RotFuchs 195 – April 2014

Wortmeldung aus dem Allende-Viertel

Torsten Postrach

Der Beitrag „Eine Ehrung Allendes“ im RF 193 veranlaßt mich zu einer Wortmeldung. Der Umsetzung der Allende-Büste in die angebliche Mitte des Allende-Viertels ohne Not und ihrer „Erhaltung“ ging die Bilderstürmerei an einem anderen DDR-Kunstwerk voraus: den „Drei Stelen“. Die Allende-Büste des Bildhauers D. Rohde befand sich nach dem Verlust des Venceremos-Flachreliefs von Prof. W. Nerlich durch Diebstahl allein auf dem Schulhof. Deshalb wurde sie unserer Ansicht nach durch Mitarbeiter des Bezirksamtes (BA) wirkungsvoll vor die „Drei Stelen“ mit dem Schriftzug Salvador-Allende-Oberschule in den schon bestehenden kleinen Ehrenhain vor dem Schulgebäude umgesetzt.

Die nach dem „Anschluß“ der DDR an die BRD im Gebäude der Salvador-Allende-Oberschule neu entstandene und benannte Salvador-Allende-Gesamtschule wurde später aufgelöst, und ein Gymnasium zog dort ein. Es deutete sich an, daß die Schulleitung den Namen Salvador Allende nicht weiterführen wollte. Als neue Namenspatronin wurde Emmy Noether, eine angesehene deutsch-jüdische Mathematikerin, die 1933 in die USA emigrierte und kurze Zeit später dort starb, auserkoren und der Name Allende gelöscht.

In der Folge der Namensgebung wurde auch der Schriftzug an den „Drei Stelen“ entfernt. Im 40. Jahr des Putsches in Chile unterbreitete die SPD in der Absicht, den Namen des Sozialisten Allende endlich ganz vom Schulbau zu lösen, den Vorschlag, die Büste in nur schlecht kontrollierbare Räume an der Peripherie des Viertels zu verbringen. Allein mit den Stimmen der SPD wurde die Umsetzung vom öffentlich-rechtlichen Gelände der Schule auf ein Terrain der privaten Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO beschlossen. Zu deren Absicherung unterzeichnete das BA mit der DEGEWO, die das Projekt unterstützte, einen zivilrechtlichen Vertrag.

Unsere Bürger wurden zu dieser Sache nie befragt. Die Umsetzung erfolgte trotz einer fachlich fundierten Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Kunst im öffentlichen Raum und des Büros gleichen Namens, die sich für den Erhalt des alten Standortes im historischen Kontext und die Restaurierung der Kunstwerke aussprachen.

Unserer Auffassung nach war das Allen-de-Ensemble schon bei der Einfahrt ins Viertel ein Blickfang. Zugleich wurde der Gedenk- und Denkort „Savador-Allende-Oberschule“ kenntlich gemacht, der als Symbol für die Solidarität mit den nach dem blutigen Militärputsch in Chile in die DDR geflohenen Chilenen steht und bis in die 80er Jahre ein wichtiger Treff mit dem chilenischen Exil war.

Als Dank für die erwiesene Solidarität wurde die Allende-Büste 1983 anläßlich des zehnten Jahrestages des Putsches und des Todes von Salvador Allende durch den chilenischen PS-Politiker Sepulveda an die Schule übergeben. Um das Schlimmste zu verhüten, hatte ich Anfang 2013 einen Antrag zur Prüfung der Schutzwürdigkeit der Kunstwerke im Allende-Viertel an das Landesdenkmalamt mit dem Gedanken gestellt, insbesondere das Allende-Ensemble vor der Schule zu erhalten.

Die Allende-Büste wurde jedoch an den neuen, unserer Meinung nach völlig ungeeigneten Standort umgesetzt und mit höchster bezirklicher Weihe am 11. September 2013 der Öffentlichkeit übergeben. Somit wurden das alte Ensemble zerstört und die persönlichen Eitelkeiten jener Herren befriedigt, die das Projekt in der Folge der BVV-Entscheidungen zielstrebig vorangetrieben hatten. Nun beabsichtigt Bürgermeister Igel gemeinsam mit den anderen Herren die vollständige Beseitigung der „Drei Stelen“, da sie angeblich schon nicht mehr standsicher seien.

Torsten Postrach ist Vorsitzender des Bürgervereins Allende-Viertel Köpenick e. V.