Putin würdigte die Heldentaten der Roten Armee
Vermächtnis der Befreier Europas
Präsident Wladimir Putin gewährte der „Stimmer Rußlands“ vor seiner Abreise zu den Feierlichkeiten anläßlich des 70. Jahrestages der Befreiung Jugoslawiens im Oktober ein Interview. Wir veröffentlichen einige seiner Antworten.
Wir sind unseren serbischen Freunden sehr dankbar für den fürsorglichen Umgang mit der Erinnerung an die sowjetischen Soldaten, die gemeinsam mit den Kämpfern der Volksbefreiungsarmee Jugoslawiens gegen die deutschen Besatzer vorgingen. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs sind auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien mehr als 31 000 Soldaten und Offiziere der Roten Armee gefallen, verwundet worden oder verschollen. Etwa 6000 Sowjetbürger kämpften in den Reihen der Volksbefreiungsarmee gegen die Besatzer. Ihre Heldentaten haben unseren gemeinsamen Sieg über den Nazismus nähergebracht. Sie werden im Gedächtnis der Völker auf immer als Vorbilder für Mut, unbeugsamen Willen und selbstlosen Dienst für die Heimat bleiben.
Vor 70 Jahren haben unsere Völker gemeinsam die verbrecherische Ideologie des Menschenhasses niedergerungen, welche die Existenz der Zivilisation bedrohte. Heute ist es wichtig, daß die Menschen in verschiedenen Ländern und auf verschiedenen Kontinenten sich daran erinnern, was der Glaube an die eigene Exklusivität, die Versuche, mit allen möglichen Mitteln zweifelhafte geopolitische Ziele zu erreichen, sowie die Mißachtung der elementaren Rechts- und Moralnormen für furchtbare Folgen nach sich ziehen können. Es muß alles getan werden, um solche Tragödien in der Zukunft zu vermeiden.
Leider verliert der „Impfstoff“ gegen den nazistische Virus, der bei den Nürnberger Prozessen hergestellt wurde, in manchen Staaten Europas seine Wirkung. Ein anschaulicher Beweis dafür ist das Auftreten von Nazismus, der in Lettland und anderen baltischen Staaten bereits zur Alltagserscheinung geworden ist. Besondere Besorgnis ruft in dieser Hinsicht die Lage in der Ukraine hervor, wo im Februar ein verfassungswidriger Staatsstreich stattgefunden hat.
Heute ist es unsere gemeinsame Pflicht, der Heroisierung des Nazismus entgegenzuwirken, die Versuche der Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs vehement zu unterbinden und konsequent gegen jede Form und Manifestation von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, aggressivem Nationalismus und Chauvinismus zu kämpfen.
Serbien war stets und bleibt einer der Schlüsselpartner Rußlands in Südosteuropa. Unsere Länder und Völker verbinden jahrhundertelange Traditionen von Freundschaft und fruchtbarer Zusammenarbeit.
Die russisch-serbischen Beziehungen sind heute im Aufschwung. Wir unterhalten aktive politische Kontakte, in deren Verlauf wir voller Vertrauen die bilateralen Fragen und internationalen Probleme besprechen und uns auf gemeinsame praktische Schritte verständigen. Wir sind zufrieden mit der fortschreitenden Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen, was durch den zwischen unseren Ländern herrschenden Freihandelsmodus gefördert wird. 2013 hat sich der gegenseitige Handelsumsatz um 15 Prozent erhöht, im ersten Halbjahr 2014 betrug der Anstieg weitere 16,5 Prozent. Wir rechnen damit, daß wir am Ende dieses Jahres die Marke von zwei Milliarden Dollar im Gesamtvolumen erreichen werden.
Es ist erfreulich, daß serbische Unternehmer energisch den aussichtsreichen russischen Markt erobern. So liefern sie beispielsweise qualitativ hochwertige landwirtschaftliche und Industrie-Erzeugnisse.
Vor allem möchte ich betonen, daß Rußland seinen Verpflichtungen voll nachkommt, was die Energielieferungen an europäische Verbraucher angeht. Wir sind auf eine Vertiefung des gemeinsamen Handelns mit der EU auf dem Energiegebiet eingestellt.
Beginnend mit den 2000er Jahren ist es uns gemeinsam mit den europäischen Partnern gelungen, eine Reihe bedeutender Projekte umzusetzen, darunter die Pipeline North Stream, die es erlaubt, die Transitrisiken zu minimieren und die ununterbrochene Gasversorgung der europäischen Länder zu gewährleisten. In den letzten Monaten häuft Gazprom im beschleunigten Tempo Vorräte in den europäischen unterirdischen Gasbehältern an. Diese Maßnahmen sollen Ausfälle beim Transit verhindern und bequeme Bedingungen zur Sicherung des Konsumhochs in den Wintermonaten schaffen.
Natürlich berücksichtigen wir die Risiken im Zusammenhang mit den Krisenerscheinungen in der Ukraine. Wir waren im Juni gezwungen, die Lieferungen in dieses Land einzustellen, weil die Kiewer Behörden sich weigerten, für bereits erhaltenes Gas zu zahlen. Am Sommerende und zu Herbstbeginn dieses Jahres gab es eine Reihe intensiver Konsultationen im dreiseitigen Format Rußland-EU-Ukraine, in deren Verlauf mögliche und für alle annehmbare Lösungen bei den ukrainischen Gasschulden, für die Wiederaufnahme der von der ukrainischen Seite selbst gestoppten Lieferungen und den stabilen Transit von fossilen Brennstoffen nach Europa diskutiert wurden.
Jedem unvoreingenommenen Menschen ist klar, daß es keineswegs Rußland war, das den Umsturz in der Ukraine gefördert hat, der zu der heutigen ernsten innenpolitischen Krise und zur Spaltung der Bevölkerung geführt hat. Gerade die verfassungswidrige Aneignung der Macht war der Ausgangspunkt für die nachfolgenden Ereignisse, auch auf der Krim. Die Bewohner der Krim verstanden die Komplexität und Unberechenbarkeit der Situation, und um ihr Recht auf die eigene Muttersprache, die Kultur und Geschichte zu schützen, beschlossen sie in voller Übereinstimmung mit der UN-Satzung ein Referendum durchzuführen, nach dem sich die Halbinsel wieder Rußland anschloß.
Unsere Partner sollten sich bewußt sein, daß die Versuche, durch einseitige und illegitime Beschränkungen auf Rußland Druck auszuüben, keine Regelung herbeiführen, sondern nur den Dialog erschweren. Wenn die Hauptsache der Versuch ist, unser Land zu isolieren, so ist ein das völlig absurdes, illusorisches Ziel.
Für Rußland haben die Beziehungen zur Ukraine immer eine sehr wichtige Rolle gespielt. Unsere Völker sind durch gemeinsame geistige, kulturelle und zivilisatorische Wurzeln unverbrüchlich miteinander verbunden.
Heute ist die reale Möglichkeit entstanden, den bewaffneten Konflikt – faktisch ist es ein Bürgerkrieg – zu beenden. Die ersten Schritte in diese Richtung sind bereits getan. Es muß so schnell wie möglich ein innerukrainischer Dialog aufgenommen werden, unter Beteiligung von Vertretern aller Regionen und aller politischen Kräfte.
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