RotFuchs 218 – März 2016

Zyperns AKEL bleibt auch in der Opposition eine solide linke Kraft

Wo jeder Dritte für die Kommunisten stimmt

RotFuchs-Redaktion

Eine Tatsache sollte auch nach dem von der einheimischen Reaktion und deren Hintermännern in NATO und EU auf Zypern herbeigeführten Regierungswechsel nicht in Vergessenheit geraten: Dort hat ein Drittel der Stimmberechtigten kommunistisch gewählt – etwas Einmaliges im derzeitigen Europa.

Die marxistische AKEL muß als stärkste Oppositionspartei unter sehr spezifischen Bedingungen operieren: Von der Insel im östlichen Mittelmeer starten immer wieder britische Kampfmaschinen, die Ziele auf syrischem Territorium bombardieren.

Zyperns AKEL sagt Nein zu den Plänen der NATO.

Im übrigen zwingt die Brüsseler EU-Kommission den Zyprioten seit Mai 2013 ihren Willen auf. Der kleine Staat wurde zu einem extrem harten Austeritätskurs gezwungen, der ironischerweise als „Hilfsprogramm“ ausgegeben wird. Nach zwei Jahren waren dessen Ergebnisse erschreckend: 16 % der aktiven Bevölkerung sind ohne Erwerbsmöglichkeiten, wobei der Arbeitslosenanteil bei jungen Leuten sogar die 50-%-Marke überschreitet. Jene aber, welche einen Job haben, müssen sich mit immer schlechteren Bedingungen abfinden.

Die zuvor regierende kommunistische AKEL begegnet diesem „Sparkurs“ mit organisiertem Widerstand. Er muß in einem kleinen Land aufgebaut werden, dessen Banken nicht mehr bereit sind, Mittel für die Entwicklung der einheimischen Wirtschaft zur Verfügung zu stellen und wo die Schwächsten der Gesellschaft nicht die geringste Hilfe vom Staat erwarten können.

Auf Zypern bestehen – in Akrotiri und Dhekelia – zwei NATO-Militärbasen, die offiziell seit Kolonialzeiten zu Großbritannien gehören. Sie beanspruchen eine Fläche von 250 km² – das sind 3 % des zyprischen Territoriums – und unterliegen fremder Entscheidungsmacht. Von diesen Stützpunkten hoben britische, aber auch Kampfmaschinen anderer NATO-Staaten wie Norwegen im Jahre 2011 zu Einsätzen ab, mit denen das imperialistische Komplott gegen Gaddafis Libyen unterstützt wurde. Dort stationierte Einheiten der britischen Royal Air Force nahmen auch am Überfall auf Irak teil.

Am 2. Dezember 2015 – nur wenige Stunden, nachdem sich das neugewählte Unterhaus mit 297 : 223 Stimmen für eine Beteiligung Londons an der westlichen Militärintervention gegen Damaskus entschieden hatte – starteten britische Bomber von Akrotiri, um Ziele in Syrien zu attackieren, ohne dabei die vom IS kontrollierten Gebiete ernstlich in Schwierigkeiten zu bringen. Zypern besitzt für die NATO im Mittelmeerraum einen einzigartigen strategischen Wert, da die Küsten Syriens und des Libanon nur etwa 150 km von der Insel entfernt sind.

Unter diesen Bedingungen stellt die AKEL eine besonders wichtige antiimperialistische Friedenskraft in der Region dar. Sie fordert die Schließung der britischen Stützpunkte und widersetzt sich jeglicher NATO-Präsenz auf dem Boden des nichtpaktgebundenen Inselstaates. Zugleich tritt sie dafür ein, den Nahen und Mittleren Osten zu einer dauerhaft atomwaffenfreien Zone zu erklären. Damit wendet sie sich nicht nur gegen die permanent von der Nuklearmacht Israel ausgehende Drohung, sondern auch gegen die ständige Anwesenheit mit Atomwaffen ausgerüsteter oder bestückbarer Flotteneinheiten der USA und Großbritanniens im östlichen Mittelmeer.

Mit Schärfe verurteilte die AKEL Ende vergangenen Jahres eine Erklärung der rechtsgerichteten Regierung in Nikosia zu den Pariser Attentaten. Erstmals in der zypri-schen Geschichte wendeten am Ruder befindliche Reaktionäre damit Art. 42,7 des EU-Vertrages über „wechselseitige Solidarität der Mitgliedsländer“ an, wodurch sie bereits Zyperns militärische Einrichtungen europäischen NATO-Staaten zur Bombardierung Syriens geöffnet habe. Wenn die von den derzeit auf Zypern Regierenden durch sie bekundete „Priorität“ der Bekämpfung des IS weiterhin als glaubwürdig erscheinen solle, müßten sie die NATO-Staaten vielmehr dazu drängen, die Finanzierung, Bewaffnung und den Handel mit dieser terroristischen Organisation unverzüglich zu beenden, heißt es in einem AKEL-Kommuniqué.

Mit Schärfe verurteilte die Partei den Abschuß einer russischen Maschine über von protürkischen und regierungsfeindlichen Terroristen kontrolliertem grenznahem syrischem Territorium. „Die Türkei ist dabei, den Frieden im östlichen Mittelmeerraum zu zerstören, und die NATO applaudiert ihr noch dazu“, wird betont.

Im Verlauf der Jahrhunderte wurde Zypern von Volksgruppen mit unterschiedlicher Sprache besiedelt. Heute bedienen sich 68 % der Inselbewohner des Griechischen und 27 % des Türkischen, während nur 5 % andere Idiome benutzen.

Seit der Invasion der türkischen Armee im Jahre 1974 fühlt sich die Mehrheit der Zyprioten durch die damals erfolgte militärische Abtrennung des Inselnordens beunruhigt. Als die AKEL in Zypern am Ruder war, betrieb sie eine durch keinen Nationalismus getrübte Politik der friedlichen Wiedervereinigung beider Teile des Landes. Dabei stellte sie den gemeinsamen Kampf von griechischen und türkischen Zyprioten für soziale Ziele in den Mittelpunkt. Die Aufrechterhaltung des zweisprachigen Charakters Zyperns unterstreichend, forderte sie ein Ende der Okkupation des Nordens durch Ankara.

Am 1. Oktober 2015 unternahm die AKEL im Europaparlament einen neuen Vorstoß für die Wiederannäherung der beiden stärksten Volksgruppen Zyperns. Dabei kam es zu einem auch durch Meinungsverschiedenheiten geprägten Dialog der dortigen zyprischen Abgeordneten.

Die AKEL führt einen entschiedenen Kampf gegen den Chauvinismus rechtsgerichteter griechischer Zyprioten. Am 18. November 2015 hatten von diesen aufgehetzte Studenten völlig unmotiviert türkische Mitbürger massiv angegriffen. In einer das Ereignis verurteilenden Erklärung der zyprischen Marxisten heißt es u. a.: „In unseren Schulen wird der Faschist Grivas, der in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Führer einer griechischsprachigen ultrarechten Bewegung zum Mörder von Türken und Kommunisten wurde, jetzt als Held präsentiert.“ Damit verdeutlichte die AKEL Hintergründe des Geschehens. In einem Interview erklärte ihr Generalsekretär Andros Kyprianou, man müsse sich vor faschistischen Organisationen wie der ELAM hüten, die auf Zypern regelrechte Manöver veranstalte. Bei ihr handele es sich um eine Abteilung der berüchtigten Goldenen Morgenröte, die in Hellas ihr Unwesen treibe.

RF, gestützt auf „Solidaire“, Brüssel