RotFuchs 215 – Dezember 2015

Als Frankreichs KP noch zur Vorhut
der internationalen Bewegung gehörte

Erinnern an Jacques Duclos

RotFuchs-Redaktion

Angehörige nachfolgender Generationen können sich heute kaum noch vorstellen, daß die alte, vom Marxismus-Leninismus und vom proletarischen Internationalismus inspirierte Französische Kommunistische Partei (PCF) einmal die Stimme jedes fünften Wählers der Grande Nation zu erringen vermochte. In der proletarischen Banlieu – dem traditionsreichen Roten Gürtel um Paris – bekam man damals, wenn man Arbeiter nach ihrer Wahlentscheidung fragte, ganz überwiegend zur Antwort: „Le Parti Communiste!“

In jener Zeit prägte ein Dreigestirn strategisch und taktisch hochbefähigter und massenverbundener Führer den Kurs der PCF: Maurice Thorez, Marcel Cachin und Jacques Duclos. Von dem Letztgenannten soll im Folgenden die Rede sein.

Duclos gab am 14. Juli 1935 – dem Jahrestag der Erstürmung der Bastille, mit der die Französische Revolution von 1789 begann – den Auftakt zur legendären Volksfront. Er ließ die Marseillaise und die Internationale nacheinander erklingen, wobei er an das Proletariat seines Landes appellierte, die Trikolore der Jakobiner und die rote Fahne des russischen Oktobersieges fortan miteinander zu verbinden. Unter diesen kombinier­ten Symbolen gelte es, „Frankreichs 200 reichste kapitalistische Familien von der Macht zu vertreiben“.

In der Zeit der hitlerfaschistischen Okkupation seines Landes gehörte Jacques Duclos zu den wichtigsten Organisatoren des bewaffneten Widerstandes der FTPF und der FTP-MOI gegen die fremden Unterdrücker. Die erwähnten Verbände bildeten dann auch das Fundament des Nationalrats der Résistance. Zwischen 1945 und 1947, als die kommunistischen Minister Thorez, Croizat, Marcel Paul, Billoux, Walion, Tillon und Joliot-Curie zur Regierungsmannschaft General de Gaulles gehörten, konnten wichtige soziale Maßnahmen und Demokratisierungsschritte eingeleitet werden.

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gaben Thorez und Duclos die damals international beachtete Erklärung ab, „daß das französische Volk niemals die Waffen gegen die Sowjetunion ergreifen“ werde. Beide Führer der PCF, die gemeinsam mit zahlreichen Gaullisten gegen die deutschen Okkupanten gekämpft hatten, berei­teten damals in Übereinstimmung mit dem General an der Staatsspitze der von Washington und Bonn angestrebten NATO- und EU-Vorgängerin EVG (Europäische Verteidigungsgemeinschaft) eine Niederlage. Zwei Kräfte, die sich auf innen- und sozialpolitischem Gebiet angesichts konträrer Klasseninteressen erbittert bekämpf­ten, zogen in dieser strategischen Frage an einem Strang.

Das historische Trio an der Spitze der PCF:
Jacques Duclos, Maurice Thorez und Marcel Cachin

Eine besondere Rolle spielte der proletarische Internationalist Duclos bei der Organi­sierung der Solidarität mit den vom französischen Kolonialismus unterdrückten und angegriffenen Völkern Indochinas und Nordafrikas. In Fragen der Ideologie – so in der Bejahung der Diktatur des Proletariats – blieb die PCF jener Zeit unbeirrbar bei Marx und Engels. Damals galt sie unbestritten als erste Arbeiterpartei Frankreichs und eine der renommiertesten marxistisch-leninistischen Parteien der Welt. In den 50er Jahren forderte sie – übrigens nicht ohne Einfluß auf den in dieser Frage schwankenden de Gaulle – den Austritt Frankreichs aus der NATO, die Anerkennung der Volksrepublik China und eine Änderung des Verhältnisses zur UdSSR, was dazu beitrug, daß der General an der Pariser Staatsspitze Moskau einen Besuch abstattete.

Das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen des Jahres 1969

In den 70er Jahren begann sich die PCF, die unter der Führung des „Eurokommu­nisten“ Georges Marchais bereits Schritte in diese Richtung unternahm, von Grund­positionen der kommunistischen Weltbewegung zu lösen. Sie folgte immer öfter den Sirenenklängen des Antisowjetismus und nahm mehr und mehr sozialdemokratische Positionen ein. 1976 erfolgte dann die offizielle Abkehr der PCF vom Marxschen Begriff der Diktatur des Proletariats. 1979 trennte sie sich auch vom Marxismus-Leninismus und vom Proletarischen Internationalismus. 1991 sagte die Parteispitze überdies dem demokratischen Zentralismus ade.

1994 sorgten die „Neugründer“ der Partei um Robert Hue und dessen Nachfolgerin Marie-George Buffet für den Übergang zur selbstmörderischen Politik der „Mutation“. Diese führte 1981 bis 1984 und 1997 bis 2002 zur Zusammenarbeit der PCF mit den rechtssozialistischen Verwaltern des französischen Kapitalismus auf Regierungs­ebene. All das geschah parallel zu dem sich abzeichnenden oder bereits erfolgten Triumph der Konterrevolutionen in der UdSSR und Osteuropa. Natürlich hinterließen diese Prozesse auch ihre Spuren in der Gewerkschaftsbewegung, wo die einst der PCF eng verbundene CGT ihre Linie den neuen Bedingungen anpaßte. All das waren nicht zuletzt Folgen der Preisgabe des einst von Thorez, Cachin und Duclos skiz­zierten und vorgelebten klassenkämpferischen Kurses.

Heute bemühen sich in der zusammengeschrumpften PCF verbliebene aufrechte Kommunisten wie auch der marxistisch-leninistische Positionen vertretende Pol der kommunistischen Wiedergeburt in Frankreich (PRCF) um die Wahrung des Vermächt­nisses von Jacques Duclos.

RF, gestützt auf „Etincelles“, Paris