War das Volkseigentum
ein „geschenkter Gaul“? [3]
So, wie Wolfgang Giensch die Frage aufwirft, hätte man sie auch stellen können, ohne daß ein Ende der DDR absehbar gewesen wäre, also zu Zeiten des Sozialismus. War das Eigentum in der DDR und den anderen sozialistischen Staaten tatsächlich Volkseigentum? Wolfgang Giensch sagt de facto NEIN. Ich sage JA, wobei er seine Vorstellungen von einem „wirklichen Volkseigentum“ entwickelt. Dabei kommt eine soziale Bindung an den konkreten Betrieb, in dem man arbeitet, heraus. Dessen Beschäftigte sollten von Anfang an „durch Arbeit bestimmte Anteile am Betriebsvermögen erwerben … „Zinsen“ auf ihre jeweiligen Guthaben wären „in Form von Lohnerhöhungen auszahlbar gewesen“.
Hätte diese „Unmittelbarkeit“ die Arbeiter an ihre Betriebe gebunden und das Volkseigentum zu einem „wirklichen Eigentum“ der Belegschaften werden lassen? Das rüttelt am marxistischen Grundverständnis der Frage. Warum? Der Arbeiter muß sowohl Eigentümer sein, wenn er in einem konkreten Betrieb tätig ist, als auch wenn er dort nicht arbeitet. Die Bindung des Eigentumsverhältnisses an eine spezifische Tätigkeit bietet diese Garantie nicht. Deshalb muß ein Volks- oder Gesamteigentumsverhältnis her, das alle Erscheinungen und Umstände der Arbeit erfaßt, sowohl die Arbeit in einem besonderen Betrieb als auch die Freisetzung für Arbeit in jedem anderen. …
Daß man die Löhne in einem konkreten Betrieb auszahlt, heißt doch nicht, daß man sie dort auch erarbeitet haben muß. Dächte man anders, könnte man den Begriff „gesellschaftliches Eigentum“, also Eigentum aller an den Produktionsmitteln wie den Ergebnissen der Arbeit, nicht mehr erklären. Das Bewußtsein, das man nur hat, wenn man es mit allen gemeinsam hat, wird sich – historisch betrachtet – allerdings nur allmählich entwickeln.
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