Zum 65. Jahrestag der Bildung
des APN der DDR
Am 1. September 1951 gab der Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, den Beschluß der DDR-Regierung über die Bildung eines Instituts für wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) bekannt. Das war die Tarnbezeichnung für den Außenpolitischen Nachrichtendienst (APN) der DDR, der nunmehr die Aufgabe übernehmen sollte, durch zunächst politische, wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Aufklärung sowie die Bearbeitung der westalliierten Einrichtungen in der BRD und in Westberlin Politik und geplante Störmaßnahmen gegen die DDR festzustellen und damit Hilfe für den weiteren Aufbau und die Sicherung der DDR zu leisten – also eine wesentliche Ergänzung der Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit, welches bereits am 8. Februar 1950 gegründet worden war. Bis dahin hatten diese Aufgaben noch die in der DDR stationierten UdSSR-Dienste übernommen. Deshalb ging die Initiative zur Bildung eines Außenpolitischen Nachrichtendienstes der DDR vor allem von sowjetischer Seite aus. Es kam zu Gesprächen mit den führenden DDR-Repräsentanten Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Otto Grotewohl. Die sowjetische Seite beauftragte den während des Krieges gegen den deutschen Faschismus vielseitig bewährten Mitarbeiter Grauer und ein Team ebenso bewährter Mitarbeiter mit der Unterstützung der DDR-Seite. Als Leiter des APN wurde Anton Ackermann, Mitglied des Politbüros der SED und Staatssekretär im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR, berufen. Das entsprach dem sowjetischen Vorbild. Auch dort war die Auslandsaufklärung zu dieser Zeit ein Bereich des Außenministeriums unter Molotow. Zu ersten leitenden Mitarbeitern des APN wurden Richard Stahlmann, verdienter antifaschistischer Widerstandskämpfer und enger Vertrauter und Mitarbeiter von Georgi Dimitroff, und der 28jährige Markus Wolf, Mitarbeiter in der DDR-Botschaft in Moskau und spätere langjährige Chef des Dienstes, berufen. Es folgten weitere verdienstvolle antifaschistische Widerstandskämpfer wie Robert Korb, Gustav Scinda, Herbert Hentschke, Heinrich Weiberg, Robert Großkopf und Gerhard Heidenreich. Der erste Dienstsitz war nach kurzem Provisorium in Pankow Berlin-Mitte, Rolandufer.
Ende 1951, Anfang 1952 wurden weitere erste Mitarbeiter für den Dienst gewonnen. So z. B. Horst Jänicke und Kurt Gailat, die beide in sowjetischer Kriegsgefangenschaft waren und dort Antifa-Schulen besucht hatten. Horst Jänicke arbeitete als Lehrer an einer Parteischule, Kurt Gailat war FDJ-Funktionär. Auch Werner Prosetzky, der für den Dienst gewonnen wurde, war FDJ-Funktionär gewesen. Alle drei waren langjährig im Dienst in leitender Funktion tätig. Horst Jänicke ging 1987 als Generalleutnant in Rente, Werner Prosetzky als Generalmajor 1989 wie auch Kurt Gailat als Oberst.
Im April 1952 begann der erste Lehrgang einer neueingerichteten APN-Schule mit Sitz in Berlin-Pankow, Tschaikowskistraße. Ich gehörte zu den ersten Kursanten, von denen die meisten dann 1953 in den aktiven Dienst eintraten und ebenfalls teils langjährig leitende Funktionen ausübten und in und mit ihren Kollektiven für die DDR und den Warschauer Pakt bedeutende Arbeitsergebnisse erzielten. Beispielhaft seien genannt die Oberste Klaus Rößler, Wolfgang Lange, Günter Herrschel, Gerhard Peyerl.
Als das Ministerium für Staatssicherheit nach den Ereignissen um den 17. Juni 1953 aufgelöst und als Staatssekretariat in das Innenministerium der DDR eingegliedert wurde, wurde auch der APN als Hauptabteilung XV Teil des Staatssekretariats für Staatssicherheit. Markus Wolf wurde stellvertretender Staatssekretär und Leiter der Hauptabteilung XV. Das entsprach auch wieder den Veränderungen in Moskau. Auch dort war die Auslandsaufklärung wiederum ins Komitee für Staatssicherheit eingegliedert worden. Damit war für uns als Mitarbeiter des APN auch die Übernahme in den militärischen Dienst verbunden. Ich wurde z. B. zum Oberleutnant ernannt. 1954 wurde die Aufgabenstellung der HA XV auf die Bearbeitung des Amts Blank, Vorläufer des Bundesverteidigungsministeriums, erweitert. Als 1955 die Staatssicherheit wieder ein eigenes Ministerium unter Minister Wollweber wurde, blieben wir die Hauptabteilung XV unter Leitung von Markus Wolf, der in dieser Eigenschaft auch zum stellvertretenden Minister ernannt wurde. 1956 erfolgten Umstrukturierungen im MfS. Die Hauptabteilung XV wurde zur Hauptverwaltung A (HVA). Dies blieb sie dann bis zum Ende des MfS 1989.
Als letzter Leiter der HVA nehme ich die hiermit gegebene Möglichkeit wahr, allen noch heute lebenden ehemaligen Mitarbeitern der HVA in Berlin, denen in den Abteilungen XV der Bezirksverwaltungen des MfS, den vielen Tausenden DDR-Bürgern, die uns oft über viele Jahre als inoffizielle Mitarbeiter gedient haben, und vor allem den vielen ebensooft über viele Jahre oder gar Jahrzehnte überaus erfolgreich tätigen Kundschaftern herzlich zu danken. Allen bereits Verstorbenen gebührt ein ewiges ehrendes Gedenken.
Nachricht 491 von 2043