Zu Australiens Eingliederung in die neue Pazifik-Strategie der USA
Wer bedroht den fünften Kontinent?
Nachdem die konservative Koalitionsregierung unter Premier Abbott angekündigt hatte, sie beabsichtige 58 Kampfmaschinen aus den USA zum Preis von 24 Mrd. Australischer Dollars zu erwerben, fragt man sich: Wer bedroht eigentlich den fünften Kontinent mit seinen 23 Millionen Einwohnern, daß es derart immenser Ausgaben bedarf?
Das rohstoffreiche Land, das derzeit vor allem China mit Eisenerz und Kohle beliefert, während die Gruben des Inselstaates weitgehend unter fremder Kontrolle operieren (man denke an Namen wie BHP und Rio Tinto), sollte vor allem um ein friedliches und konstruktives Verhältnis zu seinen asiatischen Nachbarn bemüht sein. Doch die traditionelle Entspannungspolitik der sozialdemokratischen Australian Labour Party wurde von deren Nachfolgern um den Jesuitenzögling Tony Abbott über den Haufen geworfen. Das geschah zugunsten von den USA im Bunde mit Japan geschmiedeter Pläne, der Expansion Chinas einen Riegel vorzuschieben.
Was Washington dabei einmal mehr vermissen läßt, ist jegliches Verständnis für die Kulturen und Interessen anderer Länder. Hier sind die bitteren Erinnerungen der Koreaner und Vietnamesen an zwei USA-Aggressionen, aber auch an die japanische Okkupation Südostasiens im Zweiten Weltkrieg in Betracht zu ziehen. Unter denen, die Schlimmes durchmachen mußten, befanden sich nicht zuletzt australische Kriegsgefangene. Besonders grausam wütete Tokios Soldateska aber in der Mandschurei und auf den Philippinen. Die dort begangenen Greuel leben im Gedächtnis von Augenzeugen wie den wissenden Angehörigen nachfolgender Generationen fort. Ich sprach mit Filipino-Pflegerinnen, die mir berichteten, wie japanische Okkupanten kleine Kinder in die Luft geworfen und mit ihren Bajonetten aufgefangen oder wie sie schwangere Frauen entleibt hätten.
China leidet nicht an einer Geschichtsbelastung wie die genannten Staaten. So sind seine Emissäre als Handelspartner und Kreditgeber in den Entwicklungsländern gefragt. Wie erwähnt, geht ein Großteil australischer Exporte in das einstige Reich der Mitte, während chinesische Investitionen in Rohstoffe und Agrarprodukte Australiens Wirtschaft stimulieren. Doch dessen Geschichte ist seit jeher von Furcht vor Asien geprägt.
Einerseits verfügt der spärlich besiedelte Kontinent, der zugleich die größte Insel der Welt ist, über riesige Ländereien. Andererseits gibt es Hunderte Millionen oft landlose und vom Hunger getriebene Asiaten. Großbritannien, zu dessen Commonwealth Australien gehört, schürte fleißig die Angst vor ihnen, bis es schließlich seine militärische Präsenz „östlich des Suez“ aufgeben mußte. Die herrschende Klasse Australiens fand in den Vereinigten Staaten einen neuen Schirmherrn. Es bleibt allerdings fraglich, ob irgendeine Großmacht tatsächlich dazu bereit wäre, im Ernstfall einen Krieg zur Verteidigung Australiens zu führen. Doch allein die Illusion, mächtige Freunde zu besitzen, wirkt als politisches Opiat auf Parteien und Bevölkerung des fünften Kontinents.
Basen des Pentagons wie Darwin werden ständig ausgebaut. Auch der Ankauf neuer Kampfflugzeuge bei US-Konzernen unterstreicht die Vorstellung, eine „unbesiegbare Schutzmacht“ zu besitzen.
Australiens Haushalt 2014, der sämtliche Sozialausgaben gnadenlos zusammenstrich oder privatisierte, rief einen Schock hervor und führte viele Tausende zu Protestmärschen auf die Straßen.
Die Labour-Opposition übte zwar lautstark Kritik, bot der Wählerschaft jedoch keine Alternative an. Ihre Sprecher erklärten sogar, die Verträge über den Kauf der Kampfflugzeuge und U-Boote dürften bei einem angestrebten Regierungswechsel nicht gebrochen werden. Die parlamentarische Demokratie ist und bleibt eben ein Instrument der Klassenherrschaft, wobei sie zwischen mehreren Parteien clever ausgespielt wird, was den Wählern die Vorstellung von Alternativen vermittelt, obwohl es sich stets um die Diktatur des Kapitals handelt.
Washington begrüßte einen zahlungskräftigen Kunden für 58 neue Kampfflugzeuge des Typs F 35 Lightning II. Übrigens sind vergleichbare chinesische und russische Modelle, was Schnelligkeit und Reichweite betrifft, den amerikanischen Maschinen inzwischen überlegen.
Nur einige Monate nach dem Abschluß des Rüstungsgeschäfts wurde bekannt, daß Australien mit China über ein Freihandelsabkommen im Gespräch ist, das Regierungschef Tony Abbott wärmstens unterstützt, soll es doch mindestens 18 Mrd. Australische Dollars innerhalb von zehn Jahren in die Kassen spülen. Der Vertrag sieht Exporte von Dienstleistungen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen vor, was besonders die Milchproduktion ankurbeln dürfte.
Als Gegenleistung erwartet man in Beijing die Zulassung eigener Geschäftsführer, um chinesische Unternehmen in Australien selbst leiten zu können. Das bedeutet indes nicht den Import billiger Arbeitskräfte aus dem asiatischen Riesenland, wie die australischen Verhandlungspartner nachdrücklich unterstreichen. Mit anderen Worten: Es handelt sich um die Fortsetzung jener alten Politik, die einst das Land als „weißes Australien“ in Verruf gebracht hat.
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