hatte. Am Ende war der halbe Kongreß in Tränen aufgelöst und Präsident Raúl Castro spendete stehend Beifall.
Seit seinem achtem Lebensjahr widmete sich Jorgito dem Kampf für die Befreiung der Cuban Five. Eine Szene des Films zeigt ihn bei einem flammenden Plädoyer für die fünf Aufklärer.
Auch einer Dokumentation über sich stimmt er nur unter der Bedingung zu, daß die Hälfte des Films die fünf zum Thema habe. Obwohl nur 37 Prozent von ihnen handelte, war er schließlich einverstanden, weil der Streifen doch zu 100 Prozent sein Kuba und das der fünf zeigt.
Tobias Kriele ge-lang es mit seiner Dokumentation, die Magie dieses Jungen einzufangen, der unter großen Belastungen seine Träume verwirklichen kann und stolz darauf ist, was er erreicht hat. Er zeigt ihn, der – geborgen in seiner Familie und seiner Stadt – zu einem jungen Mann in einem Land heranwächst, das ihm jegliche Hilfe gibt, derer er bedarf. Jorgito studiert inzwischen Journalistik.
Tobias Kriele stellte seinen Film „Die Kraft der Schwachen“ am 15. Oktober 2014 im Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) in Havanna vor. Neben dem Schöpfer des Streifens war auch Jorgito präsent. Bei der Veranstaltung traf er den neuen ICAP-Vizepräsidenten Fernando Gonzalez – einen der Cuban Five, der schon im Sommer 2014 nach langjähriger Haft in die Heimat zurückgekehrt war. Im Spätherbst 2014 hat Tobias Kriele seinen erfolgreichen Film im Beisein Jorgitos auf zehn Veranstaltungen in Deutschland vorgestellt.
RF, gestützt auf „Granma Internacional“, Havanna
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