RotFuchs 210 – Juli 2015

Vom Fußfassen des Kulturbundes
in Mecklenburg

Prof. Dr. Benno Pubanz

Vor 70 Jahren erfolgte die Gründung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. Die Veranstaltung fand am 4. Juli 1945 im stark zerstörten Großen Sendesaal des Berliner Rundfunks statt. „Der Kulturbund soll das geistige und kulturelle Parlament unseres Landes werden!“ rief der greise, von den Nazis verfolgte Schriftsteller Bernhard Kellermann den 1500 Versammelten zu. Er wandte sich an alle, „die auch in der finstersten Zeit nicht vergaßen, was Recht und was Unrecht, was Wahrheit und Lüge, was Gerechtigkeit und Gemeinheit ist“. Sein Wort galt jenen, die auch unter den Bedingungen des Faschismus die Mahnung des großen Sohnes der Nation, Johann Wolfgang von Goethe, nicht vergaßen: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“

Solche Rede mag heute manchem pathetisch erscheinen, doch nach dem Krieg war es für alle, die einen radikalen gesellschaftlichen Um- und Aufbruch wagen wollten, selbstverständlich, nicht nur seinen Verstand, sondern auch seine Gefühle und seine Leidenschaft einzubringen.

Unbestritten hat sich der Kulturbund in den langen Jahren seines Bestehens verändert, aber seinen Anspruch, dauerhaft an der demokratischen Erneuerung Deutschlands mitwirken zu wollen, hat er nicht aufgegeben. Dieses Bewußtsein wird jenen mißfallen, die im ostdeutschen Anfang und dann in der DDR nur Unsaat und Unrat erkennen, ohne danach zu fragen, warum der kleinere Teil Deutschlands zum Hoffnungsträger für die meisten von den Nazis vertriebenen Künstler, Gelehrten und Schriftsteller wurde.

1947 zählte der Kulturbund bei uns in Mecklenburg-Vorpommern nicht weniger als 24 000 Mitglieder. Wissenschaftler, Ärzte, Lehrer, Vertreter der Künste, Techniker, Schriftsteller, Theologen, Studenten und Schüler hatten sich ihm angeschlossen. Aus freien Stücken handelnd, wollten sie dabei sein, wenn neue Ufer angestrebt wurden. Auch heute bekennt sich niemand nur deshalb zum Kulturbund, weil er ihm einen Treueschwur geleistet hat, sondern weil er dessen Ideale nach wie vor für erstrebenswert hält.

Nachdem man den Kulturbund unter Adenauer im Westen schon vor Jahrzehnten verboten hatte, wurde ihm nun auch in Mecklenburg-Vorpommern der „Brotkorb“ abgehängt. Damit gibt es zwar keinen Landesverband mehr, aber die Gruppen fanden unter dem Dach des Bundesvorstandes einen sicheren Schutz.

Der Kulturbund hat sich vom Tag seiner Gründung bis in die heutige Zeit immer auch als Teil der Friedensbewegung verstanden. Es erfüllt uns deshalb mit Sorge, wenn deutsche Politiker ein Ende der „Kultur der Zurückhaltung“ fordern.