Wolf bleibt Wolf – auch im Schafspelz
In Anlehnung an Heinz Gliemanns RF-Beitrag „Stiglitz – Menü ohne Marxschen Pfeffer“ (Juli-RF) bleibt zu bemerken, daß nicht nur der berühmte Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz mittlerweile zum vehementen Kritiker des neoliberalen Weges, besonders in den USA, mutiert ist. Auch in der BRD gibt es solche Kritiker am System. Das trifft beispielsweise auf die deutschen Ökonomen Max Otte und Rudolph Hickel wie deren Bücher „Stoppt das Euro-Desaster!“ und „Zerschlagt die Banken!“ zu. Hierbei handelt es sich um durchaus tiefgründige Kritik an der gegenwärtigen Politik, besonders am Finanzsystem. Doch beide Professoren sind nicht bereit, den entscheidenden Schritt der Trennung vom Kapitalismus zu vollziehen. Sie fordern zwar Veränderungen an dessen System, erkennen und benennen indes nicht die strukturellen Probleme. Ein Wolf aber bleibt ein Wolf, auch wenn man ihm einen Schafspelz umhängt.
Der Kapitalismus folgt den seinem System innewohnenden Regeln und Gesetzen, die dringend überwindungsbedürftig wären. Doch solchen Ökonomen gebricht es an der Fähigkeit durchdringenden Denkens, das es ihnen ermöglichen würde, über ihren eigenen Schatten zu springen und selbstgesetzte Grenzen zu überschreiten. – Albert Einstein hat einmal berechtigterweise festgestellt, man könne Fehler nicht mit derselben Denkweise beheben, welche sie hervorgebracht habe.
Zu den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus gehört in erster Linie auch der sogenannte Wachstumszwang, der in einem begrenzten System, das die Erde nun einmal darstellt, zu dessen Zerstörung führen muß. Diese Grenzen wurden übrigens schon in den 70er Jahren vom elitären „Club of Rome“ benannt und 40 Jahre später in seinem Aktualisierungspapier bestätigt. Sie werden heute immer sichtbarer. Ungeachtet dessen zieht die neoliberale Politik im Dienste der ökonomisch Herrschenden ihre zerstörerische Spur und unternimmt nichts, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen.
Das sieht auch Max Otte so. Er beschreibt, wie Banken und andere „Finanzdienstleister“ Währungen und ganze Staaten ruinieren. Ebenso klar ist, daß man das gesamte System zerschlagen müßte, um etwas Wirksames dagegen unternehmen zu können. Doch wer ist weiter von solchen Überlegungen entfernt als die gegenwärtig hierzulande den Ton Angebenden?
Leider wird auch in Prof. Hickels Buch „Zerschlagt die Banken!“ bei aller Kritik die Systemfrage nicht gestellt. Und einen Bären waschen zu wollen, ohne sein Fell naßzumachen, war noch zu keiner Zeit möglich. Prof. Otte warnt groteskerweise davor, daß sich die BRD unter dem Druck der Finanzmärkte wieder in eine Klassengesellschaft „zurückentwickeln“ (!) würde. Ist deren Gesellschaft denn jemals etwas anderes gewesen?
Diese Art der Argumentation zeigt – wie sollte es auch anders sein – ernste Wissenslücken selbst bei durchaus denkfähigen und kritischen Köpfen unter hiesigen „Eliten“ im Hinblick auf gesellschaftliche Zusammenhänge, die schon von Marx, Engels und Lenin bloßgelegt wurden. Auch wenn selbst Friedrich August von Hayek – Merkels Lieblingsökonom – die Auffassung vertritt, Demokratie und Marktwirtschaft seien nicht miteinander vereinbar, steht für Leute seines Zuschnitts natürlich ein Systemwechsel überhaupt nicht zur Debatte.
Ein wenig mehr Überschaubarkeit der Ansichten führender Ökonomen wäre von Vorteil. Doch das ideologische Spinnennetz, in dem auch sie offensichtlich gefangen sind, gibt so schnell niemanden frei!
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