Ware und Geld

3.4
Die Geldform

Verwächst die gesellschaftliche Funktion des allgemeinen Äquivalents dauerhaft mit einer bestimmten Ware, so wird sie zur Geldware. „Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.“73 Edelmetalle erwiesen sich bald als besonders geeignet, diese gesellschaftliche Funktion zu übernehmen. Die Geldform unterscheidet sich dem Wesen nach nicht von der allgemeinen Wertform. Der qualitative Sprung in der Entwicklung der Wertform lag bereits bei der Herausbildung der allgemeinen Wertform. Es tritt lediglich an die Stelle der Äquivalentwaren das Edelmetall:

x Ware A =
y Ware B =
z Ware C =
usw. =
} w Gramm Gold

Friedrich Engels bezeichnet den allgemeinen Übergang zum Metallgeld als allgemeine Äquivalentform (an Stelle der in den einzelnen Ländern unter-

schiedlichen allgemeinen Äquivalentenwaren) als den wichtigsten und einschneidensten Fortschritt in der Entwicklung der Warenproduktion hinsichtlich der Entfaltung ihrer Existenzbedingungen und ihres Grundwiderspruchs.74

Der Wert aller Waren erhält jetzt eine gemeinsame, selbständige Gestalt. „Der von den Waren selbst losgelöste und selbst als eine Ware neben ihnen existierende Tauschwert ist – Geld“, schreibt Marx.75 Die Ware existiert doppelt: als Ware und als Geld. Die Arbeit, die Gold produziert, ist unmittelbar gesellschaftliche Arbeit. Geld ist mit allen anderen Waren unmittelbar austauschbar.

Das Geld ist das historische Ergebnis der Entwicklung der Warenproduktion und -zirkulation. Es ist das logische Resultat der Entfaltung der Wertformen oder des Tauschwerts, die aus den widersprüchlichen Wechselbeziehungen zwischen den Produktionsverhältnissen und den Produktivkräften resultiert. Die lange historische Entwicklung von der einfachen Wertform zur Geldform spiegelt die Entstehung und Entwicklung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, des entscheidenden ökonomischen Verhältnisses der privaten Warenproduktion, in Wechselwirkung mit der Entwicklung der Produktivkräfte, der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und der Arbeitsproduktivität wider.

Marx legt großen Wert auf das Erkennen des sozialökonomischen Inhalts der Wertformen oder des Tauschwerts. Er betont, die Verselbständigung des Wertes der Waren in Geld „ist selbst das Produkt des Austauschprozesses, der Entwicklung der in der Ware enthaltnen Widersprüche von Gebrauchswert und Tauschwert und des nicht minder in ihr enthaltnen Widerspruchs, daß die bestimmte, besondre Arbeit des Privatindividuums sich als ihr Gegenteil, gleiche, notwendige, allgemeine und in dieser Form gesellschaftliche Arbeit darstellen muß.“76 Der Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert erscheint jetzt als äußerer Widerspruch zwischen Ware und Geld. Dabei verschärft die Geldform, die Existenz des Geldes neben den Waren, die Widersprüche, die mit dem Geldverhältnis selbst gegeben sind. In diesen Widersprüchen beruht auch die Möglichkeit von Wirtschaftskrisen.77