Vom Antikommunismus
Gauckscher Prägung
Obwohl man nicht müde wird zu verkünden, die DDR sei mausetot und die „Aufarbeitung“ ihrer Geschichte beendet, sieht sich der Bundespräsident veranlaßt, die Kampagne des antikommunistischen Hasses und der DDR-Verteufelung erneut anzufachen. Am 12. Mai ging folgende Meldung über den Ticker der Deutschen Presse-Agentur: Gauck: „Ich weiß, was ,Lügenpresse‘ ist. Ich habe sie erlebt – jahrzehntelang in der DDR.“
Beim Lesen dieses Satzes aus dem Mund des Bundespräsidenten mußte ich an meine Volksschulzeit in einer niederbayerischen Schule denken. Viele meiner Mitschüler wurden von den Pfaffen, nachdem sie die „Wahrheit“ mit ihren Argumenten vortrugen, bestraft. Angefangen von Ohrfeigen bis zum Schreiben von 100mal „Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen“, reichte das „Bestrafungsregister“.
Karikatur: Klaus Stuttman
Hat Gauck nun etwa falsch Zeugnis abgelegt? Beim Recherchieren in DDR-Zeitungsarchiven bin ich fündig geworden. Übrigens: Der Bezug von Zeitungen aus der DDR war in der Alt-BRD zeitweise nur unter Schwierigkeiten oder gar nicht möglich. Warum wohl? Wäre die DDR-Presse eine Lügenmaschinerie gewesen, dann hätte man die Einfuhr ihrer Zeitungen doch nicht behindern müssen! Für die „Propagandaabteilung“ der BRD-Regierung wäre es wohl ein Leichtes gewesen, Lügen zu entlarven.
Es lohnt sich, beim „Neuen Deutschland“, der „Berliner Zeitung“ und der „Neuen Zeit“ nachzulesen. Nach drei Jahren „Eintauchen“ in diese Schatztruhe ist mir klar, warum in den vergangenen 25 Jahren einige Milliarden Euro an Steuergeldern ausgegeben wurden, um die Anti-DDR-Hetze möglichst effektiv zu gewährleisten. Warum Gauck und seinesgleichen immer wieder zu diffamieren suchen, liegt auf der Hand. Kann doch jeder nachlesen, wie die Wahrheit in der Alt-BRD tatsächlich aussah. Gegen Tausende BRD-Bürger wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, nur weil sie verdächtigt wurden, im Besitz von DDR-Zeitungen zu sein. Viele von ihnen hat man zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Die Vorwürfe seitens der DDR an die BRD, sie hätte den gesamten Post- und Telegrafen-Verkehr aus der SBZ und DDR abgehört, Briefe gelesen und Paketsendungen, die aus der DDR in die BRD versandt wurden, überwacht und zum Großteil vernichtet, wurden stets auf das heftigste bestritten.
In der DDR dürfte dies jedoch kein Geheimnis gewesen sein, berichtete doch die „Berliner Zeitung“ bereits am 3. März 1951 über diese Bespitzelungsaktionen:
„Postgeheimnis praktisch aufgehoben: Die westdeutsche Post hat den von den alliierten Besatzungsmächten eingerichteten Abhördienst nicht nur übernommen, sondern hält ihn auch voll in Betrieb. Das wurde durch ein Telefongespräch, das die Schauspielerin Elisabeth Flickenschildt mit dem Regisseur Gustaf Gründgens während der Theaterkrise in Düsseldorf führte, der westdeutschen Öffentlichkeit bekannt. Die offiziellen ,Erklärungen‘ zerplatzten wie Seifenblasen, als die ,Neue Illustrierte‘ in einem Bildbericht direkt aus der sogenannten Ferndienstbeobachtung der Düsseldorfer Oberpostdirektion Einzelheiten über die Abhörtätigkeit meldete. Auf Wunsch der Bundesbehörden übernimmt der Abhördienst jeden entsprechenden Auftrag. Damit hat das Postgeheimnis in Westdeutschland zu bestehen aufgehört.“
Im 2012 erschienenen Buch „Überwachtes Deutschland“ von Prof. Josef Foschepoth ist nachzulesen, daß in der Alt-BRD der komplette Brief-, Paket-, Telefon- und Faxverkehr (über 100 Millionen Stück) von der SBZ und DDR in die BRD kontrolliert wurde. Viele Menschen in der Alt-BRD, denen man „kommunistisches Denken“ unterstellte, wurden in Folge dieser grundgesetzwidrigen Bespitzelungen angeklagt. Etliche von ihnen gingen ins Gefängnis.
Ein anderes Beispiel: Jedes Kind lernte in der Alt-BRD, daß die Luftbrücke die Westberliner vor dem Verhungern gerettet habe. Für die Menschen in Ostberlin und in der SBZ stellte sich die Situation jedoch anders dar. Am 26. November 1948 erschien im ND folgender Bericht: „Niemand in ganz Berlin brauchte zu frieren und im Dunkeln zu sitzen (…) Wenn nicht die Westmächte durch ihre Anordnungen vom 8. Juli von sich aus ein striktes Verbot ausgesprochen hätten, Strom und Kohlen aus der sowjetischen Zone anzunehmen. Die sowjetische Besatzungsmacht hätte, wenn sie ebenso verantwortungslos und brutal gegenüber der Bevölkerung der Westsektoren Berlins handeln wollte, an dem gleichen Tage den Strom für die Stadtbahn sperren können. Sie tat es nicht. Nur ihr ist es zu verdanken, daß die Westberliner nach 18 Uhr überhaupt noch ein Verkehrsmittel haben. Wäre das Eisenbahngelände nicht sowjetisches Besatzungsterritorium, die Bewohner der Westsektoren hätten schon seit Monaten auch keine Stadtbahn mehr. Das ist die Wahrheit. (…) Was von der Stromversorgung und dem Verkehr zu sagen ist, das gilt auch für die Lebensmittel und das Heizmaterial. Es gibt keine Blockade. (…) Die sowjetische Regierung hat bekanntlich die Versorgung von ganz Berlin übernommen. Kohlen, Holz und Lebensmittel für die Bewohner in den Westsektoren stapeln sich im Ostsektor. (…) Jeder, der nicht frieren und hungern will, kann von den westlichen Verwaltungsstellen fordern, daß diese ihm zustehenden Mengen nach den Westsektoren befördert werden, um dort zur Verteilung zu kommen.“
Wie ein Schreiben des Hauptmagistrats an die Kohlenstelle Tiergarten beweist, gab es das erwähnte Verbot tatsächlich: „Magistrat von Groß-Berlin Abteilung für Wirtschaft Hauptkohlenstelle / An die Kohlenstelle des Bezirks Tiergarten: ,Lt. Befehl der Britischen Militärregierung darf Ostsektorkohle nicht mehr über Lagerplätze westlicher Kohlenhändler gehen.‘“
Ein letztes Beispiel: Im Oktober 1989 erhielt der Dalai Lama den Friedensnobelpreis. Daß der Dalai Lama ein CIA-Agent war, wußte jeder, der die „Berliner Zeitung“ vom 26. November 1949 gelesen hatte. Die BZ schrieb bereits zu diesem Zeitpunkt: „Die amerikanischen Hoffnungen, sich in Tibet festzusetzen und die traditionellen staatsrechtlichen Beziehungen zwischen der chinesischen Regierung und den tibetanischen Behörden zu unterbrechen, sind durch eine Erklärung des Pantschen Lama zerschlagen worden. Dieser tibetanische Würdenträger, der im Rang dem Dalai Lama gleichgeordnet ist, hat die Volksregierung aufgefordert, auch Tibet zu befreien. Der Dalai Lama, der in der jüngsten Zeit versucht hat, sich bei den USA anzubiedern und Tibet von China abzusplittern, verfügt nur über einen Teil der tibetanischen Priesterschaft, die fortschrittlicheren Teile des tibetanischen Lamaismus stehen auf der Seite des Pantschen Lama.“
In der österreichischen Zeitung „Der Standard“ vom 14. Juni 2012 wird die CIA-Agententätigkeit des Dalai Lama öffentlich gemacht: „Dalai Lama auf CIA-Gehaltsliste. Tibeterchef erhielt in 50er und 60er Jahren 180 000 Dollar jährlich. (…) Noch vor wenigen Wochen bei seinem Besuch in Österreich beinahe in den Himmel gehoben, muß sich der Dalai Lama nun gegen Vorwürfe wehren, er sei jahrelang auf der Gehaltsliste des US-Geheimdienstes CIA gestanden.“
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