Ware und Geld

3.
Die Wertformen oder der Tauschwert

„Jedermann weiß“, schreibt Karl Marx, „wenn er auch sonst nichts weiß, daß die Waren eine mit den bunten Naturalformen ihrer Gebrauchswerte höchst frappant kontrastierende, gemeinsame Wertform besitzen – die Geldform.“58 Weniger bekannt jedoch sind die geschichtliche Entstehung, also der Ursprung dieser Geldform und damit das Wesen des Geldes selbst. Marx erfüllte die Aufgabe, historisch und logisch nachzuweisen, wie das Geld entstand. In seiner Untersuchung der Wertform oder des Tauschwerts zeigt er „die Entwicklung des im Wertverhältnis der Waren enthaltenen Wertausdrucks von seiner einfachsten unscheinbarsten Gestalt bis zur blendenden Geldform“.59 Er löste damit auch das Rätsel des Geldes.

Der erste Schritt der Entstehung des Geldes ist die Verwandlung des Wertes in den Tauschwert. Das geschieht dadurch, daß die Ware, entsprechend ihrem Doppelcharakter als Gebrauchswert und Wert, als Naturalform und als Wertform in Erscheinung tritt. Als Wert ist die Ware aber die Verkörperung eines gesellschaftlichen Verhältnisses, des Verhältnisses der Warenproduzenten. Daher kann der Wert nur im Verhältnis zu einer anderen Ware erscheinen. Aus diesem Verhältnis ergibt sich die Wertform oder der Tauschwert.

Die Herausbildung der Wertform oder des Tauschwerts der Waren vollzog sich in einem historischen Prozeß, indem der Wert verschiedene Formen annahm, sich verschiedene Wertformen entwickelten, die sich aus den verschiedenen Stufen der Entwicklung der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse der einfachen Warenproduktion ergaben. Insofern drücken die einzelnen Wertformen den Entwicklungsgrad der gesellschaftlichen Produktivkräfte und ihre Wechselwirkung mit den Produktionsverhältnissen aus.

Die Entfaltung der Wertformen gipfelte in der Geldform. Die einzelnen Wertformen sind daher Entwicklungsstufen bei der Herausbildung des Geldes. Dabei sind bereits in der geschichtlich ältesten, der einfachen, einzelnen oder zufälligen Wertform, alle wesentlichen Merkmale des Geldes im Keim enthalten. Mit der Erkenntnis des Ursprungs und des Wesens des Geldes werden notwendige Voraussetzungen für das Verständnis der kapitalistischen Produktionsweise geschaffen, in der alle gesellschaftlichen Beziehungen als reine Geldverhältnisse auftreten, in der auch der Ausbeutungsprozeß in der Form von Geldbeziehungen, von Kauf und Verkauf, vermittelt wird.

Der Wert tritt im Wert- oder Austauschverhältnis der Waren als Tauschwert zutage. Die Entstehung und Entwicklung der verschiedenen Wertformen ist daher mit der Entwicklung der Wert- und Austauschverhältnisse verbunden, in denen der Wert erscheint. Die konkret-historische Realisierung der gesellschaftlichen Beziehungen der Warenproduzenten im Austauschprozeß drückt sich in der Entfaltung der Wertformen aus.

Der Wert muß sichtbar in Erscheinung treten, bevor die Ware realisiert werden kann. Während aber der Gebrauchswert einer Ware in ihrer Naturalform erscheint, tritt der Wert einer Ware nicht in ihrem Körper selbst zutage. Der Wert der Ware muß eine von ihrer Naturalform qualitativ unterscheidbare Form besitzen. Die natürliche Verschiedenheit der Waren als Gebrauchswerte und die ökonomische Gleichheit der Waren als Gebrauchswerte und die ökonomische Gleichheit der Waren als Werte widersprechen einander, so daß beide nur miteinander existieren können, indem die Ware eine doppelte Existenz gewinnt, neben ihrer natürlichen (Naturalform) eine rein ökonomische (Wertform oder Tauschwert) Existenz.60

Die Wertform drückt aus, daß jede Ware neben ihrem Dasein als Gebrauchswert auch als eine bestimmte soziale Existenzform des Arbeitsprodukts anzusehen ist. „Als Werte“, schreibt Marx, „sind die Waren gesellschaftliche Größen … Sie stellen … nur Verhältnisse der Menschen in ihrer productive activity (produktiven Tätigkeit) dar.“61

Die Wertform drückt des weiteren aus, daß im Wert nicht etwas Absolutes zu sehen ist, sondern „nur etwas Relatives, die Relation der Dinge“ zu „der auf Privataustausch beruhenden gesellschaftlichen Arbeit“.62