RotFuchs 216 – Januar 2016

Saudi-Arabien rekrutierte die ersten Killerkommandos des IS

Wo Enthaupten zur Routine gehört

RotFuchs-Redaktion

Die Führung des geistig und gesellschaftlich noch im tiefsten Mittelalter verharrenden Königreichs Saudi-Arabien gilt – zumal von Beratern aus den USA und anderen Staaten des höchstentwickelten Kapitalismus flankiert – in vieler Hinsicht als äußerst erfinderisch. Dort formierte und trainierte man im Bunde mit so finsteren Golfstaaten wie Katar auf „überseeischen“ Rat die ersten Terrorkommandos des Islamischen Staates (IS). Inzwischen scheint dieser – Goethes Zauberlehrling gleichend – der Kontrolle seiner Erfinder entglitten zu sein.

Karikatur: Klaus Stuttmann

Die Führung des quantitativ und qualitativ ölreichsten Staates der Welt erfand auch ein raffiniertes und radikales Mittel, um ebenfalls von Petroleinnahmen abhängige Länder wie Rußland, Venezuela, Iran oder Nigeria in Schwierigkeiten zu bringen: Durch seine Dominanz in der Organisation Erdölfördernder Länder (OPEC) sorgte Riad für den bisher empfindlichsten und am längsten anhaltenden Preissturz in der Geschichte der Gewinnung des Schwarzen Goldes. Dabei sollte man in Rechnung stellen, daß der dort tonangebende Aristokratenklüngel zu den treuesten, weil zahlungskräftigsten Abnehmern der BRD-Rüstungsindustrie gehört.

Überdies ist Saudi-Arabien unschlagbarer Spitzenreiter bei öffentlichen Enthauptungen. Nirgends dürften die Köpfe Schuldiger wie Unschuldiger so locker wie dort auf ihren Körpern sitzen. Hinrichtungen mit gewaltigen Schwertern gelten im Saudi-Reich als Hobby der Herrschenden und sichere Einnahmequelle ihnen dienstbarer Scharfrichter.

Ironie des Schicksals: Am 17. September 2015 wurde ausgerechnet Saudi-Arabiens Botschafter bei den Vereinten Nationen Faisal Bin Hassan Trad zum Vorsitzenden des Unabhängigen Expertengremiums beim Genfer UNO-Menschenrechtsrat berufen. An der Spitze einer fünfköpfigen „Expertengruppe“ hat er darüber zu befinden, wem ein Mandat der Vereinten Nationen zur Ahndung gemeldeter Menschenrechtsverstöße zufallen soll.

Nur Monate zuvor hatte das Königlich-Saudische Ministerium für den Zivildienst per Annonce acht Bewerber auf zusätzliche Scharfrichterposten suchen lassen, da sich die bereits in der Branche Tätigen durch die große Zahl von Exekutionen überfordert sahen. Schon am 15. Juni 2015 hatte die Zahl in jenem Jahr erfolgter öffentlicher Enthauptungen die 100er Grenze überschritten.

In Saudi-Arabien gelten Regeln, für die das Königreich ohne Zweifel Patente anmelden könnte. Das betrifft insbesondere die Lage der Frauen. Ohne Genehmigung des Mannes dürfen sie weder Pässe besitzen noch verreisen oder in den eigenen Landesgrenzen höhere Bildung erwerben. Besonders grotesk ist auch das den Frauen auferlegte Verbot, am Steuer eines Autos zu sitzen. Doch dagegen bäumt sich schon seit Jahren Widerstand auf. Am 6. November 1990 wagten es 47 beherzte Frauen, mit einem aus 14 Fahrzeugen bestehenden Konvoi in Riad dagegen aufzubegehren. Sie wurden öffentlich als Huren beschimpft und mitsamt ihren männlichen Unterstützern zunächst einmal inhaftiert. Tags darauf veröffentlichte die Presse ihre Namen, Adressen und Telefonnummern. Nun hagelte es Morddrohungen.

Am 8. März 2008 – dem Internationalen Frauentag – wandten sich Waheja al-Huwaider und andere mutige Frauen an König Abdullah und forderten die Aufhebung des Verbots. 2011 bekam die Kampagne unter dem Einfluß des Arabischen Frühlings in anderen Ländern starken Auftrieb. Doch der Feudalstaat schlug zurück und verurteilte eine der Aktivistinnen zu 20 Stockhieben. 2012 registrierte man immerhin bereits mehr als 100 Saudi-Araberinnen, die ohne eigene Reklame regelmäßig am Steuer saßen. Das veranlaßte einen der geistigen Führer im Königreich zu der Warnung, daß Autos lenkende Frauen mit schweren Eierstockschädigungen rechnen müßten. Tags darauf stellten saudische Feministinnen auf einen Schlag zwölf Filme in das YouTube-Programm, die couragierte weibliche Chauffeure im Lande zeigten.

In letzter Zeit sorgte besonders der Fall des saudischen Bloggers Raif Badaba, der wegen seines unabhängigen Denkens zu tausend Stockschlägen und zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde, für weltweite Empörung. Im November 2015 wurde der palästinensische Lyriker Aschraf Fajal wegen „Abfallens vom islamischen Glauben“ zum Tode verurteilt.

Vor allem aber richtet sich der weltweite Widerstand gegen die infame Rolle, die das vom Westen gehätschelte und mit immer neuen Mordinstrumenten belieferte mittelalterliche Königreich beim Export islamistisch getarnter Killer des IS nach Irak und Syrien sowie bei den brutalen Luftüberfällen auf Jemen spielt. Während 117 Staaten der Konvention gegen Streubomben beigetreten sind, gehört das saudische Königreich nicht zu den Unterzeichnern. Übrigens nimmt es in der 180 Länder erfassenden Pressefreiheitsskala der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ derzeit den 164. Rang ein.

Noch ein Wort zur Rolle Riads bei George W. Bushs berüchtigtem „Krieg gegen den Terror“ – der größten globalterroristischen Ak-tion aller Zeiten. Er wurde nach dem Überfall auf die New Yorker Twin Towers offiziell ausgelöst. Unter den selbstmörderischen Hijackern, die das erste in die Wolkenkratzer hineinrasende Flugzeug zuvor unter ihre Kontrolle gebracht hatten, befanden sich nicht weniger als 19 Staatsbürger Saudi-Arabiens. Über Syrien und Irak führte Riads Blutspur dann in das durch saudische Bomber heimgesuchte Nachbarland Jemen, dessen Territorium bereits weitgehend durch Satellitentruppen Saudi-Arabiens und des Pentagons „zurückerobert“ worden ist.

RF, gestützt auf „Global Research“, Kanada, „The Socialist Correspondent“, London, und „People’s World“, New York