War das Volkseigentum
ein „geschenkter Gaul“? [2]
Mein Namensvetter Wolfgang (Giensch) hat mit seinem Erklärungsversuch vielleicht nur einen kleinen Aspekt des Themas benannt, den ich keinesfalls für besonders relevant halte. Seine Überlegung, was wäre wenn, scheint mir zu hypothetisch.
Eigentümerbewußtsein kann doch nur dann aufkommen, wenn man frei über sein Eigentum verfügen kann, egal, ob geschenkt oder erarbeitet. Der einzelne Arbeiter hat sich jedoch vom Proletarier im kapitalistischen Unternehmen zunächst einmal kaum unterschieden. Ihm wurde zwar suggeriert, daß „alles seins“ sei, doch die Mitbestimmung über das Eigentum beschränkte sich überwiegend auf die Arbeits- und Lebensbedingungen. An Produktionsumstellungen für auf dem Markt gewinnbringendere Erzeugnisse mußte der einzelne Arbeiter gar nicht denken. Der Plan war Gesetz. So interessierte er sich auch nicht sonderlich für betriebswirtschaftliche Ergebnisse. Wenn etwas schiefging, zog er nicht zuletzt aufgrund seiner sozialen Unbekümmertheit einfach woanders hin. Arbeiten konnte man überall. Prämien gab es für gute Leistungen. Hierin liegt schon ein Denkfehler. Das Wort Prämie suggeriert nämlich etwas Besonderes, eine über das Normale hinausgehende Zuwendung. Es ist aber genau das, was ein Eigentümer sich selbst erarbeitet hat. Es steht ihm also zu. Das Bemühen um Motivation durch Auszahlung von Prämien erzeugte immer das Gefühl, daß man von dem abhängig sei, was sich die Oberen ausdenken. Es war das eher dilettantische ideologische Eingreifen in betriebliche Angelegenheiten, das den Arbeiter bevormundete. Politik, auch sozialistische Politik, hat nur die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu gestalten.
Die Betriebe hätten, wie es die Klassiker des Marxismus einst forderten, den Arbeitern überlassen werden sollen.
Wenn dann die Treuhand gekommen wäre, hätten sie ihr den Weg verlegt: „Was? Was wollt ihr denn? Unseren Betrieb verwalten wir selbst! Das haben wir schon immer so gemacht!“
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