RotFuchs 209 – Juni 2015

Washington wendet „bewährte Methoden“ der Einmischung
gegen Venezuela an

Obama pfeift aufs Völkerrecht

RotFuchs-Redaktion

Die von Barack Obama am 9. März verkündeten Sanktionen gegen Venezuela sind bald darauf durch beide Häuser des Kongresses der Vereinigten Staaten – den Senat und das Repräsentantenhaus – bestätigt und anschließend durch den Präsidenten unterzeichnet worden. Im Zusammenhang damit verhängten die USA Strafmaßnahmen gegen sieben hohe Beamte Venezuelas, darunter die bereits aus dem Katalog diskriminierender Schritte gegen Rußland bekannten Kontensperrungen und Einreiseverbote. Die Betroffenen sind ausschließlich Personen, welche eine maßgebliche Rolle bei der Verfolgung von Rädelsführern eines für Anfang Februar geplanten Putsches gegen Präsident Nicolas Maduro gespielt hatten. Washington stellte die absurde Behauptung auf, die derzeitige Führung der Bolivarischen Republik Venezuela müsse als eine „ungewöhnliche und außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten“ betrachtet werden.

Offenbar fühlen sich bestimmte Stellen in den USA durch die Verhaftung und Aburteilung des Ex-Bürgermeisters der Hauptstadt Caracas, Antonio Ledezma, besonders getroffen. Aber auch das Einschreiten der venezolanischen Justiz gegen den millionenschweren Geschäftsmann und konterrevolutionären Rädelsführer Leopoldo Lopez und die rechtsgerichtete Kongreßabgeordnete Marina Corina Machado traf den Nerv ihrer Auftraggeber im Norden des Doppelkontinents. Unter jenen Personen, gegen die Venezuelas Strafverfolgungsorgane unnachsichtig vorgehen, befindet sich nicht zuletzt auch der von Kolumbien ausgelieferte Terroristenführer Lorent Saleh, dessen paramilitärische Killerkommandos den jungen Abgeordneten der linken Regierungspartei PSUV Roberto Serra im vergangenen Jahr auf bestialische Weise ermordeten.

Präsident Maduro, der den revolutionären Kurs seines Amtsvorgängers Hugo Chávez (1999–2013) entschlossen fortzusetzen bestrebt ist, beantwortete die Drohgebärden aus den USA mit nicht weniger harten Bandagen. Er bezeichnete Obamas „Sanktionen“ als „ersten Schritt einer verschärften Kampagne zur Destabilisierung und zum Regimewechsel“ in seinem Land. Ohne mit der Wimper zu zucken, schickte er 83 der 100 US- „Diplomaten“, mit denen keineswegs nur das State Department Washingtons Botschaft in Caracas bestückt hatte, nach Hause. Überdies führte Maduro die Visapflicht für US-Bürger ein und ernannte seinen von Obamas Repressalien betroffenen Sicherheitschef demonstrativ zum Innenminister. Er verkündete, welche USA-Bürger wegen Verletzung der Menschenrechte fortan nicht mehr nach Venezuela einreisen dürften. Unter den zu „unerwünschten Personen“ Erklärten befinden sich US-Expräsident George W. Bush, dessen seinerzeitiger Vize Dick Cheney und Senator Robert Menendez – einer der übelsten Hetzer gegen Kuba und Venezuela im US-„Oberhaus“.

Übrigens war der gescheiterte Coup gegen Präsident Maduro keineswegs der erste und einzige konterrevolutionäre Anschlag dieser Art, der gegen Venezuelas revolutionäre Führung unternommen wurde. Schon 2002 versuchten von den USA instrumentalisierte Bosse des Unternehmerverbandes Hugo Chávez aus seinem Amt zu vertreiben. Von militärischen und zivilen Putschisten – unter ihnen die jetzt vor Gericht stehenden Rädelsführer Lopez und Ledezma – verschleppt, wurde der einstige Fallschirmjägeroffizier Chávez jedoch nur Tage später durch einen Massenaufstand befreit und auf triumphale Weise in den Präsidentenpalast zurückgebracht.

Der profilierte Journalist Emil Scheppers erinnerte auf den Internet-Seiten des Organs der KP der USA „People’s World“ an ganze Serien durch die CIA inszenierter Staatsstreiche in Lateinamerika. Er erwähnte u. a. den Sturz des linksgerichteten gualtemaltekischen Präsidenten Jacobo Arbenz 1954, die von US-Präsident Lyndon B. Johnson angeordnete Landung von US-Ledernacken in der Dominikanischen Republik, die einer faschistoiden Diktatur den Weg bahnte (1965), den Sturz Salvador Allendes und die Errichtung der Pinochet-Diktatur in Chile (1973), die blutigen Interventionen während der 80er und 90er Jahre in mehreren Staaten Mittelamerikas, darunter den Putsch in Honduras (2009). Venezuelas linksorientierte Regierungen Chávez und Maduro, die jetzt bereits im 16. Jahr das ölreiche lateinamerikanische Land führen, haben es ermöglicht, die Lebensbedingungen breitester Schichten der Bevölkerung in wichtigen Bereichen – vor allem auf dem Gebiet der Volksbildung, aber auch im Gesundheitswesen – mit kubanischer Hilfe entscheidend zu verbessern. Das materielle Elend der armen Venezolaner wurde deutlich zurückgedrängt.

Vor allem aber trugen die PSUV-Regierungen dazu bei, die Vorherrschaft der USA auf dem Subkontinent zu brechen. An die Stelle der früher durch die imperialistische Hauptmacht angestrebten „Freihandelszone der Amerikas“ traten auf Initiative von Caracas neue Allianzen regionaler Befreiung wie UNASUR, MERCOSUR, ALBA und CELAC, bei denen es um Kooperation und Integration gegen imperialistische Vorherrschaft geht. Es ist verständlich, daß diese Zusammenschlüsse Obamas jüngste Drohgebärden ebenso verurteilten wie die Regierungen Kubas, Ekuadors, Boliviens und Argentiniens, denen sich auch Rußland und China anschlossen.

Die Regierung in Caracas ringt indes mit ernsten Problemen, vor allem empfindlichen Versorgungslücken, aber auch anderen Defiziten, die überwiegend durch ausländische Drahtzieher und die einheimischen Ausbeuterklassen künstlich verschärft worden sind. Deren Ziel besteht darin, die Unzufriedenheit der Massen zu schüren, um das linksgerichtete Kabinett Maduro zu isolieren und zu stürzen. Dabei hat der vor allem auf Staaten wie Rußland und Venezuela zielende Verfall des Ölpreises in erheblichem Maße zum Schrumpfen der Valuta-Einnahmen beider Länder beigetragen.

Der venezolanische Präsident empfahl seinem Kollegen in den USA, der andere in puncto Bürgerrechte unablässig belehren möchte, sich auf dieser Strecke zunächst einmal im eigenen Land zu versuchen. In dessen Städten würden „schwarze Menschen jeden Tag ihrer Hautfarbe wegen ermordet, während Tausende keinen Platz zum Schlafen besitzen, so daß sie im Winter auf den Straßen New Yorks, Bostons oder Chicagos der Kälte zum Opfer fallen“. Obama solle endlich auch die Folterhölle von Guantánamo schließen.

RF, gestützt auf „People’s World“, New York, und „Solidaire“, Brüssel