Pumpspeicherwerk Markersbach –
eine fette Beute der Kapitalisten
Wo einst 22 000 Erbauer mit anpackten …
Der Standort des Pumpspeicherwerkes Markersbach (PSW) soll auf ingenieurtechnische Erkenntnisse aus den 30er Jahren zurückgehen. Der Bau wurde damals jedoch nicht mehr in Angriff genommen, weil die Hitlerfaschisten alle Kräfte auf Vorbereitungen für den Zweiten Weltkrieg konzentrierten.
Zu Zeiten der DDR wurde der Gedanke wieder aufgegriffen. Auf den Abschluß der Erkundungsarbeiten in den 60er Jahren folgte 1970 die Errichtung des PSW. Das gewaltige Objekt konnte 1980 fertiggestellt und übergeben werden. Dem Vernehmen nach wird das PSW heute vom Energiekonzern Vattenfall privatwirtschaftlich betrieben.
Bei Baubeginn fungierte als Generalauftragnehmer (GAN) das Volkseigene Kombinat Kraftwerksanlagenbau Berlin. In der „Hierarchie“ der ihm Nachgeordneten gab es mindestens vier Hauptauftragnehmer (HAN) – den VEB Schachtbau Nordhausen, den VEB Wasserbau Weimar, den VEB Bau- und Montagekombinat Süd sowie das gleichfalls volkseigene Škoda-Werk in Brno (ČSSR), das für die Herstellung und Installation der Wasserturbinen verantwortlich zeichnete. Um die Dimension des Vorhabens anzudeuten, sei hinzugefügt, daß jeder HAN wiederum mehrere Nachauftragnehmer hatte. Insgesamt waren in der Bauphase rund 22 000 Arbeitskräfte beteiligt.
Zu den ersten Gebäuden, die entstanden, gehörte ein Verwaltungs- und Sozialtrakt mit eigener Großküche, Speisesaal, Büroräumen des späteren Betreibers und einer Waschkaue für die Untertagearbeiter. Eine neue Umgehungsstraße vom Verladebahnhof Grünstädtel zur Baustelle, die heute durch Markersbach führt, stand ebenfalls auf dem Programm.
Überdies ging es damals um die Schaffung von Arbeiterwohnunterkünften in Raschau und Schwarzenberg sowie den Bau eines achtgeschossigen Bettenhauses mit eigener Großküche am Oberbecken. Das Bettenhaus sollte später vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) als Ferienobjekt genutzt werden, wurde aber nach der Konterrevolution sehr bald abgerissen.
In der Anfangsphase ging es auch um die Täufung eines sogenannten Hilfsstollens. Von diesem aus wurde die etwa 100 Meter unter der Erdoberfläche liegende Kaverne für das dort ebenfalls befindliche Maschinenhaus eingerichtet. Die anfallende Gesteinsmasse transportierten sowjetische 16-Tonnen-Lkw vom Typ Krass zur Aufschüttung des Unterbecken-Dammes ab. Von der Kaverne aus wurden mit einer Steigung von ca. 35 Grad zwei Tunnel für die Aufnahme der Triebwasserleitungen aufgefahren. Eine von ihnen war für jeweils drei Turbinen vorgesehen, von denen insgesamt sechs installiert wurden.
Die Leitungen wiederum teilten sich in der Kaverne in drei Zuflußrohre für die Turbinen. Sie waren mit jeweils drei Kugelschiebern verschließbar. Ein einziger davon wog 60 Tonnen. Die Triebwasserleitungen vom Oberbecken zur Kaverne hatten einen Durchmesser von sechs Metern. Sie bestanden aus sowjetischem Stahl.
In einer extra dafür bestimmten Werkhalle am Oberbecken wurden die Rohrsegmente gefertigt. Man brachte sie dann auf Flugzeugfahrwerken in das Oberbecken. Auf Eisenbahnschienen wurden sie in die Tunnel zu Tal gelassen und von unten verschweißt. Das Unterbecken sollte etwa 6,5 Mill. m³ Wasser und das Oberbecken 4,5 Mill. m³ speichern.
Die Fertigstellung der Anlagen untertage wurde vom VEB Schachtbau Nordhausen vollbracht. Dieser wiederum besaß einen polnischen Nachauftragnehmer. Es handelte sich dabei um eine Bergbaufirma aus der Gegend von Katowice. Auch österreichische Tunnelbauer sollen in Markersbach tätig gewesen sein, vor allem als Berater.
Die Kraftwerksturbinen stammten vom Kombinat Blansko (ČSSR) und waren ein Prototyp, der sich von den früheren Turbinen für die Beförderung des Wassers in ähnliche Oberbecken unterschied. Dazu wurden gesonderte Pumpen benötigt. Die Turbinen erzeugten Strom, und im entgegengesetzten Lauf entnahmen sie ihn aus dem Netz und pumpten das Wasser damit in das Oberbecken.
Pumpspeicherwerke wirken wie große Akkumulatoren. Des nachts wird der überschüssige Strom, um die Kohlekraftwerke nicht zurückfahren zu müssen, dafür verwendet, die riesigen Pumpen in Aktion treten zu lassen, wodurch das Wasser aus dem Unterbecken in das Oberbecken geleitet und den Generatoren zugeführt wird, um diese zur Stromerzeugung anzutreiben. Für die DDR-Volkswirtschaft war das deshalb von außerordentlicher Bedeutung, verfügte man doch so in den Spitzenzeiten über eine enorme Kraftreserve.
Nach der konterrevolutionären Wende wurde das PSW Markersbach wie alles andere vom Volk der DDR Geschaffene fast über Nacht privatisiert und den kapitalistischen Haien in den Rachen geworfen.
Ich habe diesen Bericht geschrieben, um jüngeren Generationen vor Augen zu führen, wie gigantisch der Raubzug der „Ritter der Wiedervereinigung“ gewesen ist.
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