Wer sind die Kriegstreiber?
Vor wenigen Monaten wäre die Antwort auf diese Frage einfach gewesen. Vom
7. bis 17. Juni 2016 fand das größte Militärmanöver in Polen seit 1989 statt. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die NATO die „Friedensdividende“ am Ende des kalten Krieges ausgeschlagen hat, hier war er! Es nahmen etwa 31 000 Soldaten teil, die aus 24 Staaten – nicht nur aus NATO-Mitgliedsländern, sondern auch aus Georgien und der Ukraine – kamen. Es sollte den NATO-Gipfel in Warschau Anfang Juli 2016 begleiten, der eine weitere Aufrüstung und Stationierung von NATO-Truppen an Rußlands Grenzen beschloß, darunter auch Panzertruppen der USA. Schlüsselworte für dieses Manöver „Anakonda 2016“ hießen „Abschreckung“ und „massive Kampfkraft“.
Das Manöver war ein Höhepunkt der Außenpolitik des US-Präsidenten Barack Obama. Die hat nicht nur das von den USA angerichtete Chaos im Nahen Osten vergrößert, sondern vor allem die antirussische Ausrichtung der Außen- und Militärpolitik der USA weiter verstärkt. Mit salbungsvollen Worten erklärte Obama im April 2009, auch die USA würden eine von Atomwaffen freie Welt erstreben. Ein Jahr später, im April 2010, legte er den „Nuclear Posture Review“ 2010 vor, die Grundlinien für die künftige Nuklearpolitik seiner Regierung. Deren Maßnahmen zur Modernisierung der strategischen Atomwaffen der USA haben einen Zeithorizont bis 2080.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach der Trump-Wahl Barack Obama zu einem letzten Besuch als Präsident der USA in Berlin empfangen. Gemeinsam mit anderen Staats- und Regierungschefs großer EU-Staaten erklärten sie, die antirussischen „Sanktionen“ zu verlängern, und bestanden auf TTIP. Das ist Pfeifen im Walde. TTIP in der von Obama, Merkel & Co. erstrebten Richtung dürfte erledigt sein, weshalb die EU-Kommission die Entwürfe schon im Gefrierschrank abgelegt hat.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg betonte, die Beistandsklausel des von ihm verwalteten Bündnisses sei „bedingungslos“. Aber Trump und seine Berater haben deutlich gemacht, daß sie nicht die Absicht haben, US-Truppen in einem Konflikt gegen Rußland einzusetzen, den estnische oder polnische Nationalisten anzetteln. Die Regierenden in Kiew, die von der Obama-Administration gezielt angestachelt wurden, wissen nicht, ob sie auch künftig auf Washingtons Spesenliste stehen. Nachdem der Westen die Ukraine-Krise ausgelöst hatte, war nicht klar, ob das Hinüberziehen der Ukraine aus dem Einflußgebiet Rußlands in den Orbit von EU und NATO eine US-Politik (von Obama und Clinton) ist, die von der EU bezahlt werden soll, oder eine deutsche bzw. „europäische“, für welche die USA das militärische Drohpotential im Hintergrund zur Verfügung stellen.
Das „America First“ der Trump-Kampagne bedeutet eine Schwerpunktsetzung auf Innenpolitik und Wirtschaft; „Make America work again“ war eine Tageslosung auf Trumps Parteitag. Das hat unter Umständen einen Wirtschaftskrieg gegen China zur Folge, nicht aber einen Schießkrieg gegen Rußland.
Das Gerede in Deutschland über eine Stärkung der EU und ihrer militärischen Schlagkraft, bis hin zur Forderung nach deutschen Atomwaffen (FAZ, 27. 11. 2016), zeigt: in Berlin und Brüssel sitzen mindestens ebensoviele Kriegstreiber wie in Washington.
Aus einem Vortrag beim 23. Friedensratschlag in Kassel, Dezember 2016
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