Rückgriff auf die „Stürmer“-Methode
des Nazi-Schmierfinken Julius Streicher
Wladimir Putin als „Inkarnation des Bösen“
In Günther Jauchs ARD-Sendung „Polittalk“ erreichte die frenetische Haßkampagne gegen Wladimir Putin einen ihrer journalistischen Höhepunkte. Man erging sich in völlig abstrusen, aus der Luft gegriffenen Bezichtigungen ohne jede Verwurzelung in Rationalität oder Beweiskraft. Aus Anlaß des „rein zufällig“ auf dem Roten Platz in Moskau verübten Mordes an Boris Nemzow, einem „Kreml-Kritiker“, der vermutlich im Dienste der Ukraine stand, wurden bei Jauch Suggestivfragen gestellt, darunter diese: „Wie gefährlich ist Putin?“ Nemzows älteste Tochter, nach eigenen Angaben aus Angst vor diesem nach Berlin geflohen, behauptete, ohne auch nur ein Argument zu bemühen, der russische Präsident sei nicht nur der Urheber dieses Verbrechens, sondern auch anderer vorausgegangener politischer Morde.
Die Hintergründe der Kampagne gegen Putin wurden bereits in mehreren „RotFuchs“-Ausgaben analysiert. Für den „krankhaft eitlen, machtbesessenen, skrupellosen und überdies von zaristischem Verfolgungswahn geplagten Tyrannen im Kreml“ gab es bei der Schuldzuweisung einmal mehr kein Entrinnen: Wenn er es schon nicht selber war, der Nemzow umbrachte, so hat er die Tat zumindest veranlaßt, „da er ja jeden Kritiker sogleich beseitigt“. Wenn es also andere waren, dann wußte Putin bereits im voraus davon, da ihm „nichts entgeht“ und nahm es „freudig in Kauf“. Daher ist er der „Hauptschuldige“, der „permanent Mordhetze gegen Oppositionelle“ betreibt. Daran ändert auch die scharfe Verurteilung dieses Attentats und anderer Verbrechen durch den Kreml ebenso wenig wie die Festnahme „islamistischer Terroristen aus dem Kaukasus“, die während der Tschetschenienkrise vom Westen noch als „Freiheitskämpfer gegen Rußland“ hochstilisiert worden waren. Da stellen sich politische Beobachter logischerweise die Frage, ob es sich bei den Mördern vom Roten Platz nicht um CIA-gesteuerte Kaukasier oder andere Personen im selben Auftrag gehandelt haben könnte. Aufschlußreicherweise herrscht bei den imperialistischen Leitmedien inzwischen in Sachen Nemzow völliges Schweigen. Für sie hat sich der Fall erledigt.
In Bezug auf die Ukraine sieht es ähnlich aus: Was immer auch die Selbstverteidigungskräfte im Donbass tun, es ist stets heimtückisch und von Putin höchstpersönlich gesteuert. Befolgen sie die Rückzugsforderungen des Minsker Abkommens noch vor den Kiewer Machthabern und deren sich als wilder Haufen erweisender ukrainischer Armee, dann „gruppieren sie nur ihre Kräfte für eine neue Offensive um“. Zerschossene Wohn- und Krankenhäuser, das ganze Elend der in den Konflikt hineingezogenen Zivilbevölkerung – alles geht auf Putins Konto und Geheiß. Die enormen Zerstörungen und die hohe Zahl der Menschenopfer dieser Konfrontation sind, durch die westliche Brille betrachtet, das Werk folternder und mordender prorussischer Separatisten im Dienste Putins. Die Lügenpropaganda läßt die Tatsachen völlig außer Betracht, verzichtet auf „unnötige Details“ und fügt dreist Erfundenes hinzu. Sie erreicht inzwischen das Niveau von Julius Streichers Schmutzgazette „Der Stürmer“ und ruft die Erinnerung an dessen „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“ wach. Streicher ereilte nach den Nürnberger Prozessen, in denen er einer der Hauptangeklagten war, der Tod durch den Strang.
Bezöge man all das, was man gegen Rußland und Putin in die Welt setzt, auch nur partiell auf Israels Bluttaten in Gaza, dann würden die Kolporteure mit Gewißheit der Volksverhetzung bezichtigt.
Hochkonjunktur herrscht einmal mehr für Verschwörungstheorien, die begierig von Teilen der „Bloggerszene“ aufgegriffen und „im Volk“ weithin für bare Münze genommen werden. Da gibt es neben dem Schüren der Angst vor den Russen die „islamistische Bedrohung des Abendlandes“, die Überflutung durch „sozialschmarotzende Asylanten“ und die „Überfremdung Deutschlands“. Wenn man ethnische Gruppen aufeinanderhetzt, bedarf es des Wiederaufwärmens ultranationalistisch-„völkischer“ Nazi-Erfindungen. Auch die Dominotheorie zur Eindämmung „von Moskau gesteuerter kommunistischer Welteroberungspläne“ und die berüchtigte „Totalitarismusdoktrin“ funktionierten von Beginn an nach diesem Prinzip. Da fragt man sich: Wann wird die „gelbe Gefahr“ wieder ins Spiel gebracht?
Bedient man sich bei einem noch ungeklärten Vorfall der Schablone solcher „bewährten Deutungsmuster“, dann kann man sie beliebig auf jede neue Variante anwenden. Ergebnisse liegen ja bereits hinreichend vor. So hieß es in einer ntv-Sendung über Stalingrad unter Gleichsetzung von Hitler und Stalin: „Der Kampf der beiden Diktatoren kostete unzählige Menschenleben.“
Die notorische CDU-Revanchistin Erika Steinbach, eine Merkel-Vertraute, stellte im Dezember 2014 Fotos von Hitler, Stalin und Putin unter dem Motto ins Internet: „Drei der gleichen Art.“ Nimmt man die als „westliche Werte“ bezeichneten parlamentarischen, wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten zum Maßstab, dann kann man jede beliebige Abweichung davon ohne Skrupel diffamieren. So fragte man angesichts mangelnder Kooperationsbereitschaft der Athener Zypras-Regierung in Sachen Ukraine: „Hat Putin nun einen Sitz in der EU-Kommission?“
Ältere erinnern sich vielleicht noch jenes CDU-Plakats von 1956, das unter dem Motto „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“ sämtliche Übel der vom Imperialismus gepeinigten Menschheit „den Russen“ in die Schuhe schieben wollte. Heute verhält es sich nicht anders.
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