Vertrauen in die Zukunft
In Managua wurde am 19. Juni das 23. Forum von São Paulo beendet. Die Delegierten, darunter einige Staats- und Regierungschefs, wollten zum Abschluß des einwöchigen Treffens gemeinsam an der Siegesfeier zum 38. Jahrestag der sandinistischen Revolution in Nicaragua teilnehmen. Mehr als 300 Vertreter von progressiven Parteien und Organisationen aus 32 Ländern Lateinamerikas und der Karibik, sowie Gäste aus Europa, Asien, Afrika und den USA hatten über Konzepte zur Abwehr der imperialistischen Gegenoffensive und zur Stärkung der linken Kräfte diskutiert.
Das 1990 auf Initiative des verstorbenen kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro Ruz und des brasilianischen Gewerkschaftsführers und späteren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva gegründete Forum gilt als bedeutendste Plattform der Linken auf dem amerikanischen Kontinent. Nach einer feierlichen Ehrung für Fidel Castro hatte Che Guevaras Tochter Aleida Guevara March die Arbeitssitzungen eröffnet. Die Forumsteilnehmer erklärten ihre Bewegungen als Fortsetzung des Impulses, „der vor 100 Jahren von der Russischen Revolution ausging und von Kämpfern wie Fidel, Che, Hugo Chávez und den Führern der sandinistischen Befreiungsfront aufgenommen“ worden sei.
Mit einem „Konsens Unseres Amerikas“ (Consenso de Nuestra América) genannten 24seitigen politischen Grundsatzpapier hatten die Teilnehmer das erste gemeinsame Programm in der Geschichte des Forums verabschiedet. „Über ein Vierteljahrhundert nach seiner Gründung ist dieses Forum weiterhin ein wesentlicher Akteur in der Region“, erklärte José Ramón Balaguer, der Leiter der Abteilung für Auswärtige Angelegenheiten beim ZK der Kommunistischen Partei Kubas (PCC). Es erfülle eine wichtige Aufgabe zur „Gestaltung politischer Alternativen“ und zur Entwicklung gemeinsamer Positionen für die Fortsetzung der in der Region begonnenen progressiven Umwandlungen.
Mit der Sandinistischen Revolution in Nicaragua, der Bolivarischen Revolution in Venezuela, der „Bürgerrevolution“ in Ecuador und dem Amtsantritt des ersten indigenen Präsidenten in Bolivien hätten die Völker Lateinamerikas in den letzten Jahren wieder „ein Gefühl des Vertrauens in die Zukunft“ entwickeln können, erinnerte Balaguer. Mit Gründung der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) sei zudem ein bisher einmaliges regionales Integrationsprojekt entstanden. Doch im gleichen Maße, in dem sich die Völker der Region emanzipierten, wachse der Druck seitens jener Kräfte, die diese Entwicklung verhindern wollten. Die Putsche in Honduras, Paraguay und Brasilien und die versuchten Staatsstreiche in Venezuela, Ecuador und Bolivien seien Beispiele für ein Projekt des irregulären Krieges der USA, warnte Balaguer. Er ermahnte die Linke zur Einheit und bezeichnete den „Konsens Unseres Amerikas“ als Programm, „das über die Zeit der Wahlen hinausgeht und in jedem einzelnen unserer Länder die Schritte zur Machtübernahme und den Aufbau neuer, souveräner, antiimperialistischer Gesellschaften definiert“.
Vor dem Abschlußplenum wurden zahlreiche Themen in Workshops diskutiert. Dabei ging es unter anderem um eine Analyse der privaten Medien, die ihre Macht unter anderem zur Wiederherstellung der rechten Hegemonie auf dem Kontinent einsetzen. Als Beispiele wurden die von privaten Medienkonzernen maßgeblich beeinflußten aktuellen Entwicklungen in Brasilien und Venezuela angeführt. Die Teilnehmer erklärten, zur Stärkung der Linken sei auch die Schaffung eigener Instrumente, um sich im Informationskrieg behaupten zu können, eine vorrangige Aufgabe.
Aus „junge Welt“ vom 20. Juni 2017
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