RotFuchs 204 – Januar 2015

Karl und Rosa – zwei unvergessene Helden
des deutschen Proletariats

Trotz alledem!

Helmuth Hellge

Den nachfolgend abgedruckten Text „Von ihnen lernen – in ihrem Sinne handeln“ veröffentlichte der heutige Nestor unter unseren Autoren Helmuth Hellge am 16./17. Januar 1971 in der von der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) herausgegebenen Zeitung „Die Wahrheit“. Der Verfasser bediente sich dabei des Pseudonyms Steffen Kastner. Der Beitrag erschien aus Anlaß des damals um 100 Jahre zurückliegenden Geburtsdatums der beiden gemeuchelten Arbeiterführer.

„Die Massen sind das Entscheidende, sie sind der Fels, auf dem der Endsieg der Revolution errichtet wird.“
Rosa Luxemburg in „Die Rote Fahne“ vom 14. Januar 1919

„… unser Schiff zieht seinen geraden Kurs fest und stolz dahin bis zum Ziel. Und ob wir dann noch leben werden, wenn es erreicht wird – leben wird unser Programm; es wird die Welt der erlösten Menschheit beherrschen. Trotz alledem!“
Karl Liebknecht in „Die Rote Fahne“ vom 15. Januar 1919

Diese Worte aus den letzten Veröffentlichungen der beiden Arbeiterführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sprechen vom unerschütterlichen, grenzenlosen Vertrauen in die Kraft des schaffenden Volkes und von der unbeirrbaren Gewißheit des Sieges der revolutionären Sache. Sie wurden wenige Stunden vor dem grauenhaften Meuchelmord an diesen beiden unvergeßlichen revolutionären Führern der deutschen Arbeiterklasse geschrieben, deren Geburtsjahr sich 1971 zum 100. Mal jährt.

Wladimir lljitsch Lenin schrieb damals: „Man findet keine Worte für die ganze Abscheulichkeit und Niedertracht dieser Henkertaten der Pseudosozialisten …“ Nicht zu Unrecht, denn die rechten sozialdemokratischen Führer – Ebert, Noske und Scheidemann – hatten sich mit der Reaktion verbunden, um die revolutionären Kräfte in der deutschen Arbeiterbewegung zu vernichten. So hatte Reichswehrminister Noske erklärt: „Einer muß der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht!“

Der kaiserliche deutsche Imperialismus hatte seinen Weltkrieg verloren. Wilhelm II. und ein Teil seiner Vasallen waren geflohen. Das Volk, vier Jahre hindurch in Not, Elend und Schrecken lebend, war eben im Begriff, seine Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. In den Arbeiter- und Soldatenräten hatten sich Machtorgane des Proletariats konstituiert, welche die Revolution und deren Ergebnisse festigen konnten. Aber Inkonsequenz, gespeist aus Unerfahrenheit und Unsicherheit, ließen gewonnenen Boden verlorengehen. Diese Situation nutzten politische Scharlatane, um die Führung an sich zu reißen. Rechte Sozialdemokraten waren es, die den Schwung der Massen bremsten und sich zu Verbündeten des schon geschlagenen Packs der Militaristen und Monopole machten. Wie das Bürgertum 1848 aus Angst vor dem Proletariat schnell ein Bündnis mit den preußischen Junkern eingegangen war, so verbündeten sich diese „Sozialdemokraten“ mit den Hindenburg, Ludendorff, Groener und Konsorten.

Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg kämpften zeit ihres politischen Wirkens gegen die Aggressionsvorbereitungen des Kaiserreiches und gegen den imperialistischen Krieg. Ihr Leben gehörte dem Kampf der Befreiung der Arbeiterklasse von Ausbeutung und imperialistischer Unterdrückung mit dem Ziel der Errichtung einer sozialistischen Republik. Sie machten auch Front gegen jene Kräfte in der deutschen Arbeiterbewegung, die außerstande waren, den Verfall des kapitalistischen Systems als einen gesetzmäßigen Prozeß zu verstehen, den es im Interesse aller Werktätigen zu unterstützen galt, und sie entlarvten mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die schändliche Rolle der rechtssozialdemokratischen Führer.

In dem gegen Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg geführten Verfolgungs- und Terrorfeldzug leisteten die Ebert, Scheidemann und Noske willige Hilfsdienste. In einem Pamphlet vom 8. Januar 1919 rief deren Reichsregierung zur „gründlichen Abrechnung“ mit den Spartakusleuten und ihren Führern auf. Es war in dieser Situation ein kaum verklausulierter Aufruf zum Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Eine konterrevolutionäre Soldateska erschlug, erstach, erschoß am 15. Januar 1919, was an Karl und Rosa sterblich war.

Dem deutschen und dem internationalen Proletariat wurde mit dem Mord an den beiden hervorragenden Revolutionären, den Mitbegründern der Gruppe Spartakus und der KPD, schweres Leid zugefügt. Aber die geschichtliche Entwicklung ließ sich nicht aufhalten. Das Vermächtnis von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurde in einem Teil Deutschlands, in der DDR, erfüllt.

Doch in unserer Stadt wie in der Bundesrepublik stehen alle fortschrittlichen Kräfte, ob Kommunisten, sozialdemokratische Mitglieder oder Parteilose, noch vor der historischen Aufgabe, das revolutionäre Erbe der beiden unvergessenen proletarischen Führer zu Ende zu führen. Das Unterpfand für die siegreiche Bewältigung dieser Aufgabe kann nur die Aktionseinheit der revolutionären Kräfte sein. Die SEW hat nicht zuletzt auch aus dem opferreichen Kampf von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg die Lehren gezogen, wenn sie in ihrem Aktionsprogramm feststellt:

„Je mehr sich die Aktionseinheit der Arbeiterklasse entwickelt, desto mehr wird sie zur entscheidenden Kraft revolutionärer gesellschaftlicher Prozesse, um so mehr Verbündete wird sie um sich scharen, um ihren aktuellen sozialen und politischen Forderungen Geltung zu verschaffen, um schließlich das spätkapitalistische System zu überwinden.“

In diesem Sinne handeln, heißt das Vermächtnis von Karl und Rosa zu erfüllen.